von Sibylle Sättler
Welch
klangvolle Namen verbinden sich mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus,
und wo ließen sich Glanz und Ruhm bedeutender Theater-Epochen
lebendiger halten als im Theatermuseum der Landeshauptstadt!
Entstehung
des Theatermuseums
Hofgärtnerhaus; Foto Marek Gehrmann
Das
Theatermuseum, 1938 als privates Theaterarchiv des „Schauspielhauses
Düsseldorf (Dumont-Lindemann)" gegründet, ging durch die Stiftung
von Gustav Lindemann 1947 in den Besitz der Stadt Düsseldorf über.
1978 begann ein regelmäßiger Ausstellungsbetrieb, und 1981 wurde
das Theaterarchiv mit seinen Bereichen Museum, Archiv und Bibliothek
in „Theatermuseum" umbenannt. „Jahrhundert des Schauspiels.
Düsseldorfer Schauspielhaus" titelt der von Dr. Winrich Meiszies,
dem Direktor des Theatermuseums, 2006 herausgegebene Bildband. Das
Theatermuseum befindet sich seit 1988 an seinem jetzigen Standort,
dem Hofgärtnerhaus, in Nähe des 1970 erbauten Schauspielhauses und
der Oper. Im Schauspielhaus findet man die Bronzebüsten von Gustav
Lindemann und Louise Dumont, die auch eine Schauspielschule ins Leben
riefen.
Aufgaben eines Theatermuseums
Das Theatermuseum
sammelt, archiviert, präsentiert und vermittelt deutsche
Theatergeschichte am Beispiel der Stadt Düsseldorf und der Region.
Aus Anlass seines 60jährigen Bestehens 2007 wurde am 1.6.2007 die
Dauerausstellung „Museum für Zuschaukunst - Theater: an art to go"
eröffnet.
Neben den Ausstellungen und Veranstaltungen können
auch die Quellen zur Theatergeschichte in den Sammlungen bzw.
entsprechende Literatur und andere Informationsmittel zum Theater und
seiner Geschichte in der Bibliothek genutzt werden. Die Bibliothek
befindet sich im Museum und ist öffentlich zugänglich. Namhafte
Theaterfotografen haben die Schauspieler bei ihren Aufführungen
begleitet und für die Nachwelt festgehalten. Das Düsseldorfer
Theatermuseum ist übrigens das einzige unabhängige in Deutschland.
Die Sammlungen
Die umfangreichen Sammlungen spiegeln den
Wandel des Theaters in all seinen Facetten wider. Schwerpunkte der
Sammlungen bilden heute:
Das Höfische Theater im 16. und 17.
Jahrhundert
Bergisches Deutsches Theater unter J.G. Wohlbrück
(1805 - 1813)
Immermanns „Musterbühne" (1834 -
1837)
Reformtheater unter Dumont-Lindemann (1904 -
1932)
Nachkriegstheater unter Langhoff, Gründgens und Stroux
(nach 1945)
Kabarett: Das Düsseldorfer Kom(m)ödchen
Theaterszene
Düsseldorf: Kammerspiele, Boulevardtheater, freie Theatergruppen,
Marionettentheater
Theater in Nordrhein-Westfalen
Die
Sammlungen befinden sich seit 2005 an einem zweiten Standort im
Stadtteil Bilk.
Historische Objekte bilden eine Fundgrube für
die Phantasie. Masken, Kostüme, Bilder, Ton-, Video-/Film- und
Textdokumente vermitteln Ereignisse auf der Theaterbühne, ihre
Geschichte und Erinnerungen.
Museum in Bewegung
Das
Überraschende an dem Theatermuseum ist, dass hier Vergangenheit auf
lebendige Gegenwart trifft, da das Theatermuseum in Düsseldorf als
einziges in Deutschland über eine Bühne mit 60 Zuschauerplätzen
verfügt, auf der neben professionellen Produktionen aus dem
Düsseldorfer Schauspielhaus oder der freien Szene auch
Schultheater-Aufführungen oder eigene, mit Jugendlichen erarbeitete
kleinere Produktionen zu sehen sind. Neben der Dauerausstellung
finden regelmäßig jährliche Sonderausstellungen,
Theateraufführungen, Reihen und Diskussionen über Theater- und
Opernaufführungen statt; daneben gibt es museumspädagogische
Angebote und Workshops. Unter dem im Jahre 2007 initiierten
„Düsseldorfer Jugend-Kulturkonzept" werden vermehrt Masken- oder
Papiertheater-Workshops für junge Leute abgehalten. Auch für kleine
Gäste ab 3 Jahre gibt es eine Bühne.
Theatralische Zeitreise
in Epochen
Diese Zeitreise lässt sich unterteilen in:
Aufbruch
in die Moderne 1905 - 1932
Der „Geist" der neuen Zeit (Theater
im Exil) 1933 - 1945
Die geschenkte Freiheit 1945 - 1946
Das
vergoldete Zeitalter 1947 -1972
Die junge Generation probt den
Aufstand 1972 - 1986
Bild/Körper/Sprache/Die ästhetische
Vielfalt des Theaters 1986 - 2006
Die Schauspielerinnen 1947 -
1972
Am 15.9.1947 stellte sich Gustaf Gründgens (GG) in der
Titelrolle der Tragödie „König Oedipus" (Sophokles) den
Düsseldorfern vor.
Der Zeitraum 1947 - 1972 am Düsseldorfer
Schauspielhaus unter der Ägide von GG (1947 - 1955) und Karl-Heinz
Stroux (1955 - 1972) wird „das vergoldete Zeitalter" genannt.
(Quelle: „Jahrhundert des Schauspiels. Düsseldorfer
Schauspielhaus")
Beide Intendanten brachten „ihre"
Schauspieler aus Berlin oder Hamburg mit nach Düsseldorf. Zu ihren
Ensembles gehörten bei den Frauen: Sybille Binder, Elisabeth
Bergner, Käthe Dorsch, Elisabeth Flickenschildt, Joana Maria Gorvin,
Heidemarie Hatheyer, Marianne Hoppe, Hilde Krahl, Hermine Körner,
Gisela Mattishent, Lola Müthel, Maria Wimmer. Veronika Bayer, Eva
Böttcher und Nicole Heesters entwickelten sich unter der Ägide
Gründgens/Stroux zu unverwechselbaren Darstellerinnen.
Die
Schauspieler 1947 - 1972
Gründgens als Hamlet Foto VArchBot
Durch
GG wurde Düsseldorf zur Sprechtheater-Metropole
Nachkriegsdeutschlands.
In den frühen Jahren des „vergoldeten
Zeitalters" tauchen bei den Männern illustre Namen auf: Ewald
Balser, Hans Caninenberg, Ernst Deutsch, Rudolf Forster, O.E. Hasse,
Attila Hörbiger, Werner Krauß, Helmut Lohner, Theo Lingen, Bernhard
Minetti, Wolfgang Reichmann, Karl Schley, Joachim Teege, Matthias
Wiemann, Adolf Wohlbrück.
Außerdem gab es an keinem anderen
deutschen Theater in den späten Jahren des „vergoldeten
Zeitalters" eine brillantere Schauspielergarde als in Düsseldorf
mit Wolfgang Arps, Martin Benrath, Klaus Maria Brandauer, Werner
Dahms, Günther König, Peter Kuiper, Karl Heinz Martell, Wolfgang
Reinbacher, Walter Schmidinger, Heinrich Schweiger, Klaus Jürgen
Wussow und Otto Rouvel, der mit seiner eher beiläufigen Spielweise
zur Säule des Ensembles wurde.
Rückblick - Eklat zur
Eröffnung 1970
Die Grundsteinlegung des neuen Düsseldorfer
Schauspielhauses fand am 16. Mai 1965 statt in der Ära Stroux. Zur
Eröffnung am 16. Januar 1970 mit der Premiere zu „Dantons Tod"
waren nur geladene Gäste gebeten. 1970 verstand die Jugend das im
Sinne von „Der Bürger muss draußen bleiben". Massive Proteste
waren die Folge mit Sprüchen wie: „Bonzen raus!" Schüler und
vor allem Studenten der Kunstakademie traten mit farbigen
Wurfgeschossen auf den Plan. Das Polizeiaufgebot war beträchtlich.
Weitere Ursachen des Protests waren die Verschwendung von
Steuergeldern (der Bau wurde sehr viel teurer als geplant) und die
ausgefallen geschwungene Architektur des Baus. Zu dieser Zeit
stellte das Düsseldorfer Schauspielhaus das modernste
Theater-Bauwerk Europas dar (ohne Rang und Loge) mit Großem und
Kleinem Haus und der modernsten technischen Einrichtung.
Ein
freudiges Ereignis 2010
Jetzt, ganz aktuell, wurden am 17. Januar
2010 in einer Matinée im Kleinen Haus 40 Jahre Düsseldorfer
Schauspielhaus am Gustaf-Gründgens-Platz begangen, in Zusammenarbeit
mit dem Theatermuseum Düsseldorf. Und kommen konnten diesmal alle,
die an Theater interessiert sind, bis Überfüllung drohte. Evelyn
Balser war auch da. Zeitzeugen von damals betraten die Bühne, unter
anderen der frühere Generalintendant Günther Beelitz (1976 - 1986)
im Gespräch mit dem Schauspieler Wolfgang Reinbacher, der seit
Jahrzehnten zum Düsseldorfer Ensemble gehört, der Leiter des
Theatermuseums, Dr. Winrich Meiszies, der vor 40 Jahren auf der
Protestlerseite stand, „sich aber seit 30 Jahren in tätiger Reue
übt", und Günther T. Strang, ehemaliger Projektleiter des
Düsseldorfer Architekten Bernhard Pfau. Pfau 1970: „Gott schenke
dem Haus alle Zeit viel Applaus!"
Große Zukunftspläne
Das
Theatermuseum Düsseldorf koordiniert außerdem ein großes
internationales Forschungs- und Ausstellungsprojekt
„Hamlet.Europe.Transfer" über einen Zeitraum von 2008 bis 2011.
Hier fand auch die Auftaktkonferenz vom 2. - 5. 10. 2008 statt. Mit
diesem Projekt wird die Zusammenarbeit zwischen Archiven, Museen,
Forschungseinrichtungen und ausübenden Künstlern gefördert. Die
Ausstellung soll weltweit auf Wanderschaft gehen.
Mit der
nächsten Sonderausstellung zu Marianne Hoppes 100. Geburtstag ist
das Deutsche Theatermuseum, München, ab 18. Februar 2010 im
Düsseldorfer Museum zu Gast.
Das Produktionsarchiv des
Kom(m)ödchens mit seinem Fundus aus fast 50 Jahren wurde dem
Düsseldorfer Theatermuseum 2009 zur Verfügung gestellt. Es soll
eine Ausstellung über die ehemalige Prinzipalin des Kom(m)ödchens,
Lore Lorentz, erarbeitet werden.
Link
Theatermuseum
Düsseldorf
„Jahrhundert
des Schauspiels. Düsseldorfer Schauspielhaus", Dr. Winrich
Meiszies, Droste Verlag Düsseldorf, 24,95 EUR
Beide Fotos
unter der Lizenz Creative Commons
(CC)
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