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Kurt



Dohm beschreibt ein "normales" Frauenleben der Agnes Schmidt im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts im spießigen Milieu der mittleren Beamtenbürokratie, als Kind im Elternhaus und als Frau im eigenen Hausstand. Wie ein roter Faden zieht sich durch diese Lebensabschnitte die Tatsache, dass das weibliche Wesen sich unterzuordnen und einzufügen hat, um Eltern und Ehemann zu gefallen, was sie auch tut. Als Kind verletzt sie das Vorziehen des Bruders, auch wenn dieser den Eltern Sorgen bereitete, als Ehefrau war das Leben ohne Höhepunkte und Tiefen kein Abbild dessen, was sie sich durch das Lesen von Klassikern und sinnigerweise Marlitt-Literatur vorgestellt hatte .Nach der Verheiratung der Töchter lebte sie in der Hoffnung auf ein erfüllteres Leben, was aber durch die Krankheit und 8 Jahre lange, pflichtgemäße Pflege des Gatten sich nicht erfüllte.
Bei dem Besuch ihrer Tochter wird ihr durch den Ausspruch eines Enkelkindes klar, dass sie nur eine Witwe ist, der man nicht zugehorchen braucht .Auch diese Bemerkung bringt sie dazu, sich langsam zu öffnen, besucht Galerien, macht Ausflüge, bemerkt aber keine Akzeptanz als alleinstehende und zudem noch alte Frau. Eine Erbschaft, die sie mit schlechtem Gewissen den Töchtern verschweigt, lässt sie den Schritt in eine andere Welt wagen, sie verreist. An der Nordsee genießt sie die steife Brise, die Sonnenreflexe, völlig neue Eindrücke, die ihren Horizont erweitern. Doch dem rauen Norden sollte der weiche Süden folgen, Florenz, Capri, duftendes Italien ,zärtliche Luft, Blumen ohne Ende. Sie fühlt sich jung, unverbraucht, auf Hochzeitsreise ohne Partner . Doch dann sieht sie im Hotel einen jungen Arzt, in den sie sich unsterblich platonisch verliebt. In Ihrer Fantasie durchlebt sie diese Liebe als ein Geschenk des Himmels, als Ausgleich für die Freudlosigkeit ihres bisherigen Lebens. Der siebzigjährige Goethe durfte ein junges Mädchen lieben, warum darf das eine alte Frau nicht einmal platonisch tun ? Ist sie durch das Capri-Erlebnis doch die geworden, die sie eigentlich war?

Hedwig Dohm hat in vorderster Reihe der Frauenbewegung des 19. Jahrhundert für die Anerkennung und Gleichberechtigung der Frau gekämpft und auch mit den Grundstein gelegt, dass das Frauenbild sich in der heutigen Zeit radikal geändert hat. Vielleicht hat die fiktive Figur der Agnes Schmidt und ihr von D. beschriebenes Schicksal ein ganz klein wenig dazu beigetragen, die Emanzipation der Frau voranzubringen. Für mich ist die Erzählung, abgesehen von Formalien und kleinen Unstimmigkeiten, ein gelungenes Stück Zeitgeschichte, das ich gerne gelesen habe.

Astrid Lindgren : "Es steht in keinem Gesetz, dass alte Weiber nicht auf Bäume klettern dürfen."