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Das Naturhistorische Museum Wien
                                von Lore Wagener
Die Welt im Museum! - Das trifft auf das Wiener Naturhistorische Museum voll zu. Dieses Haus betreut etwa 20 Millionen Objekte aus der Erdgeschichte und der Entwicklung der Natur und zeigt die interessantesten Exponate in seinen Schausammlungen.
 

Kaiserliche Naturaliensammlung

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Kaiser Franz I. 1773; von Franz Messmer; Foto El bes

Das Museum beherbergt seit 1889 die riesigen Naturaliensammlungen der habsburgischen Monarchen. In der Wiener Hofburg hatte es schon lange „Wunderkammern" gegeben, die auch Naturalien enthielten. Die schätzte man aber nicht wegen ihrer wissenschaftlichen Bedeutung, sondern eher wegen ihrer Kuriosität. Erst mit der Aufklärung wuchs das Verständnis für naturwissenschaftliche Forschung. Kaiser Franz I. (Franz Stephan von Lothringen, der Gatte von Kaiserin Maria Theresia) begann 1748 mit dem gezielten Aufbau seines Naturalienkabinetts. Sein erster Ankauf war eine große Sammlung, die unter anderem Mineralien und Fossilien enthielt. Nach seinem Tod berief Kaiserin Maria Theresia 1776 einen bedeutenden Mineralogen zum Leiter der Sammlungen. In dessen Amtszeit wurde das kaiserliche Naturalienkabinett zu einem europäischen Zentrum der mineralogischen Forschung. Außerdem öffnete die Kaiserin das Kabinett nun zweimal wöchentlich für das Publikum.

Tier- und Pflanzenkabinette

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Kaiser Franz II. (1792 -1835) hatte ebenfalls ein Faible für die Naturalienkabinette. 1807 erwarb er Exponate für ein Pflanzenkabinett. In sein neues zoologisches Kabinett kamen zunächst die Jagdtrophäen der Habsburger, die bis auf Kaiser Maximilian (1564) zurückgingen, sowie eine Sammlung präparierter Tiere und Insekten. Das Präparieren war damals noch eine neue Technik, ausgestopfte Tiere also etwas Besonderes. Sie wurden in künstlichen Landschaftsdioramen präsentiert, allerdings ebenso Stopfpräparate von Menschen fremder Rassen. Darüber wurde bereits in unserem Lerncafe Nr.44 berichtet (Link unten). Die heiklen menschlichen Stopfpräparate wurden 1848 bei einer Beschießung der Hofburg vernichtet. Bei dieser Schießerei verbrannten leider auch unersetzliche Funde, die Wiener Gelehrte in Brasilien für die Kabinette gesammelt hatten. Kaiser Franz I. hatte sie in dieses Land geschickt, nachdem der dortige Kronprinz Dom Pedro sein Schwiegersohn geworden war.

Hofkabinette

Die Naturalienkabinette machten dank kaiserlicher Förderung und hervorragender Gelehrter gute Fortschritte. Die Gelehrten brachten Ordnung in die Sammlungen und bauten alle Abteilungen zu bedeutenden Forschungszentren aus. Unter Kaiser Franz Joseph (1830-1916) gewann das Museum umfangreiche neue Sammlungen hinzu. Bereichert wurden die Bestände auch durch die Weltumseglung der kaiserlichen Fregatte „Novara" in den Jahren 1857 bis 1859, an der mehrere Forscher teilnehmen durften. Kaiser Franz Joseph war es auch, der die Wiener Festungswälle schleifen ließ. Damit schaffte er Platz für die berühmte Wiener Ringstraße, an der nicht nur die prächtigen Ringstraßenpalais, sondern ebenfalls repräsentative öffentliche Bauten entstanden. Darunter war auch das Naturhistorische Museum am Maria-Theresienplatz, mit dessen Bau die Architekten Gottfried Semper und Carl Hasenauer beauftragt waren.
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Quelle: Wikipedia Commons; Foto Gryffindor



Das Gebäude

Semper hatte die Idee eines „Gesamtkunstwerks". Außenfronten und Innenräume sollten in Architektur, Plastik und Malerei zu einer harmonischen Einheit mit dem Inhalt des Museums werden. Außen wurden historische Stilelemente, vor allem der Renaissance, verarbeitet. So entstand auf einer Fläche von 170 mal 70 Metern ein Gebäude mit einer prächtigen Außenfassade und reichem Figurenschmuck, der das Thema „Natur" aufnahm. Die Kuppel wurde von einer Bronzestatue des griechischen Sonnengottes Helios gekrönt. Pracht und Thematik setzten sich im Inneren fort, Eingang und Treppenhaus wären eines Schlosses würdig gewesen. Hier bildete das Deckengemälde „Kreislauf des Lebens" von Hans Canon den Höhepunkt.
Die eher nüchternen Schausäle mit den vielen Glaskästen wurden streng systematisch geordnet. Aufgelockert wurde dies durch passende Wandbilder bedeutender österreichischer Landschaftsmaler. Nach dem Tode Sempers im Jahre 1879 vollendete der Co-Architekt Carl Hasenauer den Bau.

Wissenschaftliche Abteilungen
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Fassade Zoologie; Foto Matthias Kabel

Die Sammlungen wurden so groß, dass die Räume des Museums letztlich doch nicht ausreichten. Daher wurde es später um vier klimatisierte Tiefgeschosse erweitert und das Dachgeschoss ausgebaut. Die völkerkundliche Abteilung wurde 1927 in die Neue Burg ausgelagert und bildet heute das eigenständige Völkerkundemuseum. Zurzeit hat das Museum zehn wissenschaftliche Abteilungen, die von der Mineralogie und Petrographie über die Geologie und Paläontologie, die Botanik und Prähistorie zur Karst- und Höhlenkunde und zu den drei zoologischen Abteilungen reichen. Auch die Ökologie hat eine eigene Abteilung. Das Archiv für Wissenschaftsgeschichte ist eines der weltweit größten und kostbarsten Archive der Artenvielfalt, der Mineralien, Meteoriten und der urgeschichtlichen Zeugnisse. Es wird zunehmend wichtiger, weil es unersetzliches Material über bereits ausgestorbene oder aussterbende Arten enthält, zum Beispiel über die Stellersche Seekuh, die 1768 verschwand (siehe Link)-

Schausammlungen
Betritt der Besucher das Museum, so ist er zunächst von der Pracht des Interieurs beeindruckt. Hier hat sich die k. u. k. Monarchie ein eindrucksvolles Denkmal gesetzt. Dann muss der Besucher entscheiden, wohin er will, denn die über 8700 Quadratmeter umfassende Ausstellung mit 39 Sälen kann er bei einem Tagesausflug nicht bewältigen. Vielleicht sieht er sich zuerst Österreichs bekanntestes Fundstück an, die 25000 Jahre alte „Venus von Willendorf", oder die riesigen Saurierskelette. In der Mineralogischen Abteilung kann er kostbare Edelsteine und Mineralien, unter anderem einen 117 kg schweren Riesentopas, bewundern. Oder er informiert sich im Obergeschoss über die Artenvielfalt der Tiere von den Einzellern bis zu den höheren Säugetieren. In Saal 21, genannt „Microcosmos", kann er mit Hilfe modernster optischer Geräte die Welt der Mikroorganismen erkunden. In den Sälen zur Geschichte des Menschen gibt es heuer eine Sonderausstellung.

Darwins rEvolution
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Beagle-Schiffskabine; Pressebild NHM Wien

Drei Säle Sonderausstellung über Charles Darwin, den Schöpfer der modernen Evolutionstheorie. Im ersten Saal geht es um den Menschen Darwin (1809 - 1882), der aus einer reichen englischen Arztfamilie kam und später eine Lady aus der Porzellandynastie Wedgewood heiratete. Schon während seines Theologiestudiums interessierte er sich mehr für die Natur, sammelte Käfer und Muscheln und fand Anleitung zu exakter Naturbeobachtung. Sein Schlüsselerlebnis hatte er dann während der fünfjährigen Vermessungsfahrt auf der HMS Beagle in den Jahren 1831 bis 1836, an der er als Begleiter des Kapitäns teilnahm. Die abenteuerliche Expedition führte unter anderem von Amazonien nach Patagonien, von den Galapagos- auf die Cocos-Inseln, nach Tahiti, Tasmanien, einigen Südseeinseln, Neuseeland und Australien und um das Kap der guten Hoffnung. Und überall machte Darwin seine biologischen Studien und vergleichenden Beobachtungen, die ihn schließlich zu seiner Evolutionstheorie führten.

Evolutionstheorie

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Zucht; Pressebild NHM Wien

Darwin machte die entscheidende Beobachtung, dass sich die gleichen Tierarten in unterschiedlichen Lebensräumen verschieden entwickelten. Sie passten sich jeweils ihrem Lebensraum an. Daraus schloss er, dass die Entwicklung eines Lebewesens über einen großen Zeitraum erfolgt und nicht durch einen einmaligen Schöpfungsakt. Die Bewohner dieser Erde haben also einen langen Entstehungsprozess hinter sich, bis sie zu dem wurden, was sie heute sind. Nach Darwins Theorie haben sich alle Lebewesen aus gemeinsamen Vorfahren entwickelt. Die jeweils stärkeren und klügeren, die besser an ihren Lebensraum angepasst waren, überlebten und konnten sich weiterentwickeln. So entstand die heutige biologische Vielfalt der Arten, die Biodiversität. Diese wird dem Besucher im zweiten Saal an vielen Beispielen vor Augen geführt.
Im dritten Saal geht es dann um die Wissenschaft in der Zeit nach Darwin, etwa um Genetik und Molekularbiologie. Star ist hier wohl die Totenmaske des Klonschafes „Dolly".

Internet-Präsentation
Das Naturhistorische Museum hat eine gut aufgemachte Homepage (siehe Link). In die Kopfleiste sind zahlreiche Links eingebunden. Mit einem Klick auf „Rundgang" kann man sich Bilder vom Museum ansehen. Klickt man auf „Schausammlungen", so öffnet sich ein Fenster, auf dessen rechter Seite man einzelne Sammlungsgebiete anklicken kann. Wenn man dort klickt, sieht man Bilder von Objekten der betreffenden Sammlung. Diese lassen sich durch Mausklick vergrößern und dazu gibt es dann jeweils eine Beschreibung. Empfehlenswert ist auch ein Klick auf „Panorama". Dort kann man sich jeweils durch weitere Klicks Panoramen aus verschiedenen Perspektiven anschauen. Ein Klick auf „Sonderausstellungen" führt zur Ausstellung "Darwins rEvolution", die noch bis zum 5. April läuft.

Links
Naturhistorisches Museum Wien

Zäher Ritt auf der Schildkröte

Charlies Darwin

Ein Afro-Sklave im kaiserlichen Wien

Stellersche Seekuh


Bildlizenzen
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