Halberstadt, ein Ort der Vielfalt

Die Bundesregierung verlieh Halberstadt 2008 den Titel „Ort der Vielfalt“.Damit wollte man den zu 82 Prozent zerstörten, einstmals geschichtsträchtigsten und schönsten Ort in dieser Harzregion, ein besonderes Merkmal verleihen, damit die Tourismusströme die bisher überwiegend nach Quedlinburg und Wernigerode reisen vielleicht auch in das einstmals prächtige  Halberstadt kommen.

Halberstadt wurde am 8.April 1945 durch ein Flächenbombardement der Amerikaner fast völlig zerstört. Damit wurde  eine Jahrtausend alte geschichtsträchtige Bischofsstadt dem Erdboden gleich gemacht. Eine völlig sinnlose Zerstörung. Nur drei Tage später wurde die Stadt besetzt.

Wie durch ein Wunder überlebten im Wesentlichen die drei größten Kirchen mit dem dazu gehörigen Domplatz und der Kurienbebauung das Bombardement.

Mich interessierte diese Geschichte und auch der Wiederaufbau in der DDR-Zeit sowie die Entwicklung nach der Wende. Deswegen fuhr ich am Tag als die Gruppe zum Brocken wanderte, nach Halberstadt.


Der Markt nach dem Wiederaufbau

Erste Überraschung: Direkt neben dem Bahnhof fährt eine Straßenbahn in die Innenstadt. Obwohl Halberstadt nur knapp 40.000 Einwohner hat, war man so klug, nach dem Krieg die Straßenbahn beizubehalten.

Ich nutzte diese kleine Stadtrundfahrt, um mir die Platten-Bebauung der DDR anzusehen.


Rathaus Halberstadt

Je näher man der Innenstadt kam, desto moderner wurden die Gebäude, die offensichtlich nach der Wende entstanden. Am Rathausplatz angekommen sah ich einen historisierenden Neubau hinter dem sich ein stattliches Rathaus befand. Beim Näherkommen merkte ich, dass auch die Fassade vollkommen neu war und  nur die alten Stilelemente aufgegriffen wurden.


Die Halberstädter Martinikirche

Der Wiederaufbau hat den historischen Grundriss im wesentlichen beibehalten. Die prägenden Elemente sind die drei hintereinander liegenden Kirchen. Neben dem Rathaus die Martinikirche, eine gotische Hallenkirche, die einst Ratskirche war. Sie wurde zwischen 1250 und 1350 gebaut. Obwohl sie stark zerstört war, wurde schon 1954 die Wiedereinweihung gefeiert.


Der bronzene Taufkessel

Sie verfügt über kostbare Ausstattungsstücke, wie einen bronzenen Taufkessel aus dem 13/14. Jahrhundert, eine Kanzel von 1595 und die Gröninger Orgel als Geschenk Friedrichs des Großen


Der Dom zu Halberstadt

Nur einen Steinwurf davon entfernt liegt der großartige und berühmte Dom. Der Dom St. Stephanus und St. Sixtus ist eine der bedeutendsten gotischen Kathedralen Deutschlands. Er ist eine langgestreckte dreischiffige hoch- bis spätgotische Basilika. Der Bau wurde im Jahre 1236 begonnen und  erst nach 255 Jahren geweiht. Beim Betreten des Domes kommt unwillkürlich Demut und Ergriffenheit auf. Der riesige Dom gliedert sich in zwei Teile. Das Hauptkirchenschiff  für die Gemeinde und der durch einen Lettner getrennte Chor, der nur den Priestern und Bischöfen vorbehalten war.


Der Chorraum des Doms

Trotz Kriegsverlusten sind[ bedeutende gotische Glasfenster erhalten geblieben. Im Chorraum ist noch das gotische Chorgestühl (um 1400) erhalten. Nach einer einstündigen Führung konnte ich auch die Schatzkammer besichtigen, die sich in über dem Kreuzgang gelegenen Räumen befindet. Dort werden die ältesten Wandteppiche Europas aus dem 11. Jahrhundert aufbewahrt. gefertigt aus Seide und Wolle.


Die Liebfrauenkirche

Nun machte ich mich auf den Weg über den riesigen Domvorplatz -  beidseitig mit den teilweise erhaltenen Domkurienhäusern bebaut - zur dritten Kirche, der ältesten: der Liebfrauenkirche aus dem Jahre 1146. Sie ist eine im mittel- und norddeutschen Raum einmalige viertürmige romanische Pfeilerbasilika.

Beim Betreten bin ich von der Klarheit und Nüchternheit des romanischen Baus überrascht. Nichts lenkt ab, keine Bilder, keine Gemälde. Im Gegensatz zum Dom bin ich der einzige Besucher.


In der Liebfrauenkirche

Im westlichen Stadtbereich unterhalb der Liebfrauenkirche befindet sich die Unterstadt, die zum Teil von den Bomben verschont wurde. Hier gibt es noch zahlreiche Fachwerkhäuser, die inzwischen alle saniert wurden, dazu viele Neubauten aus der Zeit nach der Wende und aus heutiger Zeit.

Mein Fazit: Auch Halberstadt ist einen Besuch wert.

Text und Fotos Axel (21.10.2016)

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