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Townstories

Stand:


 

Agnes Lisek

Tel. ++49(0)30 67893739

agneslisek@gmx.de

Autorin, Verlegerin,

Liedermacherin

 Begegnungen

 „Die persönliche Stadt“     Europaprojekt             Rom 20.-24.11.2002

Seite
1. Stadtrundgang
1.1. Nicht nur arbeiten 2
1.2. Mauritio zeigt uns die Schokoladenseiten  2
1.3. Die sprechende Statue 3
1.4. Die Wolfsmutter und ihre Nachkommen 3
1.5. Mit 53 Jahren, da fängt das Leben an 4
2. Ein Tag und so viele Pläne - wir „erobern“ Rom im Alleingang 
2.1. Skt. Clemens und die Zeit des Stierkultes 5
2.2. Domus Aurea – Nero`s künstliche Oase 5
2.3. Skt. Peter – Nabel der katholischen Welt 5
3. Rückflug
3.1. Mein linker Platz im Flieger oder der kleine Engel 6
3.2. Private Audienz beim heiligen Vater 6
3.3. Ausquetschen - wie eine Zitrone 7
3.4. Parkinson und die Aura des Papstes 8
3.5. Frauen im Vatikan 8
3.6. Mitglied der päpstlichen Familie 9

 

1. Stadtrundgang

1.1. Nicht nur arbeiten

 

Wir sollten nicht nur arbeiten in Rom und unser Europaprojekt der „persönlichen Stadt“ vorantreiben. Der Nachmittag des 23.11. und der gesamte Sonntag standen uns zur Erkundung Roms zur Verfügung.

Das alles bei sowohl milden als auch unfassbaren 20 Grad Außentemperatur und Sonnenschein.

Wir ließen also einmal mehr unsere dicken Wintermäntel, Schals und Regenschirme im Hotel und stürzten uns ins geschichtsträchtige Rom. Mauritio, unser sowohl freundlicher als auch kompetenter Führer und gebürtiger Römer lud uns zu einem Rundgang durch seine Stadt.

 

1.2. Die persönliche Stadt – Mauritio zeigt uns die Schokoladenseiten

 

Die Route begann dort, wo uns die UPTER entließ, in der Via de la Groce. Vis a vis das Mausoleum Augustus. Weiter führte uns die Route durch die Via del condotti, DIE konsumträchtigste Einkaufsmeile Roms.

Eine einfach gekleidete Amerikanerin bittet mich, ein Foto zu schießen. Sie vor Armani. Später posiert sie vor Gucci. Dabei sein ist eben alles. Für viele.

Die berühmte spanische Treppe liegt direkt vor uns und wirkt wie angekündigt mittelprächtig imposant. Den alten Filmklassiker „Ein Herz und eine Krone“, durch den sie so berühmt wurde und der sie so groß erscheinen ließ, kenne ich leider nicht.

Die Fontana di Trevi, ein gigantischer Neptunbrunnen direkt an die Front einer alten Villa gesetzt, ist ungewöhnlich und dicht umlagert. Bernini, Italiens Stararchitekt machte es möglich so zu bauen.

Wir machen eine kleine Rast und halten die Nase in die Sonne.

Das Pantheon ein Tempel, allen Göttern geweiht, ist gewaltig und nahezu unzerstört seit nunmehr zweitausend Jahren. Das riesige Kuppelloch lässt aufgrund feiner Luftverwirbelungen keinen Regen hinein.

Der Piazza Navona ist ein riesiger langgestreckter Platz und als Stadion mitten im Herzen Roms erbaut. Pferderennen konnten hier ebenso abgehalten werden, wie, nachdem der eigens so konzipierte Platz geflutet wurde, Seeschlachten und Piratenspiele. Die reichen Patrizier brauchten sich nur aus ihren Häusern zu lehnen. Wie praktisch und bequem.

 

 

 

 

1.3. Die sprechende Statue

 

Am Piazza Pasquino steht eine Figur aus hellenistischer Zeit, dem 3.Jh.v.Chr., die bei Bauarbeiten gefunden wurde. Sie steht seit ca. 15oo Jahren an dieser Stelle. Berühmt wurde sie, als ein spottlustiger und satirischer Schneider namens Pasquino sie zur „sprechenden Statue“ machte und es Mode wurde, seinen Unmut über Papst und Regierung in Spottversen an die Marmorstatuen zu heften. Die sprechenden Statuen haben seitdem eine lange Tradition in der ewigen Stadt und die oft treffenden Sprüche wurden gefürchtet und, bei Bekanntwerden des Urhebers, auch mit dem Tode geahndet.

Auf dem Weg zum Capitol zeigt uns Mauritio die ehemalige Residenz Sophia Lorenz. Ein eigenwilliges Schlösschen hoch über den Dächern Roms. Heute hat auch sie an Banken verkauft. Wie inzwischen so viele.

Museen, Kirchen und Banken – das ist das heutige Bild der Innenstadt. Banken, die Museen der Neuzeit?

Am Capitol, auf dem wichtigsten der sieben Hügel Rom`s  erbaut, angekommen, haben wir noch etwas Zeit, so dass wir das rückwärtig gelegene Forum Romanum, das Colloseum und den Triumphbogen sehen können.

Dann erwarten uns „unsere“ Römer und wir werden durch die weniger interessante Gemäldegalerie und Porzellanfigurenabteilung geführt. Bleierne Müdigkeit breitet sich aus, aus der uns auch das Original von Romulus und Remus nicht herausreißen können. Die meisten von uns sind einfach k.o. und ziehen es vor, zum Hotel zu fahren.

 

1.4. Die Wolfsmutter und ihre Nachkommen

 

Gemeinsam mit Mauritio sehe ich mir noch die etruskische Ausstellung an. Das ist das eigentlich Interessante in den capitolinischen Museen.

Wir sehen die Original Statur von Marc Aurel hoch zu Ross. Vor erst fünf Jahren wurde sie ins Haus gestellt, nachdem sie 1300 Jahre unter freiem Himmel stand. Sie wird nicht restauriert, denn es heißt in einer Prophezeiung, dann würde Rom untergehen.

Die Wolfsmutter „LUPA CAPITOLINA“ aus dem 5. Jahrhundert vor christl. Zeitrechnung ist heute noch Wahrzeichen der Stadt, obwohl die Etrusker von den Römern besiegt wurden. Was es mit den sieben Königen auf sich hat, ich denke dabei sofort an Alexander Wolkows sieben unterirdische Könige, blieb mir bisher verschlossen.

Wir sehen die bronzenen Gänse, die, einer Legende zufolge, als Rom überfallen werden sollte und die Armee schlief, diese mit lautem Schnattern und Flügelschlag weckte und so Rom vor dem Untergang retteten.

 

Der junge Spinario, der kleine Junge mit eingetretenem Nagel, ist ebenso wundervoll und stark emotional gearbeitet, wie die trauernde Frau und der sterbende Gallizier. Die Schöpfer dieser großen Werke, die Bildhauer sind meist unbekannt.

Überreste vom Koloss Nero, der auf dem heutigen Platz des Colosseums stand und auch diesem den Namen gab, finden sich hier auch. Eine wohl drei Meter hohe Hand, ein vier Meter großer Kopf. Die Römer waren auch größenwahnsinnig.

Ein alter Mönch aus Mamor lässt mich an einen ZEN Meister denken und ich bin erstaunt, dass Mauritio ZEN, Buddhismus und sogar Reiki kennt.

 

1.5. Mit 53 Jahren, da fängt das Leben an

 

Unterwegs zur Metro erzählt er mir von seinem vorzeitigen Ruhestand bei der Bank und wie er den genießt. Nach 30 Jahren Arbeit darf man in Italien in den vorzeitigen Ruhestand. Bei 80 % der Nettobezüge. Da gab es nicht viel zu überlegen. Mit seinen 53 Jahren ist Mauritio noch sehr rüstig, reist viel und gern, lernt tanzen, aktiviert sein Deutsch.

Unlängst absolvierte er einen Restaurationskurs für Möbel und will sich in seinem Landhaus an einem ersten kleinen Schrank versuchen.

Auch im Aquarellmalen versucht er sich wieder. Nach langer, fast 40 jähriger Ruhepause. Ein sehr angenehmer Mensch. Er beginnt nun, das Leben zu genießen. Leider kann er nicht mit zum abendlichen Treffen ins Hotel, da sein Bruder aus Amerika zu Besuch da ist und er bei den Eltern erwartet wird.

„Unsere“ anderen Italiener treffen wir dann in der Casa Valdese, unserem Hotel und Ruhepol im sonst hektischen und lauten Rom, zum gemeinsamen Musizieren und Dinieren.

 

2. Ein Tag und so viele Pläne - wir „erobern“ Rom im Alleingang

 

Der Sonntag empfing uns nicht weniger heiter. Letzte Chance, Rom mit allen fünf Sinnen zu inhalieren. Ungeduldig warteten wir beim Frühstück auf Carmen aus Ulm, um die Getränkeabrechnungen zu begleichen und letzte Verabredungen zu treffen. Wir saßen wie auf Kohlen, hatten wir doch nur bis 15 Uhr Zeit. Jede Minute zählte.

Der Anstand und Barbara, der personifizierte Anstand, geboten uns, nicht im Zimmer der Ulmerin anzurufen. Carmen jedoch meinte, nachdem sie gegen 9 Uhr endlich eintraf, das hätten wir ruhig tun können .... Cel a vis.

Nun konnten wir endlich los.

 

 

 

2.1. Skt. Clemens und die Zeit des Stierkultes

 

Punkt 1 – Sankt Clemens, die dreietagige Kirche in der Via Giovanni. Beinahe hätten wir sie verfehlt, so unscheinbar wirkt sie nach außen. Doch wie bei so manchem ruhigen Mitbürger unverhofft anzutreffen, fanden wir auch bei ihr einen ungeheuren Tiefgang.

Bis in die Mithrawzeit, ins 1.Jahrhundert und die damals blühende Zeit der Stierkultur, führten uns die endlosen Stufen hinab. Und - ihre Wurzeln reichen weit in die heutige Gesellschaft. Noch heute machen die Römer mit den Händen das Zeichen des Stiers, wenn sie eine unangenehme Begegnung haben. Um das Böse abzuwehren. Wie die Gläubigen sonst ein Kreuz schlagen.

Skt. Clemens - die Kirche unter der Kirche unter der Kirche – der ungeschliffene Rohdiamant unter Roms oft allzu pompösen Gotteshäusern. Ein Relief mit Maria in zentraler Position und den Padres ihr zu Füßen muss wohl der patriarchalischen Kontrolljustiz entgangen sein. Oder ist geduldet, weil sie angeblich den jungen Clemens in Händen trägt. Für mich eine versöhnliche Reliquie. Jedoch unter den 50 Postkarten an der Kasse sucht man (Frau) dieses Relief vergeblich.

 

2.2. Domus Aurea – Nero`s künstliche Oase

 

Weiter führt uns unser Weg zum Domus Aurea, dem wiederentdeckten und einst verschütteten, inzwischen unterirdischen Palast des Nero. Mutete der Blick aus dem großen Saal den Hügel hinunter bis zum damaligen See (auf dem heute das Colosseum steht) an wie eine künstliche Landschaft? In mir steigen Bilder an die in Deutschland so beliebten Thermal- und Kristallthermen hoch. Auch sie künstliche grüne Oasen mit Bade-, Sauna-, Massage- und kulinarischen Verwöhntrakten. Jederzeit abruf- und nutzbar, weil unabhängig von der Witterung gebaut. Nero entsprach wohl mit seinen Vorstellungen origineller Belustigung und Freizeitvergnügung schon damals ganz dem heutigen Trend. Oder wir seinem. Neoklassizismus genannt, im Gewand der Moderne.

 

2.3. Skt. Peter – Nabel der katholischen Welt

 

Höhepunkt unserer Besichtigungstour sollte „die Kirche“ im Vatikanstaat werden – Skt. Peter! Also fuhren wir noch einmal mit der Metro in Richtung Hotel und stiegen eine Station nach Lepanto, am „Ottaviano“ aus.

Der Petersplatz, auch er ein Meisterwerk Berninis, stimmte uns hoheitsvoll auf kommendes ein.

Skt. Peter selbst, ein etwas gedrungen wirkender Koloss aus Mamor und Alabaster. Riesig und mächtig, eine Homage der Kirche an die Kirche, an ihre Päpste und Fürsten. Eine in Stein gemeißelte Demonstration von Macht und Geld. Eine ungefragte Antwort und Anmeldung auf Vorherrschaft in der religiösen Welt. In jeder Nische und Ecke ein anderer Papst, der über die Massen gebietet und dem devot und das ist auffällig, besonders Frauen zu Füßen liegen. Die Hierarchie ist klar. Kirche von Männern für Männer und das natürlich möglichst für die Ewigkeit.

In einer Kirchenbank nehme ich Platz und nehme Kontakt zur großen Mutter auf. Sie wirkt ätherisch hier und schwach, ist aber anwesend.

Ich flüchte nach 20 Minuten aus diesem Protzbau. Einstimmig wertschätzen wir im Gespräch die architektonische und auch kulturhistorische Leistung des Petersdomes. Ein bißchen arrogant urteilen wir über seine Überholtheit in heutiger Zeit.  Ein wenig lästern wir auch über die alten, grauen Herren, die nicht lassen können von den alten Spielen um Macht und Pomp.

Die die Wandlung des Zeitgeistes nicht bemerken oder ignorieren und den richtigen Zeitpunkt zum Abtreten verpassen... .

Dann fahren wir mit Umweg über das Hotel direkt zum Flughafen.

 

3. Rückflug

3.1. Mein linker Platz im Flieger oder der kleine Engel

 

In der Swissair setzt sich eine junge Familie zu mir. Ein kleiner Säugling auf dem Arm der zierlichen Frau brüllt mich gequält an.

Ich hege Fluchtgedanken, bleibe aber, hoffend auf Besserung. Die tritt ein, als der kleine Menschensohn endlich angeschnallt ist und zufrieden nuckelnd an Mamas Busen saugt. Meine Frage nach dem Namen des Kindes wird mit einem „Gabriel Pio“ freundlich beantwortet.

Natürlich  schließt sich gleich meine Rückfrage nach diesem schönen, aber ungewöhnlichen Namen an und ich erfahre, dass der Junior vorgestern beim Papst zur Segnung gewesen sei.

Müssen die Eltern wohl sehr gläubig sein, denke ich für mich und frage nochmals nach: “ Waren Sie zur öffentliche Audienz am Samstag dort  und wie lange vorher mussten sie sich anmelden?“.

 

3.2. Private Audienz beim heiligen Vater

 

Der junge Vater antwortet im schönsten Schweitzerdeutsch:

“Wir hatten eine private Audienz beim heiligen Vater. Ich war 2 ½ Jahre lang Mitglied der Schweitzer Garde (die mit den bunten Uniformen) und bin somit Mitglied der päpstlichen Familie. Als solche durften wir zur Segnung nach Rom fliegen. Wollen Sie ein paar Fotos ansehen?“. Einigermaßen mühsam versuche ich, meine Kinnlade wieder in Richtung Oberkiefer zu ziehen.

Sprechen wir von dem Papst, von dem wir vor fast genau drei Stunden noch ungezwungen lästerten? Mir wird ein bißchen unheimlich.

Gern nehme ich aber sein Angebot an. In einem großen A 4 Umschlag stecken zirka zwanzig nigelnagelneue Hochglanzfotos von der privaten Audienz in den päpstlichen Gemächern.

Vier Personen zähle ich, die stolzen Eltern, den kleinen Gabriel und den Papst selbst. Einmal steht einer seiner beiden Sekretäre neben ihm.

Der Papst mit segnender Hand über dem Kind, der Papst bei der Begrüßung durch Handkuss, der Papst im Gespräch mit den jungen Leuten, der Papst mit Rosenkranz. Die jungen Eltern festlich gekleidet und strahlend. Eine große Ehre.

Der Papst selbst sieht gar nicht hinfällig aus, wie ich es den Medien bisher entnahm. Er lächelt gütig und sehr warmherzig.

Ich bin einigermaßen erschüttert.

Die Fotos übrigens schoss der Hoffotograf des Papstes und entwickelte sie gleich in der Vatikanstadt. Sein Stempel ziert das Adressenfeld des Umschlages.

 

3.3. Ausquetschen - wie eine Zitrone

 

Ich beglückwünsche die jungen Leute. Sie sind sehr glücklich und dankbar. Dann frage ich den jungen Mann, der übrigens eine polnische Frau heiratete, was sicher auch wieder den Papst freute, aus.

„Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen zu aufdringlich werde, sie müssen die Fragen auch nicht beantworten und vielleicht dürfen sie auch nicht. Können Sie mir sagen, wie der Tagesablauf des Papstes aussieht und wie er wohnt?“.

Ich fügte schnell noch hinzu, dass ich wisse, der Dalai Lama stehe täglich um 3 Uhr auf und deshalb interessiere mich speziell diese Zeit“.

Der junge Mann hatte nämlich vorher gesagt, dass er zu ca. dreißig Prozent Dienst in den Privatgemächern des Papstes getan hätte.

„Und - was ist er für ein Mensch, dieser Papst?“ wollte ich noch wissen.

Doch, er dürfe mir diese Fragen beantworten, versicherte mir der junge Mann. „Der Papst steht täglich um 4:30 Uhr auf, danach betet er ca.

1 ½ Stunden. Dann folgt ein kleines Frühstück und danach nimmt er sich Zeit für die Korrespondenz und Audienzen. Sein Zimmer ist sehr spartanisch, fast minimalistisch eingerichtet – sie finden dort ein sehr altes Bett, einen Tisch, einen Stuhl und seine eigene Bibel. Der Papst lebt für sich sehr schlicht. Er spricht immer davon, dass er hier ist, um den Menschen zu dienen“ beendet er die Beantwortung meiner Frage.

„Mit Verlaub, ist er denn noch so richtig geistig rege, er wirkt oft so hinfällig und gebrechlich“ frage ich nun nach.

3.4. Parkinson und die Aura des Papstes

 

„Das täuscht“, sagt mir der junge Mann ruhig. „Der Papst leidet leider an der Parkinsonschen Krankheit, d.h. Schüttellähmung, und wirkt auf Außenstehende dadurch oft sehr instabil. Das ist jedoch eine rein physische Krankheit, die die geistigen Kräfte des Betroffenen nicht beeinträchtigt“.

Das ist mir bekannt, litt doch auch der inzwischen verstorbene Maler Fink von der Insel Hiddensee an dieser heimtückischen Krankheit.

Der junge Mann kann mir bestätigen, dass der Papst geistig sehr fit sei, sogar die  Namen aller seiner Leibgardisten kennt, sich sehr für aktuelle Ereignisse interessiert und einen Großteil seiner Korrespondenz sogar handschriftlich erledigt. Er arbeite sehr viel und hätte in der Regel mindestens einen 14 Stunden Arbeitstag.

 

Der junge Mann spricht mit großer Hochachtung vom Papst, so dass ich nicht umhin komme, ihn darauf anzusprechen.

„Sagen Sie bitte, viele bedeutende Persönlichkeiten werden und wurden von ihren unmittelbaren Bediensteten gering geachtet, weil sie aufgrund der Nähe, sehr wohl auch deren Fehler kennen. Bei Ihnen habe ich das Gefühl, sie sprechen mit großer Hochachtung vom Papst?“ 

„Ja, das ist richtig“  nickt der junge Mann mit dem Kopf. „Er ist einfach ein wunderbarer Mensch. Sehr schlicht, sehr freundlich, mit einer großen Ausstrahlung“.

Ich bohre sofort nach: “Meinen Sie damit die Ausstrahlung, die man auch als Aura bezeichnen kann?“ und bin gespannt auf seine Reaktion.

Mit einem leichten Schmunzeln nickt er wieder: „Ja, richtig, das, was Esoteriker als Aura bezeichnen würden. Diese Ausstrahlung hat er - sehr kräftigend und mitfühlend, liebend halt“.

Und ergänzt nach kurzer Pause: „Viele Audienzsuchende, auch solche mit stark conträrer Einstellung zur Institution Kirche haben mir diese Wahrnehmung wieder und wieder bestätigt. Haben ES gespürt in seiner Nähe. Wurden vielleicht nicht bekehrt, aber doch sehr berührt von der Nähe des Papstes, von ihm als Menschen, von seiner Person“.

 

3.5. Frauen im Vatikan

 

Nun will ich es wissen und befrage ihn nach den Frauen in der Vatikanstadt. Sein Schmunzeln wird breiter, offener:

„Es arbeiten viele Frauen in der unmittelbaren Umgebung des Papstes, wie überhaupt in der Vatikanstadt. Der Papst schätzt die Frauen sehr und betont immer wieder, dass ohne sie gar nichts ginge“. Wie groß der prozentuale Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der arbeitenden im Vatikan sei, das wisse er allerdings nicht.

„Der Papst hat sich auch für eine Wiederbelebung und höhere Gewichtung des  Marienkultes eingesetzt, er verehrt Maria sehr“ schließt er das Thema ab. Das war auch mir neu und nicht unsymphatisch.

Er erzählte mir noch, dass dieser Papst ein besonders volksnaher Papst sei.

 

3.6. Mitglied der päpstlichen Familie – auf Lebenszeit

 

Das während seiner Dienstzeit beim Papst sein größter und wichtigster Staatsbesuch der Besuch beim König von Thailand gewesen wäre. Denn natürlich reisen die als Bodygards ausgebildeten Gardisten auch in Zivil zum Schutze des Papstes durch die Welt, besuchen Messen und Audienzen.

Er wohnt jetzt wieder in der Schweiz und möchte bald einmal mit seiner jungen Frau nach Thailand fahren. Als Mitglied der päpstlichen Familie dürfe er jederzeit im dortigen Palast wohnen.

 

Er selber wird demnächst bei der Schweizer Telekom anfangen zu arbeiten, seine Frau bliebe zu Hause, denn „Klein - Gabriel braucht sie dringender als die Arbeit“.

Das sehen wir, denn gerade wird diesem die zweite Brust gereicht.

Bald sind wir in Zürich und verabschieden uns mit vielen guten Wünschen füreinander.

Eine merkwürdige und eine sehr schöne Begegnung. Ein bißchen menschlich näher und wärmer ist mir der Papst geworden, das muss ich zugeben. Auch wenn ich nicht ihn persönlich, sondern seinen Boten traf.

Und - wie froh und dankbar bin ich, nicht vor dem schreienden Säugling in eine andere Sitzreihe geflüchtet zu sein... .

 

                                                                                           Agnes Lisek 26.11.2002