von Erna Subklew
Schon seit dem Neolithikum und der Bronzezeit lässt sich eine Besiedlung der Küsten des Bosporus nachweisen. Daher ist es nicht erstaunlich, dass es dort auch sehr früh eine Stadtentwicklung gab. So kann Istanbul ohne Unterbrechung auf ein mehr als 2 600jähriges Bestehen zurückblicken.
Die Meerenge des Bosporus als Verbindung von Schwarzem Meer und Marmara Meer war für die Griechen des Altertums von großer ökonomischer und strategischer Bedeutung. Gleichzeitig bot aber auch der an seiner schmalsten Stelle keinen Kilometer breite Bosporus eine gute Verbindung zwischen den beiden Kontinenten Europa und Asien.
Die erste Kolonie der dorischen Griechen lag auf der asiatischen Seite des Bosporus, an seinem südwestlichen Ausgang. Hier entstand auch die erste Stadt, die den Namen Kalchedon (Chalkedon) trug, das heutige Kadiköy. Nördlich von Kalchedon wurde wenig später ein zweiter Ort gegründet, Chrysopolis, das heutige Üsküdar. Und obwohl dessen Hafen sehr wichtig war, wurden dem Ort keine Stadtrechte gewährt. Chrysopolis gehörte zu Kalchedon.
Eine weitere Stadtgründung
Auch das europäische Ufer des Bosporus war zu jener Zeit schon besiedelt, und 17 Jahre nach der Gründung von Kalchedon gründeten die Thraker ebenfalls eine Stadt, die sie Byzantion nannten. Sie entstand da, wo sich heute das Topkapi Saray erstreckt, im Stadtteil Eminönü.
Aufgrund ihrer bevorzugten Lage wurden die Städte des Bosporus in den folgenden Jahrhunderten aber auch durch die vielen Kriege, die sich in dieser Gegend abspielten, in Mitleidenschaft gezogen und kamen oft unter Fremdherrschaft.
Beide Städte waren abwechselnd Mitglieder des Attisch-Delischen Seebundes oder des Peleponnesischen Bundes. 387 v. Chr. kam Kalchedon unter persische Herrschaft, wurde aber von Byzantion befreit.
196 v. Chr. wurde Byzantion „civitas liberale et foederata" und unter Kaiser Vespasian ins Römische Reich eingegliedert. Damit wurde es Rom steuerpflichtig, was die wirtschaftliche Blüte einschränkte.
Nach der Zeitenwende
Septimus Severus ließ 196 n. Chr. die Stadt zerstören, da sie seinen Rivalen unterstützt hatte. Erst auf die Fürsprache Caracallas wurde Byzantion wieder aufgebaut, um schon 258 n. Chr. wiederum, dieses Mal von den Goten, geplündert und zerstört zu werden.
Die Bedeutung der Osthälfte des Römischen Reiches wuchs beständig. Daher plante Konstantin, Byzanz zur Hauptstadt des Oströmischen Reiches zu machen. Die Fläche der Stadt wurde um das Fünffache vergrößert. Dadurch lag sie, genau wie Rom, auf sieben Hügeln. Um Rom auch sonst in nichts nachzustehen, bekam Byzanz ein Forum, ein Hippodrom, ein Kapitol und Bibliotheken. So wurde die Stadt zielstrebig zum Mittelpunkt von Verwaltung, Kultur und Wirtschaft ausgebaut, was sie auf den beiden letztgenannten Gebieten noch heute ist. Nach dem Tode von Konstantin wurde aus Byzanz Konstantinopel.
Konstantinopel
Im Laufe der Jahrhunderte schwankte die Einwohnerzahl von Konstantinopel sehr. Einmal stieg sie so enorm an, dass man im sechsten Jahrhundert Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung hatte, da die halbe Million Einwohner überschritten war. Dann wieder fiel sie durch Kriege und Katastrophen auf einige zehntausend zurück. Im zwölften Jahrhundert hatte Konstantinopel über 700 000 Einwohner.
Die Infrastruktur der Stadt übertraf alle damals bekannten Städte Europas. Aquädukte sorgten für eine ausreichende Wasserversorgung. Es gab Bäder und eine Kanalisation, Krankenhäuser übernahmen die Versorgung von Kranken, und es gab eine Feuerwehr und Polizei. Für die Bildung sorgten eine Universität und Bibliotheken. Die im sechsten Jahrhundert wieder aufgebaute Hagia Sophia wurde gar als das achte Weltwunder angesehen. Händler aus aller Welt verkauften im Basar ihre Waren. Für die arabischen Händler gab es sogar schon seit dem Jahre 718 eine Moschee.
Auseinandersetzungen
Die bevorzugte Lage Konstantinopels hatte auch ihre Nachteile, da die Stadt ständig in Kriege und Auseinandersetzungen verwickelt war. Das zunächst freundschaftliche Verhältnis zu Venedig, das in der nördlichen Stadt Handelsniederlassungen hatte, schlug in Hass und Misstrauen um, als die Venezianer ihre Auseinandersetzungen mit Genua und Pisa auf byzantinischem Boden austrugen. Dabei kam es zum Lateinerprogrom, das zur Konfiszierung venezianischen Besitzes führte. Das wiederum war der Anlass, dass die Stadt durch den Dogen Dandolo und die Kreuzfahrer angegriffen erobert wurde. Drei Tage lang wurde die Stadt geplündert und niedergebrannt. Nur schwer konnte sie sich von dieser Brandschatzung erholen.
Die Osmanen
Mit der Schlacht von Manzikert im Jahre 1071 hatten sich Turkvölker den Weg nach Kleinasien freigemacht. Das Oströmische Reich verlor ständig an Boden. 1324 hatten die Seldschuken unter ihrem Anführer Osman bereits Bursa erreicht und die Stadt zu ihrer Hauptstadt erklärt. Die Eroberungen gingen weiter, und die Heere waren bis auf das europäische Festland vorgedrungen. Nur Konstantinopel war noch nicht gefallen. Im Jahre 1453 aber wurde auch Konstantinopel in einer Nacht eingenommen. Das Byzantinische Reich bestand damals nur noch aus der Stadt selber und einigen Dörfern in der Umgebung - die Einwohnerzahl war auf 40 000 gesunken.
Die Osmanen in Konstantinopel
Stadtmauer
Obwohl die Stadt von der osmanischen Bevölkerung schon kurz nach der Eroberung Istanbul genannt wurde, behielt sie bis 1920 offiziell den Namen Konstantinopel bei. Das Wort Istanbul soll durch Wegweiser entstanden sein, die die Aufschrift „is - tam - boli" getragen haben sollen, nämlich: In die Stadt.
Die Osmanen ließen den dort lebenden Griechen weitgehend ihre Freiheit. Das griechisch- orthodoxe Patriarchat behielt bis heute hier seinen Sitz. Zu den christlichen Griechen und Italienern zogen im 17. Jahrhundert noch eine Viertel Million Armenier nach Konstantinopel.
Bei der Einnahme Konstantinopels waren die Osmanen auf dem Höhepunkt ihrer Macht und sie behielten die Stadt als Hauptstadt und Residenz. Dies manifestierte sich im Bau einer Vielzahl von Palästen und Moscheen. Die schönsten von ihnen baute der Architekt Sinan. Man eroberte ein Riesenreich, das von Nordafrika bis fast in die Mitte Europas reichte.
Fehlende Reformen, Korruption, die Abschottung gegen die Modernisierung führten zum Niedergang Konstantinopels. Am Ende des 19. Jahrhunderts sprach man vom Kranken Mann am Bosporus. Der gemeinsam mit den Deutschen verlorene Erste Weltkrieg besiegelte den Untergang des Osmanischen Reiches
Links
Im Internet gibt es viele Beiträge zu Byzanz, Konstantinopel und Istanbul.
Kulturhauptstadt Istanbul
Der antike Hafen im Goldenen Horn
Sehenswürdigkeiten Istanbuls
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