von Alfred Weiss Am 10. Mai 2001 erklärte Frankreich die Sklaverei zum
Verbrechen gegen die Menschheit. Damit rückt Frankreich wieder in die Rolle
eines Vorkämpfers für Freiheit und Menschenrechte.
Ein Denkmal auf Martinique
Denkmal Victor Schoelcher
Vor dem Justizgebäude in Fort-de-France, der Hauptstadt der Karibikinsel
Martinique, steht ein Denkmal. Es zeigt einen älteren Mann, der sich einem
Schulmädchen zuwendet, und die Aufschrift besagt, dass es sich hier um Victor
Schoelcher handelt, dem Befreier aus der Sklaverei. Weiter heißt es hier noch,
dass Victor Schoelcher aus Fessenheim stammt.
Das macht mich stutzig: Fessenheim im Elsass liegt ja ganz in meiner Nähe. Und
ich kenne diesen Victor Schoelcher nicht? Dem muss ich nachgehen. Es gibt noch
weitere Hinweise auf Schoelcher auf Martinique: Da ist einmal das schöne
Gebäude der Schoelcher-Bibliothek und in der Nähe von Fort-de-France trägt eine
Stadt gar den Namen Schoelcher.
Noch ein weiteres Denkmal Auf der Place de la Savane steht ein weiteres, merkwürdiges Denkmal. Es
zeigt Josephine de Beauharnais, einst Kaiserin der Franzosen. Aber: ohne Kopf! Die Sklaverei in den französischen Kolonien
wurde bereits 1794 kurz nach der französischen Revolution aufgehoben, im Sinne
der Ideale der Revolution. Joséphine bewog aber Napoleon, die Sklaverei 1802
wieder einzuführen, da die Zuckerrohrplantage ihrer Eltern auf Martinique ohne
Sklaven nicht mehr betrieben werden konnte. Noch heute steht deshalb auf dem
Platz in Fort-de-France diese Statue zur
Erinnerung an Joséphine und ihr Zuhause. Das Farmhaus und die Plantage sind
heute noch zu besichtigen. Von Freiheitskämpfern wurde in den 1990er Jahren ein
Attentat auf das kleine Museum im Farmhaus ausgeübt, weshalb ein Teil der
Gebäude niederbrannte. Die kleine Statue wurde geköpft, und trotz einer
Reparatur durch den französischen Staat verschwand der Kopf wieder aus später
Rache an Joséphines Haltung zur Sklaverei.
Ein Museum im Elsass
Schoelcher-Museum in Fessenheim
Bei dem Wort Fessenheim denkt man unwillkürlich an das Kernkraftwerk und
dabei droht in Vergessenheit zu geraten, dass Fessenheim ein typisch
elsässisches Dorf mit alten Fachwerkhäusern ist. Auch gibt es hier einen Ort,
an dem einen Sohn der Gemeinde ehrt, der es in Frankreich weit gebracht hat:
das „Museum Hardt Maison Schoelcher"
Ende des 18. Jahrhunderts emigrierte aus Fessenheim Marc Schoelcher. Er ging
nach Paris, war dort sehr erfolgreich und gründete eine Porzellanmanufaktur. So
gelangte er zu Ansehen und Wohlstand. Sein 1804 geborener Sohn Victor arbeitete
zunächst auch im väterlichen Betrieb. Victor Schoelcher war viel auf Reisen und
lernte in den französischen Kolonien die Sklaverei kennen. In seinen Berichten
setzte er sich für die Abschaffung der Sklaverei ein. Als sein Vater starb und
die Familie feststellte, dass er weder Gefallen noch Interesse am Handel hatte,
fand sie ihn großzügig ab. Dieses Geld widmete er nun der Politik und dem Kampf
für Menschenrechte und gegen Unterdrückung.
Victor Schoelcher
Victor Schoelcher wurde Abgeordneter im französischen Parlament. 1848 wurde er
zum Staatssekretär für die Kolonien ernannt. Er gründete eine Kommission zur
Emanzipation der Sklaven. Am 27. April 1848 präsentierte er sein Dekret zur
Abschaffung der Sklaverei, das am 1. Mai von der Regierung unterschrieben
wurde. 1893 ist Victor Schoelcher gestorben, seine Asche ruht seit 1949 im
Pariser Pantheon.
Im Museum werden zahlreiche Erinnerungsstücke an Victor Schoelcher und seinen
Kampf gegen die Sklaverei gezeigt. Natürlich Kopien des Dekrets vom 27.April 1848,
eine Büste von Victor Schoelcher, eine Sammlung seiner Schriften, Bücher zum
Thema Sklaverei; auch Gegenstände aus der väterlichen Porzellanmanufaktur. Im
ehemaligen Stall sind Pinnwände aufgestellt mit Bilddokumentationen zum Thema
Sklaverei. Im Obergeschoss wird es exotisch. Hier findet man viele Gegenstände,
die die Nachfahren der schwarzen Sklaven aus den ehemaligen französischen
Kolonien dem Museum überlassen haben.
Abschaffung der Sklaverei
Victor Schoelcher sprengt die Ketten der Sklaverei
Mit dem Dekret von 1848 wurde die Sklaverei in Frankreich abgeschafft.
Hierzu sagte Victor Schoelcher: „Wir dürfen nicht aufhören, es uns selbst und
unseren Kindern zu sagen, dass, solange es noch einen Sklaven auf dieser Erde
gibt, die Demütigung und Herabsetzung dieses Mannes eine ständige Beleidigung
der
gesamten Menschheit ist."
Am 10. Mai 2001 bezeichnete die französische Nationalversammlung die „Sklaverei
als ein Verbrechen gegen die Menschheit" und verlangte die Aufnahme der Themen
Sklaverei und Sklavenhandel in die Lehrpläne
2004 setzte die französische Regierung unter Ministerpräsident Raffarin ein „Comité
pour la Mémoire de l'Esclavage" ein mit dem Auftrag, Vorschläge zur Errichtung
von Erinnerungsstätten und Erinnerungsfeiern zu den Themen Sklaverei und
Sklavenhandel in ganz Frankreich zu machen.
Seit 2006 begeht Frankreich den 10. Mai als Gedenktag an die Abschaffung der
Sklaverei.
Link Route der Sklaverei in Frankreich