von Erdmute Dietmann-Beckert
Stimmt
es, dass das Wort „Kindergarten"
als
Erfindung des 19. Jahrhunderts in zwanzig Sprachen der Welt
unübersetzt übernommen wurde? Wer hat dieses Wort gefunden? Diese
Fragen beantwortet ein kleines, feines Museum in Bad Blankenburg im
Thüringer Wald.
Das
<Haus über dem Keller> und seine Geschichte
Haus über dem Keller
Dieses
Gebäude wurde 1839 Friedrich Fröbel, dem Ehrenbürger der Stadt
Blankenburg, als Spiel und Beschäftigungsanstalt zur Verfügung
gestellt. Das Haus ist an den Berg gebaut und verbindet die Esplanade
mit der darunter liegenden Johannisgasse über eine Treppe. Die
Kellergewölbe mit einem Karzer lassen vermuten, dass es aus dem 14.
Jahrhundert stammt und dass es sich um das ursprüngliche Rathaus der
Stadt handelt. Es steht unter Denkmalschutz. Zum 200. Geburtstag
Friedrich Fröbels 1982 wurde es von der Stadt Blankenburg, seit 1911
Stadt Bad Blankenburg, umfassend restauriert. Es beherbergt seitdem
das Fröbel-Museum. Außer den Informationen zu Fröbel gibt es ein
Archiv und eine Bibliothek. Wie ich erfahre, kommen jedes Jahr viele
Besucher aus dem In- und Ausland. Ich betrete das Haus von oben und
stoße auf die Büste Fröbels mit dem markanten Kopf und den
schulterlangen Haaren. An der Wand hängt eine Tafel mit den
Lebensdaten.
Friedrich Fröbel - Kindheit und Jugend
Porträtzeichnung
Friedrich Wilhelm August
Fröbel wird am 21. April 1782 in Oberweißbach Thüringen unweit
Rudolstadt als sechstes Kind der Familie Johann Jakob und Jakobine
Eleonore Friederike Fröbel geboren. Der Vater ist Pfarrer und
Schulaufseher. Die Mutter stirbt noch bevor der kleine Friedrich ein
Jahr alt ist. Seine ersten Kinderjahre sind geprägt von wenig Wärme
und großer Einsamkeit. Das ändert sich, als er mit zehn Jahren in
die Familie seines Onkels kommt. Der ist der Bruder seiner Mutter und
Superintendent in Stadtilm. Hier blüht der junge Friedrich auf. In
der Schule interessiert ihn aber außer Mathematik nur die Botanik.
Deshalb sammelt er wie schon früher Pflanzen und Steine, was nicht
zu einem guten schulischen Abschluss führte. Deshalb beginnt er eine
Lehre als Feldmesser, die er jedoch mit einem „ungenügenden"
Zeugnis beendet.
Universität und Broterwerb
Im Winter
1799/1800 beginnt Fröbel das Studium der Naturwissenschaften an der
Universität Jena. Nach vier Semestern landet er wegen Verschuldung
im Karzer. Der Vater löst ihn aus, aber Friedrich muss zurück ins
Elternhaus. Im Februar 1802 stirbt sein Vater. Die Tafel an der Wand
informiert mich über den weiteren Lebensweg. Im Frühjahr findet
Friedrich in Baunach eine Anstellung als Feldmesser. Ein Jahr später
wechselt er nach Bamberg. Hier soll ein Landgut vermessen werden. Auf
dem Gut Groß-Miltzow bei Neubrandenburg lebt er als Privatsekretär.
Im Juni 1805 befindet sich Fröbel in Frankfurt in einer
Musterschule, die im Sinne Pestalozzis arbeitet. Für zwei Wochen
wandert er zu Pestalozzi in die Schweiz, um diesen kennen zu lernen.
Zurück in Frankfurt wird er ab 1806 bei Familie von Holzhausen als
Hauslehrer angestellt. Zwei Jahre lebt er mit den Kindern in einem
Gartenhaus der Familie, für zwei weitere zieht er mit diesen in
Pestalozzis Schule nach Iferten.
Studium, Krieg, schließlich
Kindergarten
Im Juni 1811 immatrikuliert sich Fröbel an der
Universität Göttingen für das Studium alter Sprachen und
naturwissenschaftlicher Fächer. Im November 1812 belegt er in Berlin
das Fach Kristallographie, und er hört Vorlesungen bei Johann
Gottlieb Fichte. Als die Freiheitskriege im März 1813 beginnen,
meldet sich Fröbel in das Lützow'sche Jägerkorps. Anfang August
1814 wird er als Assistent am Mineralogischen Institut der
Universität Berlin angestellt. Die Professur, die ihm angeboten
wird, lehnt er ab. Sein Bruder war gestorben und hatte drei Söhne
hinterlassen. In Griesheim/Thüringen später Keilhau gründet
Friedrich Fröbel 1816 die „Allgemeine deutsche Erziehungsanstalt".
Hier entwickelt er die Pädagogik, die ihn zur Gründung des
„Allgemeinen Deutschen Kindergartens" führt. Mit dieser
Einrichtung soll allen Kindern im Vorschulalter eine „ihrem ganzen
Wesen entsprechende Betätigung" gegeben werden.
Fröbels
Pädagogik
In der Keilhauer Zeit verfasst Fröbel sein Hauptwerk:
Die
Menschenerziehung.
„Entwicklung, Erziehung und Ausbildung des Menschen sollen in der
dreifachen Richtung seines Wesens, seiner Tatkraft, seines Empfindens
und Denkens" gefördert werden. Fröbel will, dass Unterricht
anschaulich ist. Im Spiel sind die Kinder denkend tätig. Dazu
entwickelt er die Spielmaterialien, die er „Gaben" nennt, die
Kugel, den Zylinder, den mehrfach zu teilenden Würfel. Diese sind in
einem Schaukasten im Original zu sehen. Sie sind in bestimmten
Anordnungen zu Formen des täglichen Lebens oder der Natur: Blume,
Haus ausgestellt.
Spielgaben
Fröbel
will die Bedeutung der frühen Bildung bekannt machen. Das ist auch
das Thema in der aktuellen pädagogischen Diskussion. In allen
Gemeinden sollen jetzt Vorschulklassen eingerichtet werden. Wie
solche Einrichtungen aussehen könnten, ist im Museum zu sehen. Junge
Besucher finden ein Spielzimmer, in dem sie sich mit Fröbels „Gaben"
beschäftigen dürfen.
Fröbels Wohnräume
Fröbels erste
Ehefrau, Henriette Wilhelmine geb. Hoffmeister, hat eine genaue
Beschreibung ihrer Wohnung in Bad Blankenburg hinterlassen. Nach
diesen Aufzeichnungen sind ein Wohnzimmer und ein Arbeitszimmer im
Museum zu sehen. Vor dem original erhaltenen Schreibsekretär steht
neben dem Biedermeierstuhl auch ein Ohrensessel. Das Wohnzimmer
bietet Platz für Kinder. Fröbel war die Erziehung in der Familie
wichtig, vielleicht wegen der Erfahrung seiner eigenen Kindheit. Er
muss ein verständnisvoller Erzieher gewesen sein, ein Mensch mit
einer Ausstrahlung. So jedenfalls wirkt sein Bild auf mich.
Wirkungsgeschichte
Friedrich Fröbels Kleinkindpädagogik
und die Einrichtung seiner Kindergärten in Deutschland und in der
Schweiz setzten neue Maßstäbe. Hier und dort wurden Kurse für
Lehrer angeboten. In Preußen aber gab es 1851 ein Verbot für die
Fröbelschen Kindergärten, das bis 1860 gültig blieb. Aus heutiger
Sicht kann die Gründung des Kindergartens als eine pädagogische
Revolution bezeichnet werden, nicht zuletzt, weil auch Frauen
berufstätig werden konnten. Nach Fröbels Tod 1852 sorgte seine
zweite Ehefrau Luise geb. Levin für die Verbreitung seiner Pädagogik
bis nach St. Petersburg. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war
seine Kleinkindpädagogik schon in der Welt bekannt. Die
Museumsleiterin erzählt mir, dass kürzlich ein leitender Pädagoge
aus Japan das Haus besucht habe. Ich steige zum Abschluss noch einmal
die Stufen hinauf und betrachte das Foto von Fröbels Grabmal in
Schweina. Hier lese ich sein Motto:
„Kommt,
lasst uns unsern Kindern leben!"
Literatur
Heiland, Helmut. Fröbel. Hamburg 1982.
Rockstein,
Margitta. Kindergarten. Bad Blankenburg 2004
Internet: Manuskript
Bayern 2 - radioWissen Autorin: Gabriele Bondy,
Redaktion:
Bernhard Kastner. O.D.
Kindergartenpädagogik - Online-Handbuch
Hg. Martin R. Textor
Links
Fröbels Lebensweg v. Manfred
Berger
Geschichte
des Fröbelmuseums
Fröbel-Museum
in Bad Blankenburg
Fröbels
pädagogisches Vermächtnis
Kita
mit biometrisch. Zutrittskontrolle
Education
for All UNESCO Bericht
Bilder
mit Genehmigung des Museums
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