von Liane Rohn Assarakos, das war ein
Sklave der griechischen Antike des 6. Jahrhunderts v.Chr. Opheleon, ein Sklavenhändler
aus Chios, nannte ihn Aisopos, da er äußerlich einem Aithoipier gleichsah, spöttisch
von den Lydern Aisipose genannt.
Esopus;Aus der Schedelschen Weltchronik, wikimedia commons
Martin Luther hieß ihn Esop, als er Melanchthon über die Zueignung dreier
Tabernakel berichtete:" drei Tabernakel will ich hier in meinem Sinn bauen -
einen für den Psalter, einen für den Propheten und einen für den Esop".
Und bis in die Gegenwart spricht man von Äsop oder Aisop, der fabulierende
Volksdichter.
Alles, was Ophelion erkundete, hörte und erlebte, zeichnete er über Aisopos
auf, seinabenteuerliches Schicksal, ein
Sklave der besonderen Art. Wirklich belegbar ist nichts. Gestützt auf profunde
Studien der antiken griechischen Geschichte wird etwas Licht ins Dunkel der
legendären Gestalt Aisopos gebracht, ein Sklave als geistiger Beweger seiner
Zeit.
Missgestaltet und bucklig soll er gewesen sein, verstümmelt - Folgen schlimmer
Misshandlungen und Unfälle, wann immer er auf der Flucht war. Aber seine hohe
Intelligenz, diplomatische Fähigkeiten und Rednergabe machten ihn zum Gesandten
eines Königs und frei. Dessen ungeachtet fühlte er sich Zeit seines Lebens den
Sklaven brüderlich verbunden. Seine Vergangenheit vergaß er nie, war ihm
allgegenwärtig. Denn daraus schöpfte er nicht zuletzt seine Fabeln, die er "wie
Zündstoff unters Volk warf", ja, er wollte es aus dem vermeintlich
unabänderlichen Geschick stumpfer Ergebung aufrütteln
Wer Vernunft den Aberglauben vorzieht, Unterschlagungen und Bestechlichkeit
durchschaut, unmenschliche Willkür mit gutgewählter List begegnet, und
beißenden Witz hirnloser Gewalt entgegensetzt, ist unsterblich. Alle Bemühungen
der Priester des Delphischen Orakels, ihn, seinen Geist, seine Weissagungen zu
töten, misslangen.
Dass er dennoch vernichtet wurde, kam nicht von ungefähr. Er durchschaute all
die raffinierten Beschwörungen, die verhängnisvollen politischen Spekulationen,
ihre Bestechlichkeit und Unterschlagungen.
Von seinen Feinden und Missverstandenen ein Frevler genannt, wurde er in den
Tod gestoßen, vom steilen Felsen hinab ins Meer gestürzt; rief ein Priester
mühsam lächelnd und spöttisch in die Tiefe weisend: Der dort wird keine Fabeln
mehr erzählen; es sei denn, das Meer erzählt sie für ihn. Eine teuflische
Intrige bedeutete seinen Tod. Den Geist Aisopos vermochten sie nicht zu töten.
Die Wurzeln von Aesopos Fabulierkunst liegen vermutlich in seiner frühen
Jugend.
Thales von Milet, Naturphilosoph und einer der Sieben Weisen, soll ihm einst
ein Gedicht von Archilochos immer und immer wieder vorgelesen haben, bis er es
auswendig aufsagen konnte. Den tieferen Sinn hatte er zwar noch nicht
verstanden, fragte zweifelnd, warum Dichter mit ihren Versen "Menschen
erschlagen können". Thales beschwichtigte ihn damit: was ihn heute erschreckt,
wird er übermorgen verstehen, schloss mit Archilochos kürzestem und zugleich
klügstem Gedicht: Viel weiß der Fuchs, der Igel eins: das Wichtigste.
Aisopos Fabeln, aus Not, Verachtung, Armut, Pein und großer Klugheit geboren,
aus der Sklaverei entlassen, seinen Brüdern auf ewig verbunden, fanden
Beachtung von Sokrates und Aristoteles. Heinrich Steinhöwel, 1412 in Weil der
Stadt geboren, übersetzte Gedichte der Antike, und wurde durch jene des Aesopos
bekannt.
So, wie seine Fabeln weiterleben, wird er, der geniale Volksdichter,
unsterblich bleiben - ein Sklave der besonderen Art.
Der Fuchs und die Trauben (die er nicht erreichen konnte)
Der Fuchs biss die Zähne zusammen, rümpfte die Nase und meinte hochmütig:
sie sind mir nicht reif genug, ich mag keine sauren Trauben.
Mit erhobenem Haupte stolzierte er in den Wald zurück.
Die Moral der Fabel: es ist leicht, etwas zu verachten, das man nicht erreichen
kann.