Web 2.0 kreativ |
von Ursula Fritzle Sie plädiert fürs Ausprobieren und sagt: „Soziale Software macht Spaß". Ein Gespräch mit Antonie Dell über ihre Erfahrungen mit Web 2.0-Diensten. LC: Ich habe Dich als Redakteurin und PC-Trainerin im Forum Seniorenarbeit NRW „online" kennen gelernt. Dein Familienname ruft Assoziationen hervor. Sind sie berechtigt? Antonie lachend: Oh, das bin ich schon oft gefragt worden. Nein, nicht verwandt und nicht verschwägert mit dem bewussten Unternehmen. Übrigens ist der Name in Deutschland gar nicht so selten. LC: Deine Tätigkeiten im PC-Schulungsbereich für ältere Erwachsene sind sehr vielseitig. Was gehört zur Kursvorbereitung? Antonie: Wichtig für die Teilnehmer ist der praktische Anreiz - den brauchen gerade Senioren - und eine Schritt-für-Schritt-Anleitung. Ich bin immer bestrebt, Neues und Interessantes einzubringen. Doch vor der Tat steht in der Regel das eigene Lernen. Wie will man Dinge erklären, die man noch nicht versteht? Also heißt es, sich intensiv mit einem Thema zu beschäftigen und die Arbeitsabläufe zunächst selbst zu verinnerlichen. LC: Was hast Du in Deinen ersten Kursen behandelt? Antonie: 2004 begann ich mit Schulungen für PC-Einsteiger. Ich wollte den Teilnehmern den Praxiseinstieg erleichtern und sie nicht mit zu viel Theorie belasten. Ein Senior-Einsteiger muss die Einzelteile des PC nicht genau kennen. Er will wissen, wie er seine Programme findet, seine Texte und seine E-Mails schreibt und was er mit dem Internet anfangen kann. Bildbearbeitung kommt meist erst später hinzu. LC: Warst Du bereits computerfit? Antonie: Die ersten Schulungen fanden an Rechnern mit Windows 98 und ME statt. Das war mir geläufig. Als Windows XP/Vista eingeführt wurde, musste ich mich natürlich jeweils neu orientieren. Das Office-Paket kannte ich schon aus meiner beruflichen Zeit, habe aber noch viel hinzugelernt. Bildbearbeitung habe ich mit IrfanView begonnen, das schon unter Windows 98 eine Übersicht der vorhandenen Bilder in Miniaturansicht bot. LC: Was kam nach IrfanView? Antonie: Erstmal Picasa von Google. Damit kann man Bilder verwalten, bearbeiten und per Mail direkt verkleinert versenden. Es gibt eine supereinfache Diashow, die man zum Verschenken auch auf CD brennen kann. Einsteiger können das Programm schnell erlernen. Später bot Picasa eine effektive Option an, Bilder in ein Webalbum hochzuladen und diese Bilder mit anderen zu teilen, das ging bereits in Richtung Web 2.0. LC: Welche Web 2.0-Dienste hast Du danach entdeckt? Antonie: Zwangsläufig die Möglichkeiten der Weblogs. Das hat mich sehr interessiert. Unter Blog versteht man so was wie ein Tagebuch in einer Art Website. Es erfolgen regelmäßig aktuelle Einträge des Benutzers, die durch Bilder, Videos usw. ergänzt werden können. Neben den Anwendungen Picasa, Webalbum und Blog habe ich auch Google-Mail und den Kalender ausprobiert, sowie Google-Groups - eine Art Lernraum, in dem man kommunizieren und Schulungsmaterialien verwalten kann. LC: Heißt es der oder das Weblog? Antonie: Der Duden erlaubt beides, weil sich im Netz und in der Presse keines dominant durchgesetzt hat. LC: Wie war Dein Weg zur Bloggerin? Antonie: Meinen ersten Blog habe ich vor einem Jahr bei Blogger eingerichtet und die ersten Posts sprich Beiträge geschrieben. Je mehr ich mich damit beschäftigte, umso mehr Ideen kamen mir. Es war also keineswegs Perfektion, sondern learning by doing. Man versucht seine Ideen zu verwirklichen, z.B. durch Seitenelemente, Einbinden von Linklisten, Fotos im Randbereich, RSS-Feeds usw. In einem Kurs bei Senioren-lernen-online habe ich von Horst Sievert gelernt, Bilder und Videos bei Fremdanbietern im Internet zu platzieren und diese dann über kopierte HTML-Codes in einen Blog einzubinden. Auch Diashows, Präsentationen und PDF‘s kann man auf diese Weise einfügen. LC: Lief das alles wie am Schnürchen? Antonie: Es gab auch Misserfolge. Zum Testen legte ich einen zweiten Blog an, dort konnte ich besser experimentieren. Das Blogfieber hatte mich gepackt. Immer, wenn mich etwas interessierte - war ich gedanklich schon dabei, es in einen Post umzuwandeln. LC: Macht es Dir nichts aus, persönliche Daten ins Netz zu stellen? Was ist mit dem Urheberrecht? Antonie: Natürlich überlege ich sorgsam, was ich von mir im Internet preisgebe. Im Grunde kann es aber niemand mehr vermeiden, dass die eigenen Aktivitäten im Netz sichtbar werden. Ganz Vorsichtige können Zugriffsrechte vergeben. Mit dem Urheberrecht setze ich mich intensiv auseinander. Nicht alles, was mir gefällt, darf in meinen Blog. Musik ist geschützt, Bilder darf man oft nicht frei verwenden und Autorenrechte sind zu beachten. LC: Welche Inhalte haben Deine Blogs? Antonie: Meine Blogs sind meist rein privat, sie enthalten also viele eigene Gedanken. Freunde und Bekannte schenken mir Fotos von ihren Urlaubsreisen, erzählen mir Begebenheiten, die ich dann in einen Eintrag umwandele. Es kann auch mal etwas ganz Alltägliches sein, wie ein Foto einer Herde Galloways mitten in der Stadt! In der heutigen Zeit ist das doch ein "Hingucker". LC: Hast Du für Dein "Tagebuch" selbst fotografiert? Antonie: Selbstverständlich - und mit wachsender Begeisterung! Weil fremde Fotos Lizenzprobleme machten, habe ich begonnen, selber digital zu fotografieren. Plötzlich geht man wieder mit offenen Augen durch seine Stadt - seine Wohngegend und die Ausflugsgebiete. Man entdeckt vieles wieder, was man im normalen Alltag kaum noch wahrgenommen hat und wird sensibel für Dinge, die in den Blog passen könnten. LC: Gibt es auch etwas für die Ohren? Antonie: Ja, natürlich! Mit der Möglichkeit Tondateien als MP3 - also komprimiert - zu erstellen, sind diese auch geeignet in einen Blog oder eine Website eingebunden zu werden. Das Aufnehmen mit einem Programm wie z.B. Audacity ist gar nicht so einfach, denn man hat ja keine Erfahrung mit dem Sprechen von Texten. Also auch ein Lernprozess und abhängig von der vorhandenen Technik. LC: Vielleicht beschreibst Du einmal ein konkretes Beispiel? Antonie: Im SLO-Kurs für Podcasts haben wir die Technik zunächst mit kleinen Geschichten ausprobiert. Vor Weihnachten waren wir dann so weit, dass wir einen Online-Adventskalender mit Tondateien zusammengestellt hatten, der dann auch im Web veröffentlicht wurde. Eine schöne Erfahrung. LC: Inzwischen bist Du bei Wordpress gelandet. Wie kam das? Antonie: Eines Tages stieß ich mehr zufällig auf einen Blog, der mit Wordpress erstellt war. Ich war von den Gestaltungsmöglichkeiten - Posts und Seiten - so angetan, dass ich mir mit Wordpress eine eigene Webseite eingerichtet habe, um das System zu testen. Und ich bin immer noch begeistert. Inzwischen gibt es bei mir mehrere Wordpress-Blogs, auch eine spezielle Informationsseite für unser Senioren-Internetcafé in Siegen. LC: Ich denke an einen eigenen Blog. Er würde einschlagen wie eine Bombe! Soweit mein Traum. Im Wachzustand sage ich mir, den zweimillionsten Blog braucht niemand. Wie denkst Du darüber? Antonie: Nun, ich würde sagen - wenn es Dich wirklich in den Fingern juckt und Du es ausprobieren möchtest, dann überleg nicht, was andere dazu sagen oder ob es jemand für notwendig erachtet. Du kannst einen Blog auch erst einmal nur für einen kleinen Kreis freigeben. LC: Was hältst Du von Wikis? Antonie: Die in den Kursen von Senioren-lernen-Online erarbeiteten Inhalte zum Web 2.0 wurden in einem WIKI zusammengefasst, das Horst Sievert eingerichtet hat und betreut. Es bietet eine gute Übersicht über all die Möglichkeiten, die man in einer Zusammenarbeit von Gruppen und interessierten Anwendern ausschöpfen kann. Für die Erwachsenenbildung sicherlich ein gangbarer Weg zum selbstverantworteten Lernen. LC: Hast Du Erfahrungen mit gemeinsamer Textverarbeitung für Office-Anwendungen? Antonie: Ja, wir haben verschiedene Online-Anwendungen getestet. Google Text und Tabellen war mir persönlich am eingängigsten und angenehmsten zu handhaben. LC: Du bist Redakteurin und Trainerin beim Forum Seniorenarbeit NRW. Was beeindruckt Dich besonders am E-Learning? Antonie: Wir arbeiten dort webbasiert mit der Lernplattform Moodle. Es können Lernmaterialien eingestellt und heruntergeladen, Nachrichten unter den Teilnehmern ausgetauscht und gemeinsam an Projekten gearbeitet werden. Beim E-Learning beeindruckt mich besonders, dass trotz mangelnder persönlicher Kommunikation - die Teilnehmer kennen sich oft nicht persönlich - eine gute Zusammenarbeit möglich ist. LC: Danke, Antonie, Du hast anschaulich geschildert, wie Ältere das Web 2.0 nicht nur nützlich, sondern auch kreativ anwenden können. Ich wünsche uns allen eine PC-Trainerin wie Dich. Links Blog von Antonie Dell http://ann-theres-blog.blogspot.com/ Blog Senec@fe Siegen http://anntheres.wordpress.com/ Senioren-lernen-online http://www.senioren-lernen-online.de/index.htm Forum Seniorenarbeit NRW http://www.forum-lernen.de/ Lernplattform Moodle http://www.moodle.de/ |
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