Besuch der Ausstellung „Cézanne. Metamorphosen“
Exkursion zur Kunsthalle Karlsruhe am 21.11.2017.
Am 21.11.2017 fahren wir mit 9 Teilnehmer/innen aus Ulm und Umgebung nach Karlsruhe. Am Bahnhof Karlsruhe treffen wir weitere 4 Teilnehmer/innen, die aus Mannheim angereist sind. Mit der Straßenbahn geht‘s zur Kunsthalle, wo in einem gegenüberliegenden italienischen Restaurant Plätze für uns reserviert sind. Das Lokal ist auch der Treffpunkt für 2 weitere Damen, die sich uns aus Neustadt an der Weinstraße anschließen. Obwohl wir weniger als 1 Stunde Zeit zum Essen haben, klappt alles wie am Schnürchen.
Wir sind rechtzeitig in der Kunsthalle. Frau Helene Seifert, Kunsthistorikerin, begrüßt uns und führt uns außerordentlich versiert durch die einzelnen Abteilungen.
Paul Cézanne (1839-1906) zählt zu den wichtigsten Figuren der neueren Kunstgeschichte. Er begann impressionistisch und entwickelte alsbald seinen eigenen unverwechselbaren Stil.
Cézannes Vater war Bankier und unterstützte seinen Sohn zeit seines Lebens. Als Cézanne seine Geliebte heiratete und einen Sohn bekam, verheimlichte er das vor seinem Vater, damit die Geldströme nicht versiegten.
Die Ausstellung zeigt Cézannes Werke nicht nach Motiven geordnet oder in der Reihenfolge ihrer Entstehung. Sie nähert sich damit der Kunst Cézannes unter dem Blickwinkel der Metamorphose, der stetigen Wandlungen und Übergänge von der einen in die andere Form.
Die Ausstellung beginnt im Raum 1a mit dem Aquarell „Jacke auf einem Stuhl“, eine allerdings ungewöhnlich, sehr unordentlich drapierte Jacke; näher betrachtet sagt sie etwas über ihren Besitzer aus, vor allem aber wirkt sie fast wie eine Landschaft – ein Stoffberg, der dem im selben Raum präsentierten Aquarell „Montagne Sainte-Victoire“ ähnelt, einem schönen Exemplar der Serie.
Jacke auf einem Stuhl Montagne-Saint-Victoire
Im nächsten Raum 1b sehen wir Zeichnungen mit einer Vielzahl von wiederkehrenden Motiven, die er über Jahrzehnte hinweg skizziert und in neue, mitunter eigenwillige Zusammenhänge stellt, z. B. skizziert er einen Athleten, der einen Arm hebt. Dieser erhobene Arm wird in mehreren Zeichnungen dargestellt, die Figur selbst ist nur angedeutet.
Im Raum 2 wird gezeigt, dass Cézanne sich Motive aus Bildern aus der Kunstgeschichte aneignet bzw. kopiert. Cézanne interessierte sich im Pariser Louvre vor allem für den Medici-Zyklus von Peter Paul Rubens, aus dem er ausgewählte Details kopierte. Er richtet seine Aufmerksamkeit auf den gedrehten Körper der Kriegsgöttin Bellona mit ihrem über den Kopf gelegten Arm. Die Figur der Bellona führte fortan unter anderen Vorzeichen ein Weiterleben in Cézannes Werk. Sie kehrt als zentrale Gestalt in einer „Versuchung des Heiligen Antonius“ sowie wenig später als „Badende unter einem Zeltdach“ wieder. Für den gehemmten Künstler waren solche Aktdarstellungen eine willkommene Alternative zum Zeichnen nach dem lebenden Modell, das er vermeiden wollte.
Raum 3
Darstellungen von Badenden zählen zu Cézannes bekanntesten Motiven. Besonderen Einfluss hatte die Darstellung der „Badenden Soldaten“ von Michelangelo. Sie bildete eine Inspiration für Cézannes berühmte „Badende am Ufer“, die er auf Initiative seines Kunsthändlers Ambroise Vollard auch in eine Lithografie übersetzte. Der in diesem Druckverfahren unerfahrene Cézanne entwarf zunächst eine Schwarz-weiß-Lithografie, die er im Weiteren mit Aquarellfarben überarbeitete. Der Drucker Auguste Clot überführte diese Vorlage schließlich in eine von mehreren Platten gedruckte
Farblithografie, die die Wirkung des Aquarells gekonnt imitiert.
Raum 4
Cézannes langsame Arbeitsweise war ein Hindernis für seine Porträtmalerei. Wenige wollten sich der langwierigen Prozedur aussetzen. Lebende Modell waren daher zumeist nur seine Frau und sein Sohn.
Madame Cézanne Selbstbildnis
Wir hören den Erklärungen von Frau Seifert zu. / Foto Dr. Barbara Heinze
Im Raum 5 stehen zwei Gipsabgüsse, eines ist der Abguss eines knieenden Mannes, der im 19. Jahrhundert als ein Werk Michelangelos galt, das andere der Abguss eines Putto, der seinerzeit dem Barockbildhauer Pierre Puget zugeschrieben wurde. Die beiden kleinen Skulpturen dienten Cézanne als Studienobjekte. In seinen Bildern stellt Cézanne aus unterschiedlichen Blickwinkeln diese Skulpturen dar.
Skulptur knieender Mann Aus einem anderen Blickwinkel
mit den dazugehörigen Darstellungen von Cézanne
Der Putto und dahinter zwei Darstellungen von Cézanne
Cézanne setzt sich schon früh mit dem Impressionismus auseinander. Er suchte nach einem eigenen Weg, die sich stets verändernde Natur und deren Lichtstimmungen künstlerisch zu bewältigen. Zu Übungszwecken kopierte er auch Werke von anderen Malerkollegen, u. a. eine Hafenszene von Armand Guillaumins „Am Quai Austerlitz Paris“.
Am Quai Austerlitz in Paris – Kopie von Cézanne.
Das Original von Armand Guillaumin
Ganz besonders auffällig sind die unterschiedliche Gestaltung der Wolken oder des Lastkahnes.
In den weiteren Räumen werden Gemälde präsentiert, bei denen Cézanne sich an Historiengemälden orientiert. Seine Frauengestalten ähneln sehr den Rubens-Frauendarstellungen. Aber auch weitere Landschaftsmalereien, Stillleben mit Äpfeln und Teekanne auf einem Tisch mit drapierter Tischdecke, die auch wieder einen Berg darstellen könnte, sind zu sehen. Besonders beeindruckt hat uns ein Gemälde mit drei Totenköpfen, die auf einem Teppich drapiert sind.
Cézanne: L’Estaque
Natürlich hat er sich auch an dem Genre „Harlekins“ versucht, was zu der Zeit oft Gegenstand von Gemälden war.
Pierrot und Harlekin von Cézanne - Leihgabe aus dem Puschkin-Museum Moskau
Gebannt hören wir Frau Seifert zu.
Das Treppenhaus der Kunsthalle / Foto: Dr. Barbara Heinze
Nach der Führung gibt’s im Café der Kunsthalle noch eine Stärkung, während andere Teilnehmer/innen im Museumsshop Einkäufe tätigen.
Dann geht’s zurück zur Straßenbahn, die uns zum Bahnhof bringt. Hier verabschieden wir uns von den Gästen aus der Mannheimer Gegend. Nach 3 Stunden Zugfahrt sind auch wir wieder in Ulm – voller neuer Eindrücke.
Beate Braun.
18.Januar 2018
Fotos: bis auf die 2 von Dr. Barbara Heinze: Norbert Rückgauer