Ein Düsseldorfer Original
Pastor Friedrich Gerst, genannt Pastor Jääsch
von Anne Pöttgen
Eigene Erinnerungen
Als die Idee aufkam, zum Thema Erinnern und Vergessen Fotos von
Grabsteinen zu machen, dachte ich sofort an den Alten Friedhof in
Düsseldorf-Golzheim. Ich kenne ihn seit Kindertagen: Meine Mutter schob,
wie das früher üblich war, jeden Nachmittag einen Kinderwagen, zunächst
meinen, dann den meines jüngeren Bruders, zum Alten Friedhof. Er war
schon in den dreißiger Jahren ein wunderschöner Park.
Der Weg führte uns auch am Grab des Pastors Friedrich Gerst vorbei, der
in Düsseldorf nur Pastor Jääsch genannt wurde. Meine Mutter erzählte,
dass er ein Onkel ihrer Urgroßmutter war und noch heute in der
Düsseldorfer Altstadt ein bekannter Mann sei.
Mein eigener Urgroßvater, der starb, als ich fünf Jahre alt war, hatte
seinerseits seinen Großonkel noch gekannt. Und so scheint es mir wert,
hier von Pastor Jääsch zu erzählen.
Erinnerungen der Düsseldorfer
Was ich über Pastor Jääsch weiß, hat mir nicht meine Familie
erzählt, ich weiß es aus Büchern und nun auch aus dem Internet.
Er war ein so genannter Spätberufener, hatte einen Handwerkerberuf
erlernt. Bevor er studieren konnte, musste er als Zwanzigjähriger neben
Zehnjährigen auf die Schulbank und zwar auf dem Gymnasium/Lyzeum, das
auch Heinrich Heine zehn Jahre früher besucht hatte. Es gab nur eines in
Düsseldorf.
Seine erste Kaplanstelle im Bergischen Land war nicht nach seinem
Geschmack, es zog ihn nach Düsseldorf zurück. Dort winkte keine schöne
reiche Pfarre, sondern die Arbeit als Gefängnispfarrer im „Kaschott“.
Aber das war seine Lebensaufgabe.
Mit Herzlichkeit und Strenge, mit praktischer Lebensweisheit und Humor
half er den Gefangenen ins Leben zurück. Seine Vorgesetzten in Köln
bemerkten übrigens erst nach fünf Jahren, dass Jääsch nicht mehr auf dem
Dorf sondern in Düsseldorf wirkte. Nur seine pfiffige Art ersparte ihm
einen groben Verweis.
Über Pastor Jääsch
Im Klappentext eines Buches über Pastor Jääsch: „Christliche Güte und
rheinische Herzlichkeit wurden ebenso zu seinen Markenzeichen wie
trinkfeste Lebensfreude und volksnahe Glaubenszuversicht“. (Thomas
Schatten, Pastor Jääsch,)
Seine Trinkfestigkeit bewies er im Kreis der Künstler im – heute noch
bestehenden und jetzt eher elitären – „Malkasten“, einem Restaurant im
Hofgarten. Dort gab er seine munteren Sprüche zum Besten, die sein
Messdiener Theodor Groll nach seinem Tod als „Gerstiaden“
veröffentlichte. Ob alles stimmt, wer weiß?
Und heute?
Am alten Düsseldorfer Gefängnis befindet sich eine
Pastor-Jääsch-Plakette, eine Pastor-Jääsch-Gedenktafel am Max-Haus, dem
früheren Lyzeum. Ab und an wird verdienten Institutionen wie dem
Düsseldorfer Stadtmuseum eine Pastor-Jääsch-Plakette nebst Scheck
verliehen.
Sein Grab auf dem Alten Friedhof war verschollen, nun gibt es einen
Stein und eine Umfriedung; ob es wirklich die richtige Stelle ist, soll
ungewiss sein. Zu Jahrestagen werden hier Kränze aufgestellt und Reden
gehalten, hin und wieder finden Lesungen aus den Gerstiaden statt.
Was mich rührte, war, dass auf diesem Grabstein als einzigem auf dem
ganzen Friedhof zu Allerheiligen ein Totenlicht brannte.
Link
http://www.pastor-jaeaesch.de/
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