von Marie-Luise Schwelm
Sammelleidenschaft
trifft Stil und Naturverbundenheit: Eines der schönsten Museen ist
das Kröller-Müller-Museum in Otterlo, denn hier wird Kunst zum
Spaziergang. Dem Ehepaar Anton Kröller und Helene Müller verdanken
Park und Museum ihre Existenz.
Das
Museum
geht zurück auf die Kunstsammlung der deutschstämmigen
Helene Kröller-Müller (1869-1939). Die in Essen-Horst geborene
Helene Müller war Tochter eines Stahlindustriellen, der über sein
Handelsunternehmen auch über Geschäftsbeziehungen in die
Niederlande verfügte. 1888 heiratete sie Anton Kröller (1862-1941),
den Sohn des Leiters des Rotterdamer Büros der Firma und zog nach
Den Haag. Hier besuchte sie ab 1907 Lehrstunden über Kunstgeschichte
beim renommierten Kunsthistoriker H.P. Bremmer. Dieser blieb ihr
Leben lang ihr wichtigster Berater in künstlerischen Angelegenheiten
und gab die wesentlichen Impulse beim Aufbau der Sammlung. Die ersten
bedeutenden Ankäufe waren 1909 drei Werke Vincent van Goghs:
"Sonnenblumen", "Die Säer" und "Stillleben
mit Flasche und Zitrone".
Französischer Berg
Nach
dem Ankauf der Hoge Veluwe in der Provinz Gelderland als Jagd- und
Reitgebiet für die Kröller-Müllers entschied sich das Paar nun
hier für einen separaten Museumsbau, die der Architekt Berlage
entwerfen sollte. Ab 1916 arbeitete Berlage an den Entwürfen für
das zu bauende Museum. Kurz darauf kam es zum Zerwürfnis zwischen
dem Architekten und der Sammlerin und die beauftragte nun Henry van
de Velde mit Entwürfen für ein Museum beim Französischen Berg. Van
de Veldes Entwurf für die Kröller-Müllers fand die Zustimmung der
Sammlerin. Der auf 6 Millionen veranschlagte Bau wurde 1921 begonnen.
Ein Jahr später, als bereits der Unterbau fertig gestellt war, kam
es wegen der internationalen Rezession und den damit verbundenen
wirtschaftlichen Schwierigkeiten zum Baustopp. Dieses Gebäude ist
nie zu Ende gebaut worden.
Das Provisorium
1910 kam Frau
Kröller-Müller angesichts des Erbes der Medici (es waren die
prachtvollen Museumsbauten in Florenz) erstmals der Gedanke, ihre
Sammlung in einem eigenen Haus der Öffentlichkeit zu zeigen. Im Haus
Lange, Voorhout I in Den Haag eröffnete sie ein erstes, privates
Museum. Für einen Neubau fanden mit verschiedenen Architekten lange
Diskussionen über Entwürfe statt, die alle nicht zur Ausführung
kamen. Erst nachdem die inzwischen aus über 4000 Zeichnungen, 275
Bildhauerarbeiten und mehreren Hundert Gemälden bestehende Sammlung
1935 als Schenkung in den Besitz des niederländischen Staates
gelangte, entstand als Provisorium
der Kern des heutigen Museumsbaus östlich von Otterlo. Lange vor
1935 hatte das Ehepaar mehrere Architekten beauftragt, einen
Museumsbau zu entwerfen. Aber alle vorgelegten Zeichnungen konnten
Frau Kröller-Müller nicht überzeugen.
Die Stiftung
Das
Jagdhaus und das gesamte Gebiet der Hoge Veluwe sind 1935 in eine
Stiftung überführt worden, während die Kunstsammlung der
niederländische Staat erhielt. Diese Schenkung erfolgte unter der
Bedingung, dass auf dem Gebiet der Hoge Veluwe unter der Leitung des
Architekten Henry van der Velde innerhalb von fünf Jahren ein Museum
für die Kunstsammlung zu bauen sei. In den Jahren 1937 bis 1938
entstand ein Übergangsmuseum als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der
Regierung unter der Leitung von van de Velde, das Provisorium.
Dieser schlichte Bau ist bis heute der Kern des Museums und
beherbergt die Sammlung. Ein Erweiterungsbau aus den Jahren 1972-1977
entwarf der niederländische Architekt Wim G. Quist. Hier sind die
Räume für Wechselausstellungen untergebracht.
Das
Ausstellungsprogramm
des Museums konzentriert sich auf das 19. und
20. Jahrhundert. Mittelpunkt der Sammlung sind Werke von Vincent van
Gogh. Mit 272 Zeichnungen und Gemälden dieses berühmten Künstlers
zählt sie zu den größten der Welt. Neben alten flämischen
Meistern und französischen Künstlern sind Arbeiten aus dem
abstrakten Oeuvre von Piet Mondriaan zu sehen. Aber auch George
Seurat, Pablo Picasso und Fernand Léger haben ihren Platz an den
Wänden gefunden. Nachfolgend drei großartige Werke des
Impressionisten Vincent van Gogh, die dort ausgestellt sind.
Straße
mit Zypressen Mai 1890
In diesem Bild hat eine
reale Landschaft durch die Kraft der Begeisterung van Goghs einen
überirdischen Charakter bekommen. Die zentrale Anordnung der
Zypresse zwischen Sonne und Mond mit ihren weiten Lichthöfen drückt
eine Verbundenheit des Künstlers mit seiner Vision aus. Einen
Gegensatz dazu bilden die Figuren auf der Straße, das Pferd mit dem
gelben Karren und das ferne, beleuchtete Haus. Als Elemente eines
schlichten Realismus in dieser abendlichen Szene haben sie ihren
bestimmten Platz in der Bewegung des visionären Ganzen.
Blühender
Pfirsichbaum März 1888
Nach Vincent van Goghs
Meinung war dieses Werk das Beste, was er je gemalt hat. Dieses Bild
widmete er seinem Vetter Mauve. Er schrieb auf das Werk Souvenir
de Mauve. Felder, Bäume
und Wolken sprechen in eindrucksvoller Sprache von der Gewalt der
Natur.
Cafeterrasse am Abend September
1888
Vincent van Gogh beschreibt sein Gemälde
am Place des Thermes folgendermaßen: "Auf der Terrasse sitzen
kleine Figuren beim Trinken. Eine riesige gelbe Laterne beleuchtet
die Terrasse, die Vorderseite des Hauses, den Gehsteig und wirft ihr
Licht sogar auf das Straßenpflaster, das eine rosaviolette Tönung
annimmt. Die Häuserfassaden der Straße, die sich unter dem blauen
Sternenhimmel hinzieht, sind dunkelblau oder violett, davor ein
grüner Baum."
Van Gogh machte es ungeheuren Spaß, die Nacht
an Ort und Stelle zu malen.
Link
Website des Museums ,
leider nur in niederländisch und englisch
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