Die Arbeitsgruppe stellt sich vor
- Renate Bowen, Hamburg -
 


Heimat und Fremde in meinem Leben

Fragebogen  Zum Fragebogen            Erkenntnisse  Persönliche Erkenntnisse und Erfahrungen

Als ich meine Heimatstadt Hamburg verließ, um einen Job in Düsseldorf anzunehmen, war ich noch jung. Arbeitskräfte waren Raritäten. Das Verlassen der Heimat wurde sogar honoriert. Man bekam pro Halbjahr eine Heimreise von der Firma finanziert. Ein neuer Freundeskreis, die Gründung einer Familie liessen Düsseldorf zur Heimat werden, bis ich 1979 einen neuen Lebensabschnitt begann.
In den USA erlebte ich, was es heißt fremd zu sein, wie die Kultur einfließt in die Sprache, wie geprägt man ist durch die Heimat.
Ich bin erst 1997 nach Deutschland zurückgekehrt, nach Hamburg. Ich sagte mir, "back to the roots". Zum Glück fühle ich mich nicht fremd in der Heimat.

top  Seitenanfang

Fragebogen zum Thema Heimat
  1. Was ist für Sie Heimat (Geburtsort? Wohnort? Wohnort der Eltern? Sonstiges? Und warum?)
    Für mich ist der Ort Heimat, in dem ich geboren bin und zur Schule gegangen. Es ist ein Wohlgefühl mich in der bekannten Gegend zu bewegen. Es sind Orte der Erinnerung. Dazu gehören auch die Verwandten und Freunde.
     
  2. Haben Sie sich schon einmal über den Begriff Heimat unterhalten oder Gedanken gemacht, und wie ist dabei argumentiert worden?
    Für viele Menschen bezieht sich der Begriff Heimat auf einen Ort, an dem sie Bindungen an liebe Menschen haben. Es ist ein Ort der Vertrautheit. Mit dem Begriff Heimat verbinden sich immer Emotionen.
     
  3. Welche Rolle kann Ihrer Meinung nach bei dem Begriff Heimat die Sprache oder der Dialekt spielen?
    Durch die Sprache geben wir zu erkennen, wie lange wir uns in dem Gebiet befinden, in dem wir wohnen. Die Sprache grenzt uns aus. Erst duch die Aneignung der Sprache kann ein fremdes Land zur Heimat werden.
     
  4. Wie ist Ihre Meinung zu der Ansicht, dass jemand zwei Heimaten haben kann?
    Da der Begriff Heimat für so viele Menschen unterschiedliche Bedeutung hat, ist es sicher möglich auch zwei Orte als Heimat zu empfinden. Ich habe ein gutes Gefühl des mir Vertrautem, kein Gefühl der Fremde, wenn ich wieder nach New Jersey komme. Die Bezeichnung "Heimat" würde ich im Zusammenhang mit den USA für mich nicht benutzen.
     
  5. In welchem Zusammenhang ist Ihnen der Begriff Heimat in Büchern, Presse, Funk etc. schon begegnet, und wie wurde er dort verwendet? Welche Verwendungsweisen schienen Ihnen sinnvoll welche nicht?
    Ich denke, nach unseren Überlegungen über die Bedeutung des Wortes Heimat in Bad Urach bin ich aufmerksamer geworden, wenn von Heimat gesprochen wird. Klaus Mann schreibt in seinem Buch "Der Wendepunkt", dass er seine politische Heimat in Deutschland schon vor seiner Immigration verloren hatte. Ich dachte mir, wie fremd man sich in seiner Heimat vorkommen muss, wenn das politische System plötzlich totalitär ist, nationalsozialistische Ziele verfolgt. Eine Gesellschaftsordnung verbinden wir auch mit dem Wort Heimat.
     
  6. Kann es Ihrer Meinung nach sein, dass die Kinder und Enkel eine andere Vorstellung von Heimat haben, und wie unterscheidet diese sich von der Meinung der Eltern bzw. Großeltern?
    Die veränderten Lebensbedingungen werden bestimmt für jede Generation ein anderes Heimatbild bedeuten, was aber keineswegs heisst, dass es für sie nicht dieses Gefühl von Heimat in Verbindung mit einem bestimmten Ort geben wird. In jeder Generation haben junge Menschen einen anderen Bezug zur Heimat und zur Herausforderung der Fremde.
     
  7. Was kann Ihrer Meinung nach bei der Feststellung: HIER IST MEINE HEIMAT alles eine Rolle spielen?
    Ich glaube, der Ausspruch setzt ein Gefühl der Übereinstimmung mit den Lebensumständen, in denen man lebt, voraus. Es muß das passende soziale Umfeld vorhanden sein. Es muß Möglichkeiten geben die Bedürfnisse an Kultur oder Natur zu befriedigen.
top  Seitenanfang

Meine persönlichen Erkenntnisse und Erfahrungen mit dem Projekt Heimat und Fremde

Durch meine persönliche Erfahrung im Ausland hat mich das Thema Heimat bei dem Workshop in Bad Urach im August 2000 sofort interessiert.
Menschen, die durch Zeiten des Hungers gegangen sind, wissen den Wert der Nahrung anders zu schätzen. Wer dieses Gefühl des Vermissens durchlebt hat, erkennt ganz schnell den Wert der Heimat. Das hat mich damals überrascht und enttäuscht. Es entsprach nicht meiner Vorstellung von mir, ich war doch Weltbürger, cool und offen allem Neuen gegenüber.
Bei der Beantwortung unserer Fragebögen äußerten sich einige ähnlich, deren Einstellung offensichtlich nicht im Ausland auf die Probe gestellt wurde. Ich fühle mich bereichert durch die Behandlung des Themas "Heimat" nach vielen verschiedenen Aspekten. Fortführen könnte man die Themenkomplexe bestimmt für weitere Jahre. So gibt es z.B. im Studienverzeichnis für ältere Erwachsene an der Universität Hamburg im Sommersemester 2002 eine Lehrveranstaltung mit dem Titel - "Heimat" in Exiltexten von Frauen.
Es war für mich neu, an einer virtuellen Lerngruppe mitzuarbeiten. Meine Beteiligung war sehr schwach, was mich teilweise belastet hat. Das hat zu manchen Zeiten bei mir ein schlechtes Gewissen erzeugt. Vielleicht müsste man sich absprechen, was von der Gruppe toleriert werden kann. Ich hatte technische Probleme, weil mein Computer ausfiel und war jedes Jahr mehrere Wochen im Ausland Am Anfang des Projektes war es nicht klar, wen man um Hilfe bitten konnte, um wieder den Anschluss zu finden. Später war Volkmar unglaublich bemüht, die technischen Voraussetzungen für uns alle zu schaffen.
Als unbedingt notwendig für das Gelingen so eines Projektes betrachte ich die Beteiligung einer Person, die koordiniert, Vorschläge macht, die ganz einfach Führung übernimmt. Ich bin geneigt zu sagen, die realen Treffen waren eine weitere Voraussetzung für die Zusammenarbeit. Im Chat wird das Gruppengefühl sehr gefördert. Es waren für mich nur positive Stunden, die wir gemeinsam beim Chatten verbracht haben. Ich danke der Gruppe dafür. Besonders erwähnen möchte ich auch die Anregung von Peter an einem Wochenende, eine bestimmte Zeitung zu kaufen, weil das Thema "Heimat" behandelt wurde. Diese Übermittlung an eine Gruppe mit wenig Aufwand, das bietet eben das Netz. Mir hat das sehr gefallen.
Ich habe gelernt, dass es nicht gut ist, eigene Ideen sofort fallen zu lassen. Ich hätte gerne viel mehr Fragebögen von europäischen und amerikanischen Freunden ausfüllen lassen. Weil ein Mitglied der Gruppe einen Internet Anschluss als unbedingt notwendige Voraussetzung betrachtet hatte, habe ich mich weder um die Beantwortung durch Freunde mit Anschluss noch um die anderen bemüht. Es wäre besser in solchen Fällen, die Meinung der ganzen Gruppe zu einer Idee einzuholen. Diese Fragebögen wären wohl später doch akzeptiert worden.
Aus der ganz spezifischen Lebenslage ergibt sich für alle im Netz zusammen arbeitenden Menschen ein unterschiedliches Bedürfnis. Hamburg bietet an seiner Universität einen großen Fächerkatalog. Ich bin weniger an der Vermittlung von Texten interessiert als von den persönlichen Auslegungen. Ich finde es interessant zu wissen, warum ein Text so oder so analysiert wird durch die einzelnen Gruppenmitglieder, gerade wenn die Auffassungen differieren und von der eigenen abweichen. Der Austausch kann stimulierend wirken.
Dieses ganz persönliche einbinden der Lernenden halte ich für einen wichtigen Punkt, der sich durch dieses neue Medium bietet, das die Distanzen überwindet.

top  Seitenanfang      back  Zurück       Wenn Sie Fragen haben: E-Mail an Renate Bowen