Diskussionsbeitrag aus Mittweida
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Judith Hermann, Sommerhaus, später
Rote Korallen
In der Erzählung lässt die Autorin sechs Personen miteinander in Beziehung
treten, ohne das wirklich ein gemeinsamer Nenner zu erkennen ist. Im Fall der
Urgroßeltern, ist es nicht einmal die Ehe, sie sprachlich miteinander in
Beziehung treten zu lassen oder gar ein gemeinsames Leben zu führen. Mag man
sich da wundern, dass die Urenkel ebenfalls dazu nicht in der Lage sind? Das
vielleicht vermutete "Bindeglied" Therapeut, eröffnet zwar ein Gespräch zwischen
den Geliebten(?), aber danach ist die Liebe verloren. Es bleibt die
Korallenkette als Bezugspunkt?
Ein erster Schritt hinter diese merkwürdigen Beziehungen zu schauen, könnte die
Konstruktion eines "Beziehungsgerüsts" sein. Also, wer tritt mit wem wie in
Beziehung. Ein Beispiel: die Urgroßeltern haben eine Wohnung, die nicht als eine
gemeinsame erscheint, einen unpersönlichen Briefwechsel, eine gänzlich
unterschiedliche Lebenserwartung. Aber was ist daran auffällig? Es ist ein
lohnender Versuch, das Korallenarmband einzufügen und daran dann die Beziehung
erneut zu entziffern. Grundsätzlich erhellend beim Textverständnis scheint hier
- mal wieder - die Sprache zu sein. Denn neben der inhaltlichen
Auseinandersetzung kann hier z.B. deutlich die unterschiedliche Sprachverwendung
der weiblichen und der männlichen Personen erkannt werden, sowie deren Funktion.
Letztlich könnte man dann fragen, wer sich eigentlich für wen interessiert. Und
was hat Beziehung mit Sprache zu tun.
Beziehungen
- Geliebter und Erzählende
- Urgroßmutter und Isaak Baruw
- Geliebte und Therapeut
- Urgroßmutter und Erzählende
- Geliebter und Urgroßmutter
Vielleicht ein Versuch sich so dem Text zu nähern? Wir können im Forum dann
gerne darüber diskutieren.
Eine weitere Möglichkeit sich dem Text zu nähern wäre, sich einige Textstellen
genauer anzusehen, z. B. die Beschreibungen : Wortwahl - was stellt sich der
Leser vor, was kann er sich vorstellen? Emotionen, Stimmungen - wie werden diese
ausgedrückt, mit welchen Worten? Und wie ist die sprachliche Ausdrucksweise
insgesamt - üppig, karg? Wann wird wo was damit ausgedrückt? Was ist präzise,
was ist vage ausgedrückt? Eine Verständnishilfe: Emotionslos könnte man solche
reduzierten Sprachformeln wie "Er sagte" oder "Sie antwortete" nennen Es kann
auch ein Vergleich mit Texten anderer Autoren versucht werden, um den
Unterschied herauszustellen.
Beschreibungen
- der Polster in St. Petersburg
- des Teppichs beim Therapeuten
- der Staubflocken
- des Korallenarmbandes
- der Urgroßmutter im Beisein der Künstler
- der russischen Seele
- der zerrissenen Kette
Es müsste dann natürlich noch eine Gegenüberstellung mit anderen Textpassagen
vorgenommen werden. Etwa die der Person des Geliebten - als Fisch?!
Meine Frage zum Text: Worum geht es der Autorin eigentlich in dieser Erzählung?
Es wäre der Anfang, die jungen AutorInnen zu erkunden, ihre Absichten, ihr
anderes Herangehen an das Leben, wenn es denn anders ist.
Beispiele, die zu hinterfragen sein könnten
- Ichsuche
- Sinn und Sinnlosigkeit
- Sein und Tod
- Perspektive der Erzählenden/Erlebenden
Viel Spaß beim nochmaligen Lesen und antworten!
Ellen Salverius-Krökel
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