Ausgabe Nr. 38                         Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung älterer Erwachsener
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Zwei Seiten einer Medaille
Fluch und Segen der Technik

                                                                    von Horst Glameyer
Zwei Mahner
Der Philosoph Hans Jonas (1905 - 1993) erhielt 1987 den Friedenspreis des
Deutschen Buchhandels. Im ersten Kapitel seines Hauptwerks „Das
Prinzip Verantwortung – Versuch einer Ethik für die technologische
Zivilisation“ aus dem Jahre 1979 zitiert er das Chorlied aus Sophokles‘
„Antigone“ (442 v. Chr.).


Erste Strophe:
Ungeheuer ist viel, und nichts
ungeheurer als der Mensch.
Der nämlich über das graue Meer
im stürmischen Süd fährt dahin,
andringend unter rings
umrauschenden Wogen. Die Erde auch
der Göttlichen höchste, die nimmer vergeht
und nimmer ermüdet, schöpfet er aus
und wühlt, die Pflugschar pressend, Jahr
um Jahr mit Rössern und Mäulern.


Letzte Strophe:
So über Verhoffen begabt mit der Klugheit
erfindender Kunst,
geht zum Schlimmen er bald und bald zum
Guten hin.
Ehrt des Landes Gesetze er und der Götter
beschworenes Recht –
hoch steht dann seine Stadt. Stadtlos ist er,
der verwegen das Schändliche tut.


Altertum
Bei dem Versuch, die Natur zu beherrschen, wie es im 1. Buch Mose,
Kapitel 1,28 Adam und Eva geboten wird: „Seid fruchtbar und mehret euch
und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die
Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh
und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“, gelang es dem Menschen
schon im Altertum dank seiner Erfindungskraft, die Welt nachhaltig zu
verändern. In den Ländern rund um das Mittelmeer fällte er Wälder für den
Schiffbau. Nachdem der Regen das Erdreich hinweg geschwemmt hatte,
blieben kahle Felsen zurück. Zugleich aber schuf er schon damals
Wunderwerke der Technik.


Neuzeit
Im Laufe vieler Jahrhunderte machte der Mensch sich die Natur mit großem Geschick nutzbar, obwohl er sie lange Zeit als feindlich betrachtete. So
segensreich unzählige seiner Erfindungen für ihn und seine Nachkommen
sind und auch künftig sein werden, er beginnt mehr und mehr zu erkennen,
dass sich die Natur mit ihren Erdbeben, Stürmen, Überschwemmungen, und
Vulkanausbrüchen nicht beherrschen lässt, sondern er sich ihr anpassen
muss, in dem er die Folgen seines Handelns beizeiten bedenkt.


Anything goes!
So verlockend der Titel des Musicals „Anything Goes“ von Cole Porter aus
dem Jahre 1934 auch klingt, er ist sehr gefährlich, wenn man darunter im
technischen Bereich „Alles ist möglich! Alles ist machbar!“ versteht. Längst
greifen wir nach den Sternen, schießen vielleicht schon bald zwecks
Entsorgung radioaktiven und giftigen Müll auf diesen oder jenen
Nachbarplaneten. Bei aller Erfindungsgabe sollte der Mensch maßvoll
bleiben und darauf bedacht sein, sich und allen Lebewesen auf diesem
einzigartigen blauen Planeten Erde die Lebensgrundlage zu erhalten.


Links
www.hans-jonas-zentrum.de
www.schule.suedtirol.it
www.goethe.de
www.tabularasa.de
www.evolutionsforschung.org

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