Bei uns im Stift
                                    von Hildegard Neufeld
Rituale begleiten uns, sie prägen und strukturieren den Alltag, und sind in den Übergangsphasen des Lebens, wie beim Einzug in ein Heim, oft eine wirksame Unterstützung. Wie erlebe ich die Rituale in meinem Wohnstift und was bedeuten sie mir?

Mein neues Zuhause
Seit zwei Jahren wohne ich im Kurstift Bad Homburg, einer Einrichtung, die seit über 20 Jahren bedarfsorientiertes altersgerechtes Wohnen anbietet. Ältere und alte Personen, vor allem Alleinlebende, haben sich hier, zumeist durch einen frühzeitig abgeschlossenen Heimvertrag, eine 'Versorgung für ihr Alter' gesichert, so auch ich. Das Haus mit 207 Apartments liegt mitten in der Kurstadt Bad Homburg v.d.H., ganz nahe am Kurpark. Die bevorzugte Wohnlage trägt viel zum Wohlbefinden der Bewohner des Kurstifts bei. Die Frage, inwieweit Rituale das Leben der Kurstiftbewohner beeinflussen, ob und wie sie es unterstützen, Halt und Sicherheit geben, das Gemeinschaftsgefühl fördern und das Zusammenleben erleichtern, will ich im Folgenden an einigen Beispielen erläutern.

Mein Einzug ins Stift
Das erwartete „Herzliche Willkommen" blieb zunächst aus, als ich termingerecht ins Kurstift einzog. Niemand war da, der auf meine Fragen nach dem „Wie" oder „Wo" hätte Auskunft geben können. Ich hätte mich eigentlich ziemlich allein gelassen fühlen müssen, doch jahrzehntelang daran gewöhnt, selbstständig zu handeln, hat der ausgebliebene „Empfang" keine unauslöschlichen Spuren bei mir hinterlassen. Ich hatte allerdings erfahren, dass Begrüßungsrituale, wie ich sie beim Eintritt in eine neue Lebensphase wiederholt miterlebt hatte, im Konzept des Kurstifts nicht vorgesehen waren. Die (nicht nur von mir) beim Einzug vermisste Begrüßung fand aber in anderer Form später statt, an anderen Plätzen und in der Begegnung mit den Mitbewohnern, und sie war mir bei vielen Anlässen und Gelegenheiten wirksame Hilfe und Unterstützung im neuen Zuhause.

Begrüßungen
„Ich freue mich, dass Sie da sind", begrüßte mich eine Mitbewohnerin des Kurstifts, die ich von früheren, gelegentlichen Begegnungen kannte, als ich etwas unschlüssig an der Rezeption stand, um mich zu informieren. „Und haben Sie schon einen Tisch für das Mittagessen", fuhr sie fort und fügte zugleich hinzu: „An unserem Tisch ist noch Platz". Natürlich nahm ich die freundliche Einladung gern an und durfte mich anschließend an dem herzlichen Willkommen meiner Tischgesellschaft erfreuen, das ich seitdem in ähnlicher Form nun täglich genieße. Hier erhielt ich auch viele Informationen, die ich brauchte, um in meinem neuen Zuhause 'Fuß zu fassen'. Die Begrüßungsrituale beim Mittagstisch, wo sich alle Kurstiftbewohner versammeln, beziehen auch die benachbarten Tische mit ein. Sie sind gemeinschafts- und kommunikationsfördernd und leiten oft weitere Begegnungen und Gemeinsamkeiten ein.

Kennenlernen
Um den neuen Kurstiftbewohnern das Einleben zu erleichtern und Kontakte zu unterstützen, hält das Kurstift eine Reihe von Veranstaltungen und regelmäßigen Begegnungen bereit. Hier haben gemeinsame Feste und Feiern sowie Veranstaltungen der Bildung und Unterhaltung, der Informationsvermittlung und viele andere Angebote ihren festen Platz.
In der „Kennenlern-Runde" treffen sich allmonatlich die Neubewohner mit den Alt-bewohnern zum einleitenden Miteinander, mit gegenseitigen Vorstellungen, Informationen und Gesprächen. In der regelmäßig stattfindenden „Homburger Runde" wird den von auswärts zugezogenen Neubewohnern, aber auch interessierten Altbewohnern, die Kurstadt Bad Homburg mit ihrer reizvollen Umgebung vorgestellt. Hier treffen sich  Kurstiftbewohner, die etwas über Bad Homburg erfahren oder erzählen wollen. Und im monatlich stattfindenden „Geburtstagscafé" feiern alle Geburtstagskinder des Vormonats miteinander im festlichen Rahmen ihren Geburtstag.

Abschied
Den Kurstiftbewohnern ist ein vertragliches lebenslanges Wohnrecht zugesichert - und bis auf einige wenige - machen alle davon Gebrauch. Unsere Lebenszeit wächst ständig an, aber eines Tages ist die Lebensuhr abgelaufen. Kurstiftbewohner machen da keine Ausnahme. Wenn ihre Endzeit gekommen ist, ziehen sie sich zumeist immer mehr in ihr vertrautes Apartment zurück. Und eines Tages zeigt eine weiße Rose vor der Tür an, dass hier ein Bewohner heimgegangen ist. Ein Abschiedsritual ohne Worte, das aber dennoch alles sagt.
Die monatliche Hausinformation des Kurstifts verkündet: „Wir trauern um" und listet darunter Namen und Daten der verstorbenen Hausbewohner auf. Aber schon auf der nächsten Seite zeigt ein „Herzlich Willkommen" und „Wir begrüßen unsere Neubewohner", die neu hinzukommenden Kurstiftbewohner an, die hier namentlich vorgestellt werden. Verabschiedungs- und Begrüßungsrituale liegen nahe beieinander in meinem neuen Zuhause.

Link:
http://www.kurstift.com



 
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