Weblogs - ein Mitmach-Medium
                                  von Lore Wagener
Macht Ihnen das Schreiben Spaß und möchten Sie Ihre Einfälle gerne einmal publizieren? Dann kann ich Ihnen das Medium „Weblog" empfehlen. Keine andere Publikationsform macht es - sowohl technisch als auch finanziell - kreativen Leuten so leicht, ihre Ideen zu veröffentlichen.

Was ist ein Weblog?
Weblog ist ein Kunstwort aus "Web" und "Logbuch". Es bedeutet also „Internet-Tagebuch" (Kurzform „Blog"). Das Medium kam Mitte der 1990er Jahre auf und hat  chronologische Einträge wie ein reales Tagebuch. Der jüngste Eintrag steht an erster Stelle, die anderen folgen absteigend. Zunächst benutzten die Autoren, Blogger genannt, das Medium, um unter dem jeweils aktuellen Datum Einzelheiten über ihr Privatleben oder über ihre "Surftouren" durch das WWW zu notieren. Das Format ermöglicht in technisch einfacher Weise das Verweisen auf andere Websites sowie das Archivieren und Wiederfinden der vorhergehenden Einträge. Außerdem hat es in der Regel eine Kommentarfunktion, über die Leser und Blogger miteinander kommunizieren können.

Weblogs für Ungeübte?

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Screenshot von meinem Erstlingswerk

Das Bloggen ist auch von Ungeübten verhältnismäßig leicht zu erlernen. Ich denke, dass die Internet-Cafés da Hilfestellung leisten und gerade ältere Menschen Freude an diesem Mitmach-Medium finden können. Ich selbst habe das Bloggen vor 2 Jahren bei „Senioren Lernen Online" eingeübt. Der obige Screenshot zeigt, wie ein solches Blog aussehen kann. Auf der einen Seite steht mein Text, auf der anderen findet man in einer Seitenleiste gewöhnlich Angaben über den Autor, ein Kalendarium und Links zur Navigation. Viele Blogger benutzen ein Pseudonym. Zum Bearbeiten muss man sich mit einem Passwort einloggen. Ich habe die Kommentarfunktion aktiviert. Sollte der Dialog in Datenmüll ausarten, lässt sich diese Funktion wieder abschalten.

Bloghoster
Das Layout meines Blogs habe ich mir bei einem Bloghoster ausgesucht. Er hat mir das Weblog nach meiner Registrierung sozusagen schlüsselfertig übergeben. Ich musste es nur noch mit meinen persönlichen Daten einrichten, dann konnte ich loslegen. Es gibt natürlich auch Software, mit der Fortgeschrittene sich ihre Plattform selber basteln können.
Im deutschsprachigen Raum kann man bei etwa 40 Bloghostern - als privater Nutzer vielfach kostenlos - ein Weblog bekommen. Die 20 meistgenutzten Bloganbieter sind bei blogcensus aufgelistet. Ein Ranking der 10 besten deutschsprachigen Bloganbieter findet man im „lexikon2", das Basiswissen für die neuen Medien bereitstellt.

Blogosphäre
Die Blogosphäre ist die Welt der Blogger. Sie existiert erst seit knapp 15 Jahren. Seither entwickelt sie sich so schnell, dass Zeit-Online titelte: „Es bloggen die Blogger im rauschenden Netz." 2006 schrieb der Zeit-Autor dazu: "Nach gut begründeten Schätzungen ... existieren weltweit etwa 200 Millionen Blogs; in China mehr als 30 Millionen, 20 in Südkorea, 10 in Japan und 1,2 Millionen in Indien. Neben Großbritanniens 4 und Spaniens 1,6 Millionen sowie den 600 000 Blogs in den Niederlanden nimmt sich die deutsche Zahl von 300 000 Blogs bescheiden aus." Und weiter: „Diktatoren fürchten sich vor dieser neuen Meinungsmacht, andere verspotten sie als »Klo-Wand im Internet«."
 
Ein vielseitiges Medium
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screenshot vom Linkblog Blog Alm

Blogger fanden schnell heraus, dass sich das Format des Weblogs sehr gut für alle möglichen Zwecke eignet. Inzwischen gibt es eine große Themenvielfalt. Sie reicht von der Selbstdarstellung über journalistische Einträge bis hin zur Erörterung technischer oder praktischer Probleme. Daher ist heute der Vergleich mit Büchern eher passend. "Blogs sind die Königsdisziplin des Jeder-kann-Mitmachen-Netzes." schreibt „lexikon2". Den anfänglichen Vorstellungen vom Tagebuch entsprechen heute noch am ehesten die Linkblogs, also kommentierte Linksammlungen. Die Tumblelogs enthalten kurze Texte, Zitate und Bilder. Daneben boomen besonders in den USA seit 2006 die SMS-ähnlichen „Twitter", in die man jeweils nur mit höchstens 140 Zeichen schreibt Slogan des Anbieters: „What are you doing?"

Blog-Typologie
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Screenshot von einem der ältesten Tumblelogs

Von der Selbstdarstellung losgelöst sind die Edublogs, die Artikel über Erziehung, Lehren, Lernen und Bildung enthalten. Litblogs und Krimiblogs geben Kommentare und Empfehlungen zu Büchern. Placeblogs berichten aus Städten, Dörfern und Regionen. Funblogs verbreiten Witze und Humor.
Firmen haben ebenfalls die Nützlichkeit des Mediums erkannt und fördern Job-, Corporate- oder Knowledge-Blogs. Auch die Politik fehlt nicht, besonders Wahlblogs sind beliebt. In Krisenzeiten können Warblogswichtig werden, mit denen Bürger aus abgelegenen Kriegs- und Krisengebieten berichten, wie dies zum Beispiel damals nach dem Tsunami geschah.
Interessant sind zudem die Watchblogs. Sie werden meist von unabhängigen Journalisten gemacht und kommentieren kritisch bestimmte On- und Offline-Medien. Bekannteste Watchblogs sind hierzulande BILDblog und GoogleWatchBlog.

Typologie der Blogger
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Screenshot von einem US-Wahlblog

Nach Einschätzung von „lexikon2" sind Blogger Journalisten oder Chronisten des Alltags, die sich nicht um Redaktionsschluss, Chefredakteur oder Ausgewogenheit kümmern müssen. Die Millionen Blogger weltweit unterscheiden sich radikal voneinander: Vom Vorstandsvorsitzenden bis zum Hartz-IV-Empfänger kann jeder von ihnen als Blogger sein Publikum finden. Die meistgelesenen Blogger in Deutschland sind jedoch gelernte Journalisten, mitunter aber auch begabte Autodidakten, die ein Spezialgebiet bearbeiten. "Blogger und Journalisten schreiben beide - anders als die Schriftsteller - für den Tag und die Vergänglichkeit". Sie messen die Güte ihrer Blogs an der Zahl der Zugriffe. Deshalb haben fast alle Weblogs Zähler.
 
Bürger-Journalismus
Der Bürger-Journalismus der Blogger wird von Berufsjournalisten recht kritisch betrachtet. Welt-Online forderte sogar ein Gütesiegel hierfür, erkannte aber auch an, dass „die Blogszene einen (noch) funktionierenden Kodex hat. Wer Werbung in sein Blog schreibt, ohne diese zu kennzeichnen, wer die Menschenwürde verachtet, der wird normalerweise durch andere Blogs enttarnt und an den Blogpranger gestellt."
Die Netzeitung Online-Journalismus.de beschäftigt sich mit dem Thema „Die Laien kommen." Danach soll sogar der Zeitungszar Murdoch die Blogszene wohlwollend wahrgenommen  haben, aber andere Studien ergeben, dass Texte aus Blogs kaum in den Printmedien landen. Inzwischen haben etliche Zeitungen ihren Online-Auftritt durch eigene Weblogs ergänzt, jedoch schreiben dort fast nur Profi-Journalisten oder Prominente.
 
Blog-Müll
Vergleicht man die Schätzungen des Blog Herald (etwa 300 000) mit der von blogcensus genannten aktuellen
Zahl der aktiven deutschsprachigen Blogs (195.900), so ist zu vermuten, dass ein beachtlicher Berg von inaktiven Blogs im Netz herum müllt. ZEIT-Online schreibt dazu: "...gewissermaßen aufgelassene Blogs, die wie ungepflegte Weinberge fortexistieren und nur noch selten einen Besucher sehen". Für solche Fälle hat ZEIT Online schon einen Blog-Friedhof eingerichtet. Der trägt die Überschrift: „Hier ruhen Weblogs, an denen wir zu ihren Lebzeiten Freude hatten. Alles ist endlich."
Ich will aber hoffen, dass die Blogszene noch lange nicht „ausgebloggt" hat, ihre ursprüngliche Frische behält und diese nicht durch bürokratische Vorschriften  verliert.

Links
BILDblog:
http://www.bildblog.de/
Bürger-Journalismus:
http://www.onlinejournalismus.de/2006/01/03/die-laien-kommen
lexikon 2:
http://lexikon2.blog.de/2007/02/15/die_10_besten_bloganbieter~1743753
Senioren lernen online:
http://www.senioren-lernen-online.de/kurse.htm
Welt-Online:
http://debatte.welt.de/weblogs/151/die+welt+im+kasten/63620/
guetesiegel+fuer+onlinejournalismus

Zeit-Online, Blogfriedhof:
http://gumia.de/blog-friedhof/
Es bloggen die Blogger:
http://www.zeit.de/2006/11/C-Blogs

Zu den screenshots
Erstlingswerk
http://hawadu.blogspot.com/2006/07/was-ist-das-ein-bremer-haus.html
Linkblog
http://blogalm.de/
Tumblelog
http://www.anarchaia.org/index.html
Wahlblog
http://blogs.dw-world.de/us-wahl08

 
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