von Lore Wagener
Symbol des Unerreichbaren?
Züchters Traum, eigenes Foto, bearbeitet
Ich suche die blaue Blume,
Ich suche und finde sie nie,
Mir träumt, dass in der Blume
Mein gutes Glück mir blüh. (Eichendorff)
Wer kennt sie nicht, die blaue Blume der Romantik, ein zentrales Symbol für die metaphysische Sehnsucht der Menschen nach dem Unendlichen.
Als reales Vorbild wird oft die Kornblume angesehen. Die blaue Rose ist dagegen ein Symbol für das Unerreichbare - und das ist sie bis heute (noch!) geblieben.
Es gibt von vielen Blumen blaue Züchtungen. Nur die Rose - die wehrt sich bis jetzt hartnäckig. Sie widersteht schon seit mehreren Jahrhunderten allen konventionellen Versuchen der Rosenzüchter und seit fast 20 Jahren nun auch denen der Gentechniker. Bisher ist es noch nicht gelungen, eine wirklich blaue Rose zu züchten. Man erreichte höchstens lila-, lavendel- oder fliederfarbene Blüten. Dieses Phänomen wird von Zeitungen und Radiosendern gerne zum Muttertag aufgegriffen und auch in Online-Beiträgen kommentiert.
Die konventionelle Rosenzüchtung
Die Züchtung und Kreuzung von Rosen ist seit Jahrhunderten eine Herausforderung für Blumenfreunde weltweit. Und im Laufe der Zeit sind aus der Wildrose mit ihren fünf Blütenblättern wahre Rosenköniginnen geworden. Aber es bestehen auch Kreuzungsbarrieren. Nicht alle Farben sind durch einfache Kreuzungsexperimente machbar. So war ein reines Blau bei Rosen bisher nicht zu erreichen. Die Blütenblätter der berühmten blauen Rose „Charles de Gaulle“ schimmern zum Beispiel eher türkis.
Rose Charles de Gaulle
Der Deutschlandfunk meint: „Wenn es künftig gelingen sollte, eine wirklich blaue Rose auf den Markt zu bringen, dürfte dies eine ähnliche Begeisterung unter Rosenliebhabern auslösen wie die rotgestreifte Tulpe „Semper Augustus“ der Holländer im 17. Jahrhundert. Eine einzige Zwiebel …wurde damals für das doppelte Tulpe „Semper Augustus“; Quelle Wikipedia, gemeinfrei Jahreseinkommen eines reichen Kaufmanns gehandelt.“ (Diese Tulpenmanie endete damals allerdings in einem großen Crash, der viele ruinierte.)
Schülerversuche im Biologieunterricht
- ein „Blue-Genes-Projekt“-
Die Gentechnologie schleust Gene in ein fremdes Erbgut ein. Man kann zum Beispiel durch eine Manipulation am Erbmaterial Bakterienkolonien blau färben und dies sogar in der Schule demonstrieren. Ein solches „Blue Genes“ Projekt machte ein Biologie-Leistungskurs der Dreieichschule in Langen (Hessen) und berichtete darüber auf der Website der Schule. Ziel des Projekts war ein Gen-Transfer: Teile der DNS eines Bakteriums sollten einem anderen Bakterium eingeschleust werden. Es gab zwei Versuchsreihen.
1. die Analyse,
2. die Klonierung der DNS.
Schülerversuch 1; Quelle Homepage der Dreieichschule
Schülerversuch 2; Quelle Homepage der Dreieichschule
Gearbeitet wurde mit ungefährlichen Bakterien, denen Teile aus der Erbsubstanz mit bestimmten Enzymen „heraus- geschnitten“ und in einem Gel gelagert wurden. Beim Klonieren wurden dann die geschnittenen DNS-Bruchstücke in E. coli-Zellen eingeschleust. Am Ende färbten sich die transformierten E. colis mit dem eingebauten Gen blau. Im Laborversuch war die allmählich zunehmende Blaufärbung der transformierten E. colis mit dem eingebauten Gen gut zu erkennen.
Die Genforschung
Das Schul-Experiment erscheint einfach, doch der Gentransfer als solcher ist nicht das Problem für die Genetiker. Die große Herausforderung ist vielmehr das Aufspüren der spezifischen Gene, die für die gesuchte Funktion - in diesem Fall die Bildung einer blauen Farbe - verantwortlich sind.
Der finnische Genetiker Teemu Teeri erklärte das im Deutschlandfunk so: Alles beginnt damit, dass man wirklich versteht, wie etwas funktioniert. Was zum Beispiel einer Petunie fehlt, weil sie nicht orange ist, oder was einer Rose fehlt, da sie nicht blau sein kann. Und sobald man die verschiedenen Gründe dafür erforscht hat und versteht, dann kann man einen Plan erstellen und das fehlende Stück einfügen. Und wenn man das System richtig verstanden hat, kann man bestimmen, was passieren wird und man wird orange Petunien und blaue Rosen bekommen.
Bei den Rosen hat man zum Beispiel herausgefunden, dass ihr ph-Wert zu hoch ist und dass sie zwar ein blaues Pigment haben, dieses aber an ein rotes gekoppelt ist.
Die Schnittblumenindustrie
Der heutige globale Markt für Zierpflanzen arbeitet mit großen Umsätzen. Experten schätzen ihn auf einen Wert von bis zu 150 Milliarden Euro jährlich. Da lohnen sich für die Industrie durchaus teure Verfahren und Investitionen in die Gentechnologie. Führend sind hier die amerikanischen Konzerne. Damit befasst sich u. a. ein Beitrag von Welt-Online: Der Markt gentechnisch veränderter Pflanzen wird dominiert von Giganten wie der US-amerikanischen Monsanto und der Schweizer Syngenta. Die kalifornische Mendel-Biotechnology arbeitet intensiv mit dem Gentechnik-Riesen Monsanto zusammen und kann dessen Patente nutzen. Über diesen Weg haben auch Deutsche mit dem Joint Venture Unternehmen Ornamental Bioscience Zugang zu den wichtigen Patenten. „Monsanto liefert die Technologie zum Einbau der Gene, Mendel die Gene und das deutsche Unternehmen Selecta den Genpool“, sagte der deutsche Firmenchef im Interview.
Blaue Rosen - entwickelt in Australien und Japan?
Die Manager der australischen Firma Florigene, die vom japanischen Konzern Suntory aufgekauft wurde, beharrten am hartnäckigsten auf ihrem Traum von der blauen Rose. Ihre Forscher arbeiten schon 18 Jahre an dem Projekt. Das Online-Magazin Farbimpulse erklärt ihr Vorgehen so: Rosenblüten sind saurer als Blüten anderer Blumen. „Wird der Bauplan für das blaue Pigment aus einer dieser anderen Blüten in das Erbgut der Rose gebracht, wirkt es wegen der saureren Umgebung mehr rötlich als blau.“ Florigene nahm daher gleich mehrere Änderungen am Erbgut vor. Man blockierte das Gen für das auf rote Pigmente optimierte Schlüsselenzym, schleuste ein Gen für das blaue Farbpigment aus dem Stiefmütterchen ein und ebenso aus einer Schwertlilien-Art das Gen, das dem zuvor in der Rose blockierten entsprach. Das Ergebnis war im Juni 2004 die erste "echte" blaue Rose. Diese ist zwar immer noch eher blassviolett als blau, aber zum ersten Mal kommt dieser Farbton von einem blauen Pigment in Rosen.
Risiken und Nebenwirkungen
Das hört sich alles ziemlich kompliziert an. Der Augustinerpater Gregor Johann Mendel, der 1865 in einem Klostergarten zu Brünn mit seinen Erbsen experimentierte und dabei die Vererbungslehre entdeckte, konnte damals nicht ahnen, welche Auswirkungen seine Entdeckung einst haben würde. - Aber es ist ja noch viel komplizierter, denn die Risiken und Nebenwirkungen der Gentechnologie sind noch weitgehend unerforscht. So wird die Einfuhr von gentechnisch veränderten Produkten von Regierungen, Verbraucherverbänden und Umweltschützern mit einigem Misstrauen betrachtet und mit strengen Auflagen versehen. Daher werden die Firmen vor der Markteinführung ihrer zu erwartenden blauen Rose noch etliche bürokratische Hürden nehmen müssen.
Es wird also einige Zeit dauern, bis wir die blauen Rosen tatsächlich zum Muttertag in unsere Vasen stellen können. Freuen wir uns dann? Ja, eigentlich - eigentlich finde ich es ein wenig schade, dass nun der Rose ihr romantisches Geheimnis entrissen wird.
Links
Welt-Online „Genmanipulation zum Muttertag“
http://www.welt.de/wirtschaft/article866962/
Genmanipulation_zum_Muttertag.html
Deutschlandfunk „Auf der Suche nach der blauen Rose“ http://www.dradio.de/dlf/sendungen/wib/468056/
Online-Magazin Farbimpulse: „Das Geheimnis der blauen Rose“
http://www.farbimpulse.de/fi/live/artikel/detail/1/381.html
Dreieichschule: „Interview mit Martha und Michael“
http://www.dreieichschule.de/naturwissenschaften/
blue_genes/index_n.asp
FAZ-Net: „Jaja, so blau, blau, blau“
http://www.faz.net/s/Rub80665A3C1FA14FB9967D
BF46652868E9/Doc~E62ECB51438894D21A3206CEE34
A1B7E7~ATpl~Ecommon~Scontent.html
|