Äquatortaufe
                                   von Alfred Weiss
Die Äquatortaufe ist eines der ältesten Rituale der Seefahrt. In alten Segelschiff-Zeiten war sie oft grausam. Der Sinn der Taufe ist es, denjenigen, der den Äquator in Richtung Süden überquert, vom Dreck und Staub der nördlichen Halbkugel zu befreien.

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Äquatortaufe auf einem Dampfer, Quelle: Jürgen Stadelhofer

Neptun, der Herrscher aller Meere, kann es nicht ertragen, dass schmutzige, nicht getaufte Nord-Bewohner in diesem Zustand die südliche Halbkugel betreten. Wie kann eine solche Äquatortaufe nun aussehen?

Die Vorbereitung
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Neptun mit seinem Hofstaat, Quelle: w.roedle

Wenn das Schiff sich dem Äquator nähert, beginnt hektisches Treiben. Zunächst einmal muss festgestellt werden, wer schon getauft ist und wer nicht. Die bereits erfolgte Taufe muss mit einem amtlichen Beleg nachgewiesen werden. Die Taufaspiranten werden gefesselt und in ein Schapp gesperrt. Die Rollen der Akteure werden verteilt und besprochen. Das Schiff wird geschmückt und natürlich über die Toppen geflaggt. Und kurz vor Beginn werden die Täuflinge gesalbt, das heißt, sie werden mit Öl, Farbe und Dreck beschmiert.

Neptun kommt
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Neptun mit seinem Hofstaat, Quelle: w.roedle

Wenn die Sirenen ertönen, betritt Neptun das Schiff, in grünes Sackleinen gehüllt, mit Schwimmflossen an den Füßen, mit langem Bart und dem Dreizack in der linken Hand. An seiner Seite seine reizende Gattin Thetis in entsprechender Aufmachung. Begleitet wird Neptun von seinem Hofstaat, dem Pastor mit der großen Bibel und dem Doktor mit dem Riesen-Stethoskop. Von der anderen Seite kommt der Kapitän in voller Uniform und begrüßt den Meeresgott auf seinem Schiff. Er übergibt ihm das Kommando für die Zeit der Taufe.

Die Taufhandlung
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Der Doktor bei seiner Behandlung, Quelle: w.roedle

Eine beliebte Taufhandlung ist es, dass der Täufling durch einen Windsack kriechen muss. Auf der einen Seite hinein, möglichst schnell durch und auf der anderen Seite wird man von einem Schwall Seewasser begrüßt. Dazu noch die Frage: "Was gibst du?" Gemeint ist, wie viele Kästen Bier man zu stiften bereit ist. Denn anschließend soll ja noch kräftig getrunken werden.
Dann geht es noch zum Doktor, der den Täufling genau untersucht. Und sicher gibt es hier eine Tablette, die dem Kranken mit Gewalt in den Mund gesteckt wird und die ganz scheußlich schmeckt. Sie besteht überwiegend aus Küchenabfällen.

Das Taufbecken
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Der Täufling im Wasserbecken, Quelle: w.roedle

Nun ist es aber Zeit für eine Reinigung. Und dazu ist Wasser nötig. Deshalb ab ins Wasserbecken, wo der Täufling von kräftigen Männerarmen mehrfach unter Wasser gedrückt wird. Oder er wird gar am Fuß festgebunden und so hochgezogen, dass er kopfüber über dem Wasser hängt und mehrfach eingetaucht wird.
Nachdem man endlich nach bestandener Taufe aus dem Taufbecken entlassen wird, geht es noch zum Herrscherpaar, um ihm die Reverenz zu erweisen Dazu sind noch Thetis mit Staucherfett beschmierte Füße zu küssen. Zu guter Letzt geht es noch zum Pastor, der dem Täufling einen neuen Namen gibt.

Die Taufurkunde
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Äquatortaufe bestanden, Quelle w.roedle

Die Taufe schließt mit einem rauschenden Fest, bei dem das angesammelte Bier in Strömen fließt und bei dem vor allem ein begehrtes Papier ausgegeben wird: Die Taufurkunde, die einen bei der nächsten Äquatorüberquerung vor einer Wiederholung der Prozedur bewahrt.

Alle im Beitrag verwendeten Bilder sind für diese LernCafe-Ausgabe freigegeben.

Links

Es gibt viele Links zur Äquatortaufe. Hier sei verwiesen auf:
http://www.sedov-emden.com/vertelln/taufe.htm
http://www.philatel.net/Otto-Hahn/Aequatortaufe-frames.html
http://www.pust-norden.de/aequ.htm
Die Fotos von Willi Rödle stammen aus dieser Website:
http://www.w-roedle.de/equator/equat00.htm
Und hier gibt es auch noch mehrere Videos:
http://www.youtube.com/watch?v=pL1skE2JzZI

 
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