Sie hatte wie wenige Frauen, die sich als Künstlerin berufen fühlten, den Mut, die Konventionen zu sprengen und aus der tradierten Rolle auszubrechen.
Ida Boy-Ed wurde als letztes von 10 Kindern in Hamburg-Bergedorf geboren. Der von ihr sehr bewunderte und geliebte Vater Marquart Ed, Druckereibesitzer und Herausgeber der angesehenen „Eisenbahnzeitung“ , in dem z. B. Heinrich Mann seine ersten Texte veröffentlichte, war befreundet mit Hamburger Literaturgrößen wie Gutzkow und Hebbel. In dieser freisinnig aufgeklärten literarischen Atmosphäre wuchs Ida auf. Schon früh versuchte sie sich mit dem Schreiben von kleinen literarischen Texten. Nachdem die Familie 1865 nach Lübeck übergesiedelt war, heiratete sie 17-jährig den dort ansässigen Kaufmann Carolus Boy. Der Unterschied zur geistigen Welt des Elternhauses hätte nicht größer sein können: im Haus Boy herrschte geistige Enge und ausschließlich auf wirtschaftliche Nützlichkeitserwägungen basierende Lebensführung, ebenso ein konservatives Frauenbild, das strenge Anpassung an diesen Lebensstil verlangte. Die phantasiebegabte und nach geistigen Anregungen hungernde Frau suchte für sich den Ausweg durch Schreiben zu ihrer eigenen Individualität zu gelangen, eine Tätigkeit, die im Hause Boy mit Unverständnis und Herablassung betrachtet wurde. Sie schickte einige Ihrer Arbeiten an Zeitschriften und Verlage und als endlich ein Roman im Frankfurter Journal abgedruckt wurde, wagte sie den Schritt aus der häuslichen Enge, sie ging im Herbst 1878 nach Berlin. Drei ihrer Kinder ließ sie bei einer Schwägerin zurück, Karl, den sechsjährigen Ältesten, nahm sie mit. Obwohl das Berliner Tageblatt ihr als freie Mitarbeiterin die Theaterkritiken übertrug, konnte sie sich in der Stadt nicht durchsetzen, das Honorar reichte kaum zum Leben, darüber hinaus zwang ihre Familie sie, den Sohn nach Lübeck zurückzuschicken. „Die Freiheit mit der Trennung von meinen Kindern zu erkaufen, war niemals mein Wunsch gewesen.“ (Lehrling….) So entschied sie sich nach eineinhalb Jahren zurückzukehren“. Nach ihrer Rückkehr schrieb sie unermüdlich weiter, 1882 wurde ihr erstes Buch veröffentlicht, und als die Firma ihres Mannes bankrott ging, musste sie mit ihren Büchern die Familie ernähren. Nach dem Tod ihres Mannes betrieb sie einen literarischen Salon und beeinflusste das kulturelle Leben Lübecks damit nachhaltig. Sie förderte Thomas Mann, die Dirigenten Furtwängler und Abendroth, empfing Berühmtheiten wie Bruno Walter und Richard Strauß. Als sie am 13.Mai 1928 starb, war sie eine bekannte und geachtete Frau und Schriftstellerin.
Werke
Die meisten ihrer ca. 70 Romane sind inzwischen vergessen. Lesenswert sind immer noch der Roman „Ein königlicher Kaufmann“ (1910), ihre Feuilletons über Werke von Thomas Mann (in: „Lübeck als Geistesform“ 2006 WFB Verlagsgruppe) und ihre Schilderungen bedeutender Frauenschicksale: Charlotte von Kalb (1912), Dorothea Schlözer (1915), Charlotte von Stein (1916) und Madame de Staël (1921). Auszüge aus ihrem Werk findet man bei Peter de Mendelssohn: „Ida Boy-Ed“ Verlag der Buch-handlung Weiland, Lübeck 1975