Stellungnahme der Koordination der wissenschaftlichen Begleitung des Modellversuchsprogramms "Lebenslanges Lernen" zum Projekt des ZAWiW:
Prof. R.S. Jäger. zepf. Bürgerstr. 23. 76829 Landau
Hier: Modellprojekt räumlich und zeitlich entkoppeltes "Forschendes Lernen" als Motor einer neuen Lernkultur"
Allgemeines
Wir beginnen diese Stellungnahme zu dem oben genannten Projekt bewusst mit Auszügen aus den Webseiten des ZAWiW, weil uns dies der am besten geeignete Weg erscheint, die Historie und das Anliegen des ZAWiW im Allgemeinen und des dort eingegliederten LLL-Projektes "Räumlich und zeitlich entkoppeltes 'Forschendes Lernen' als Motor einer neuen Lernkultur" aufzuzeigen.
"Das "Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung" (ZAWiW) ist eine wissenschaftliche Einrichtung der Universität Ulm. Es wurde im März 1994 gegründet. Damit reagierte die Universität Ulm auf den wachsenden Bedarf an einer allgemeinen, disziplinübergreifenden Weiterbildung für Erwachsene jeden Alters, insbesondere jedoch für Menschen im dritten Lebensalter. Dieser Bedarf wurde durch die Ergebnisse verschiedener Forschungsprojekte ("Wissenschaftsorientierte Weiterbildung für Frauen /Weiterbildungsstudiengang Frauenakademie" und "Weiterbildung für Menschen im dritten Lebensabschnitt") nachgewiesen, die am Seminar für Pädagogik der Universität Ulm unter der Leitung von AOR Carmen Stadelhofer durchgeführt wurden, und durch den wachsenden Erfolg der "Frühjahrs-" und "Herbstakademien" bestätigt."
"Die Angebote des ZAWiW richten sich insbesondere an Menschen im dritten Lebensalter, stehen aber für alle Personen offen, die sich für zentrale gesellschaftliche Themen interessieren und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Sicht verschiedener Forschungsperspektiven kennen lernen wollen. Es bestehen keine formalen Zulassungsbedingungen für die Teilnahme.
Vor diesem Hintergrund verfolgt das ZAWiW folgende Zielsetzungen: Vermittlung von Erkenntnissen verschiedener Wissenschaftsdisziplinen und von Strukturzusammenhängen, Befähigung zur kritischen Auseinandersetzung mit Forschungsmethoden und -erkenntnissen, Verbindung zwischentheoretischen Erkenntnissen und Erfahrungen aus der individuellen Lebenswelt sowie Vermittlung von lnhalten und Methoden zur Förderung der Selbsttätigkeit im Sinne des "Forschenden Lernens".
Diese Aufgabenstellung wird nicht als Bildungsluxus, sondern als eine bildungspolitische Notwendigkeit betrachtet für eine Gesellschaft, die dazu beitragen soll, daß Ältere sowohl ihre Erkenntnisse erweitern und vertiefen als auch an aktuellen Entwicklungen verantwortlich teilhaben können."
"Die Hauptaufgaben des Zentrums liegen in der Entwicklung, Erprobung und Evaluation neuer curricularer und methodischer Konzepte im Sinne der "praxisbegleitenden" Forschung. Die Eigenart dieses Ansatzes liegt in der engen Verbindung von wissenschaftlicher Reflexion und bildungspraktischem Handeln."1
Das in der Überschrift genannte Projekt wird durch "gemeinsamlernen.de" verkörpert, und dieses Projekt bildet den Hintergrund dieser spezifischen Stellungnahme und Beurteilung der Arbeiten des ZAWiW im Bereich innovativer Umsetzungen gesellschaftsrelevanter Bildungsansätze.
Bewertung
Das "Modellprojekt räumlich und zeitlich entkoppeltes "Forschendes Lernen" als
Motor einer neuen Lernkultur" gehört zu den von uns wissenschaftlich intensiver
betreuten Projekten des BLK-Modellversuchsprogramms LLL. Daher ist uns eine
Stellungnahme zu den Forschungsaktivitäten innerhalb dieses Ansatzes, zu den
Ergebnissen und den Erfolgen unmittelbar möglich.
Als wissenschaftliche Begleitung betrachten wir das Projekt insbesondere unter dem Schwerpunkt der "Vernetzung und Kooperation". Gerade unter dieser Perspektive kann das Projekt des ZAWIW als vorbildlich gelten in dem Sinne, dass wir hier diejenigen Anliegen verwirklicht sehen, die zur Etablierung einer neuen, selbstgesteuerten Lernkultur notwendig sind2.
Die Expertise des ZAWIW wird in der Umsetzung des oben genannten Projektes spürbar und erfahrbar. Neben der Erfahrung des ZAWiW durch vielfältige und langjährige Aktivitäten für Menschen im "dritten Lebensalter" trägt vor allem eine gelungene Koppelung von virtuellen mit realen Lern- und sozialen Austauschprozesse zur Profilbildung dieses Projekts bei. Dabei leisten alle in das Projekt einbezogenen Mitarbeiter/innen des ZAWIW ein hohes persönliches Engagement, das über die durch Projektmittel abgedeckten Kosten weit hinaus geht.
Es ist diesem Projekt innerhalb der geplanten Laufzeit gelungen, Strukturen für sowohl die Nachhaltigkeit der erreichten Veränderungen als auch die Dynamik vorzubereiten. Diese Strukturen können jedoch nur dann auch genutzt werden, wenn weiterhin entsprechende personale und finanzielle Ressourcen bereit stehen.
Förderungswürdig sind die Arbeits- und Forschungsansätze des ZAWiW unter anderem auch wegen der hohen gesellschaftlichen Brisanz der demografisch/gesellschaftlicher Weiterentwicklungen. Die Klientel der "Seniorinnen und Senioren" wird in Zukunft immer mehr zum politischen und auch zum
wirtschaftlichen Faktor werden. Aus diesem Blickwinkel tragen die Erkenntnisse und die Erfolge aus dem Projekt/ den Projekten des ZAWiW3 auch im engeren Sinne zur Prävention bei: "Die Geschwindigkeit, mit der gültiges und erlerntes Wissen veraltet, erfordert die Bereitschaft aller Bürgerinnen und Bürger zu lebenslangem Lernen. Hinzu kommt, daß in allen europäischen Ländern eine tiefgreifende Veränderung demographischer Strukturen zu verzeichnen ist, d.h., daß der Anteil der Älteren an der Gesamtbevölkerung ständig wächst. Das macht es notwendig, daß auch ältere Menschen neues Wissen erwerben, wenn sie aktiv an gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen beteiligt sein wollen."
Es ist nicht nur im in politischen Sinne opportun, die innerhalb des Modellversuchs erarbeiteten und angebahnten Veränderungen zu transferieren und ihnen durch eine verstärkte Aufmerksamkeit auch durch öffentlich wirksame Maßnahmen den Stellenwert zuzuordnen, der ihnen gebührt. Der Transfer ist auch aus praktischen Erwägungen heraus notwendig, wird doch durch die im Projekt eine einzigartige Expertise bereits gehalten, die es so an anderer Stelle in der Bundesrepublik Deutschland nicht gibt.
Vor dem Hintergrund aller 22 Projekte des BLK-Modellversuchs ist das in Ulm
angesiedelte Modellprojekt dasjenige, das hinsichtlich seiner Vorgehensweisen,
Ziele, Methodik und Qualität der Ergebnisse in besonderem Maße gut gelungen ist.
Dies ist zum einen Verdienst der Modellkonzeption selbst, des persönlichen
Engagements seiner Leiterin, aber auch der hohen Expertise der unterschiedlichen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
In den Zwischenberichten des Projekts4, die jährlich an Projektträger (DIE) und an die lnitiatoren des Modellversuchsprogramms LLL weitergegeben werden, sind die Arbeiten und die Erfolge des ZAWIW innerhalb dieses Projektes ebenfalls dokumentiert.
Ich kann aus der Sicht der wissenschaftlichen Koordination des BLK-Modellprojekts nur wünschen, dass viele andere Projekte von diesem Ulmer Projekt lernen. Dies hätte an verschiedenen Stellen bereits zu einer erheblichen Verkürzung anderer Teilprojekte geführt - wenn dies machbar wäre - und wird in allernächster Zukunft zu einem Modellprojekt für andere weitergehende Projekte auch in Ulm selbst führen.
(Prof. Dr. Reinhold S. Jäger)
1 https://www.uni-ulm.de/uni/fak/zawiw/index.html (Zugriff am 25.11. 2003)
2 vgl. auch Aisenbrey, P., Dürr, W., Heinz, W., Jäger, R.S., Jäger-Flor, D., Knoll, J. und Nicklas, F. (2003). Zweiter Zwischenbericht der wissenschaftlichen Begleitung des BLK-Modellversuchsprogramms "Lebenslanges Lernen" (S. 39). Bonn: DIE.
3
4 einsehbar beim Deutschen lnstitut für Erwachsenenbildung (DIE) in Bonn (http:llwww.die-bonn.del).
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