Eine Exkursion ins Blaue Land

Das war die größte und wohl auch interessanteste Exkursion von ViLE-Lübeck unter dem Vereinsmotto „Forschendes Reisen“: Für fünf Tage – vom 29. Juni bis zum 4. Juli 2015 - aus dem hohen Norden nach Bayern, um das Blaue Land zu erkunden. Bei großer Sommerhitze war ein kleines Hotel am Starnberger See der feste Standort für unsere  Entdeckungsreise. Auf dem Programm standen vier Museen sowie  Kirchen, historische Klosteranlagen und in Verbindung mit unserem Projekt „Auf dem Weg zur Energiewende“ die Besichtigung des größten deutschen Wasserkraftwerks.

Als Blaues Land wird das oberbayerische Voralpenland rund um den Staffelsee bezeichnet. Man spricht von wechselnden bläulichen Lichtstimmungen, die viele Maler inspirierten. Murnau ist das Zentrum  einer losen Künstlervereinigung, die ihren Namen von dem Kunstalmanach „Der Blaue Reiter“ bezieht, den Wassily Kandinsky und Franz Marc herausgaben. An fünf Orten besichtigten wir die Werke des deutschen Expressionismus, die meist in der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg entstanden.

Das Buchheim-Museum in Bernried

Zu Beginn unserer Exkursion stand das Buchheim-Museum in Bernried auf unserem Reiseprogramm. Direkt am Starnberger See, mit dem Wasser durch einen zwölf Meter über dem Wasser schwebenden Steg verbunden, findet man den eindrucksvollen Bau des Architekten Günter Behnisch. Er hat versucht, mit dem Bau der überbordenden Sammelleidenschaft des 2007 gestorbenen Museumsgründers Lothar Günther Buchheim gerecht zu werden.


Museum der Phantasie



Blick vom Steg

Das Haus, das Buchheim „Das Museum der Phantasie“ nannte, enthält  vier Sammlungen unter einem Dach. Im Zentrum steht die berühmte Expressionistensammlung mit Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Druckgraphiken.

Zwei Sammlungen, eine großartige Ausstellung

Im Buchheim–Museum bot sich bei unserem Besuch eine einmalige Gelegenheit: Die Sammlungen von zwei in den Expressionismus vernarrten Kunstliebhabern - Lothar-Günther Buchheim und Henri Nannen – vereint zu sehen.

Die Kernforderung in Buchheims Testament lautete seinerzeit, dass in seinem Museum am Starnberger See nur Bilder und Objekte aus dem eigenen Sammlungsbestand gezeigt und aus den wertvollen Beständen nichts verliehen werden darf. Das hatte noch bis zum Jahr 2014 Bestand.

Doch der Stiftungsrat änderte die Satzung. So kam es erstmals zur Zusammenarbeit des Museums mit der Kunsthalle Emden. Beide stellen ihre Kernbestände im Wechsel dem Partner zur Verfügung. Dieser grandiose Tausch auf Gegenseitigkeit führte zu dieser eindrucksvollen Ausstellung.

Aus Emden kamen an die 100 Meisterwerke, um sich mit den Bildern der Buchheim-Kollektion zur Schau "Expressionisten" zu verbinden. Im September gehen ebenso viele Bilder und Zeichnungen aus Buchheims Beständen auf Reise in den Norden – erstmals seit der Gründung des Bernrieder Hauses vor 14 Jahren.

Zu Lebzeiten stritten sich Lothar-Günther Buchheim und Henri Nannen öffentlich. Diese Ausstellung bringt nun die Werke beider Sammler zusammen. Und zeigt, wie ähnlich sie sich doch waren. Buchheim und Nannen haben mit Corinth, Beckmann, Feininger, Kirchner, Heckel, Pechstein, Schmidt- Rottluff, Nolde, Mueller, Jawlensky und Dix gemeinsame Sammlungsschwerpunkte.



Der großzügige Ausstellungsaal


Unterschrift: Führung durch die Ausstellung

Unsere Gruppe ViLE-Lübeck hatte mit Sibylle Thebe – zu unserer Überraschung eine gebürtige Lübeckerin - eine kompetente Führerin durch die Ausstellung.
(Text Annegret/Horst, Fotos Horst)

In Murnau

Am Nachmittag desselben Tages gab es in Murnau gleich mehrere Besichtigungen. Zunächst die achteckige Kirche St. Nikolaus mit ihrem seitlichen Turm, das Grab der Malerin Gabriele Münter auf dem Friedhof  und das Murnauer Schloßmuseum.

Blick auf das Schloßmuseum
Das Museum besitzt ebenfalls einen großen Bestand von Werken der Sammlung Blaue Reiter.

Das Münter-Haus

Danach besichtigten wir das Münter-Haus in Murnau. Gabriele Münter erwarb es 1909. Es war ein wichtiger Treffpunkt für die Maler des Blauen Reiter. In ihrem Haus in Murnau am Staffelsee lebte die Malerin zusammen mit Wassily Kandinsky von 1909 bis 1914.


Das Münter-Haus
In dieser Zeit empfingen die beiden Künstler viele Besucher, Sammler, Kritiker und Malerfreunde, u.a. Marianne von Werefkin und Alexej von Jawlensky, Franz Marc und August Macke. Bei den Murnauern wurde das Haus aufgrund Kandinskys russischer Herkunft auch „Russenhaus“ genannt.

Einen großen Teil von Kandinskys Frühwerk rettete Gabriele Münter vor dem Zugriff der Nationalsozialisten, die seine Bilder als entartete Kunst brandmarkten. Sie versteckte Kandinskys Kunstwerke im Keller ihres Hauses. Zu ihrem 80. Geburtstag schenkte Gabriele Münter 1957 diese Werke der Stadt München. Sie sind im Lehnbachhaus ausgestellt und gehören zu den wichtigsten Bestandteilen des Museums.

Bei unserer Besichtigung des idyllisch gelegenen Hauses beeindruckte  die zauberhafte Ausstattung mit Originalmöbeln, Gemälden und vielen anderen Exponaten.

Von 1931 bis zu ihrem Tode im Jahre 1962 lebte die Künstlerin Gabriele Münter mit ihrem späteren Lebensgefährten, dem Kunsthistoriker Johannes Eichner, in ihrem Haus in Murnau.
(Text Annegret, Fotos Margret)

Das Franz-Marc-Museum

Auch am dritten Tag unserer Entdeckungsreise galt dem Expressionismus. Für den Maler Franz Marc hat eine private Stiftung 1986 ein Museum in Kochel am See gegründet. Es ist auf einem recht steilen Berghang idyllisch in die Natur eingebettet, um Leben und Werk des Künstlers zu würdigen. Seit 2008 gibt es einen würfelförmigen Neubau.

Gezeigt werden außer den Werken Marcs auch die bedeutender Zeitgenossen wie Paul Klee, Willi Baumeister oder Ernst Ludwig Kirchner. Das Haus kommt ohne öffentliche Zuschüsse aus. Zu unserer Überraschung war Sibylle Thebe, die wir schon im Buchheim-Museum kennenlernten, unsere Führerin durch die Ausstellung.

Neubau des Marc-Museums
Der Neubau von 2008 stellt mit seinen großen Fenstern einen Dialog zwischen der Natur und der Kunst her.

Fenster wie ein Gemälde

Ein Blick auf die Gebirgskette mit Herzogstand und Kochelsee erscheint wie ein Gemälde.

(Text Annegret, Fotos Annegret, Horst)


Ebenfalls am Rande Kochels findet man das Wasserkraftwerk Walchensee. Unser Bericht über die riesige Anlage steht im Projekt „Auf dem Weg zur Energiewende“.

Das Kloster Benediktbeuern

Der dritte Tag unserer Reise endete mit einem Besuch des Klosters Benediktbeuern unweit des Kochelsees. Die heutige barocke Form der Klosteranlage stammt aus den Jahren 1669 bis 1679.

Ehemals eine Abtei der Benediktiner ist das Kloster  heute u.a. eine Niederlassung des Ordens der Salesianer, beherbergt das Zentrum für energetische Altbausanierung und Denkmalpflege der Fraunhofer Gesellschaft, zeigt die als Museum eingerichtete historische Glashütte Fraunhofers und ist das Trachten-Zentrum des Bezirks Oberbayern.



Der mächtige Klosterbau


Kirche in barocker Pracht

Die Klosterkirche St. Benedikt  ist eine der bedeutenden Barockkirchen  Oberbayerns. Beeindruckt hat uns der prächtige, mit Stuck verzierte Innenraum. Die Gewölbebilder gelten als die frühesten Fresken der altbayerischen Barockkunst.

(Text Horst/Ursula, Quellen Kloster und Wikipedia, Fotos Margret, Horst)

Das Lenbachhaus in München

Der dritte Tag der Erforschung des deutschen Expressionismus führte die Lübecker ViLE-Gruppe von Tutzing aus nach München. Das Museum Lenbachhaus besitzt in seinen Sammlungen eine Vielzahl von Bildern aus dem Umfeld des Blauen Reiters.

Durch die großzügige Schenkung Gabriele Münters anlässlich ihres 80. Geburtstags gelangte die Kunst des ›Blauen Reiter‹ mit herausragenden Werken der Künstlerin und ihres langjährigen Lebensgefährten Wassily Kandinsky sowie ihrer Künstlerfreunde in diese Städtische Galerie. Der Bestand wurde durch spätere Ankäufe ergänzt, so daß das sich Museum von einer kommunalen Einrichtung mit lokaler Orientierung zu einem Ort der Klassischen Moderne wandelte. Ein Muss für alle Expressionismus-Fans.

Gabriele Kunkel führte die Lübecker

Beeindruckend der Neubau, den der berühmte Architekt Sir Norman Foster vor einigen Jahren dem historische Lenbachhaus überstülpte. Eine Wand des alten Gebäudes begrenzt die Eingangshalle des Museums.


Die riesige Eingangshalle

Das Lenbachhaus hat inzwischen alle lokalen Bezüge überwunden. Mit der Erwerbung von Joseph Beuys’ zeige deine Wunde 1979 sei eine Neuorientierung der Ankaufspolitik eingeleitet worden, schreibt das Haus in seinen Informationen. Man erwerbe nun auch nationale und internationale Kunst der Gegenwart für die Sammlungen. Wir konnten eine Beuys-Abteilung besichtigen, die bereits über mehrere Ausstellungsräume umfasst.
(Text Horst/Annegret, Fotos Axel)

Das Kloster Andechs

Es blitzte und donnerte gerade, als wir am letzten Tag unserer Exkursion das Kloster Andechs besuchten. Es ist eine eindrucksvolle Anlage auf einem steilen Hügel – genannt der Heilige Berg - in der Voralpenlandschaft. und auch bekannt wegen seines guten Bieres, das in der Klosterbrauerei hergestellt wird.


Die Wallfahrtskirche


In der Kirche

Andechs ist seit 1128 als Wallfahrtsort bezeugt. Ausgangspunkt sind die sogen. Herrenreliquien, die auf Christus verweisen. Anfang des des 16. Jh. wurde Andechs in den zeitbedingten Niedergang des kirchlichen  Lebens hineingezogen. Klösterliche Disziplin und die Zahl der Pilger ließen nach und die wirtschaftlichen Verhältnisse wurden schwieriger.
Der hl.  Schatz musste mehrmals in Sicherheit gebracht werden -  nachzulesen in der Andechser Chronik von 1595.

Die Wallfahrts- und Klosterkirche ist trotz ihrer Rokoko-Ausstattung ein spätgotischer Bau. Wir betreten den Kirchenraum durch eine niedrige Vorhalle und kommen in die dreischiffige Dreipfeilerhalle, bestehend aus Chor, Mittelschiff und Seitenschiffen. Die frei im Raum an den Pfeilern stehenden Seitenaltäre ermöglichen auch im Innern ein Umschreiten des Heiligtums (Wallfahrt).

Mit der Säkularisation 1803 begannen für den Heiligen Berg wechselvolle Jahre von deren Aufhebung bis zur Wiederbesiedelung.-
(Text Ursula, Foto Margret, Axel)

Das Marienmünster zu Dießen

Nach dem Besuch in Kloster Andechs bringt uns ein kleiner Dampfer an das Süddwestende des Ammersees. Schon von weiten ist unser letztes Ziel der Reise, der schlanken Turm des Dießener Marienmünsters über den Häusern der Stadt zu sehen.

Nach einem kurzen Anstieg stehen wir vor einer der schönsten Kirchenfassaden Bayerns. Sechs schmale Pilaster gliedern die Fassade in fünf Achsen in ein- und ausschwingendem Rhythmus. Die Front ist nur sparsam verziert mit christlichen Symbolen: das Auge Gottes auf der Spitze der Fassade, Vasen mit Sternen, Maria, die Schutzpatronin der Kirche, Augustinus, der Ordensheilige.

Die Kirche war im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden. Auch ein Neubau ab 1720 missglückte und wurde wieder abgerissen. Das heutige Münster wurde 1732 begonnen und bereits im September 1739 eingeweiht.

Das Marienmünster
Daß der Gesamteindruck der Kirche so geschlossen und harmonisch wirkt, ist sicher der so kurzen Bauzeit zu danken, in der sich keine neuen Stilrichtungen entwickeln konnten. Allerdings gab es im Lauf der letzten ca.150 Jahren etliche Sanierungen. Die langwierigste begann 1985. Dabei wurde auch der Turm nach alten Plänen rekonstruiert. Die Arbeiten wurden 1990 abgeschlossen. Erst 2010 wurde die Kirche wieder geöffnet.


Wir betreten die Kirche durch eine kleine Tür im Süden und befinden uns in einem Vorraum mit zwei Seitenkapellen, deren Darstellungen auf Anfang und Ende des menschlichen Lebens hinweisen: Die Taufkapelle im Norden, in der ein Engel (von Johann Baptist Straub) über dem Taufbecken schwebt, die südliche zeigt einen Christus in Ketten und darunter menschliche Gestalten im Fegefeuer. Verbunden werden die Kapellen durch die darüber liegende Orgelempore

Der Kirchenraum
Blickt man von hier in den einschiffigen Kirchenraum - überspannt von einem Tonnengewölbe und endend in einem quadratischen Chor - beeindruckt uns ein Raum, der ganz von Licht erfüllt ist. Er wird gegliedert von Wandpfeilern mit 8 Altären, vier auf jeder Seite, deren Gemälde thematisch aufeinander bezogen sind. Zwei der Gemälde sind von den bekannten Venezianischen Künstlern Pittoni  und Tiepolo geschaffen worden.

Die Gliederung des Raumes ist angelegt wie eine barocke Theaterkulisse, die belebt ist von Engeln, Putten, Heiligen und verziert mit Wand- und Deckenstuck mit floralen, ornamentalen und figürlichen Motiven. Die Deckenfresken von Joh.Georg Bergmüller zeigen nicht wie üblich Geschichten aus der Bibel oder Heiligendarstellungen, sondern stellen Szenen aus der Geschichte des Klosters dar.

Vor dem Hochaltar stehen die doppelt überlebensgroßen hölzernen Statuen der Kirchenväter. Der über 20 m hohe und 14 m breite Altar zeigt auf seinem Altarbild die Himmelfahrt Mariens. Das 14 m hohe Bild kann versenkt werden und im Laufe des Kirchenjahrs. z.B. zu Weihachten oder Ostern,  anderen Darstellungen Platz machen.
(Text Ingeborg, Fotos: Margret, Axel)

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