Künstler, Sklaven, Odalisken
                                     von Anne Pöttgen
Immer wieder griffen Künstler das Thema Sklaverei auf: zur Zeit der Türkenherrschaft, seit Napoleons Feldzug nach Ägypten und am dekadenten Ende des 19. Jahrhunderts. Ein beliebtes Sujet war die Odaliske, die weiße Sklavin
 

Mozart und Rossini

“Die Entführung aus dem Serail“ von Mozart, uraufgeführt 1781 und „Die Italienerin in Algier“ von Rossini, Uraufführung 1813, beschäftigen sich mit dem Thema der geraubten weißen Sklavinnen.
Konstanze, ihre Zofe Blonde und der Diener Pedrillo sind von Seeräubern gefangen genommen und auf dem Sklavenmarkt verkauft worden. Sie werden im Serail, einem Palast von Bassa Selim in der Türkei festgehalten. Ähnlich erging es Antonietta Frapolli, die als Vorbild gilt für Isabella, die Italienerin in Algier. Sie war eine Gefangene des Beys von Algier, nachdem sie von Korsaren gefangen genommen worden war.

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HMS Mary Rose and Pirates

Die Korsaren waren jahrhundertelang gefürchtete Seeräuber im Mittelmeerraum. Erst mit dem Erstarken der Flotten Englands, der Niederlande und Frankreichs wurde ihre Macht gebrochen.
Nur Lösegeldzahlungen oder der Übertritt zum Islam ermöglichten den Sklaven zu dieser Zeit, ins freie Leben zurückzukehren. Es sei denn, es gab einen Helden wie Belmonte oder eine kluge Italienerin in Algier.

Heinrich von Kleist
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General Dessalines

„Nun weiß jedermann, daß im Jahre 1803, als der General Dessalines mit dreißigtausend Negern gegen Port au Prince vorrückte, alles, was die weiße Farbe trug, sich auf diesen Platz warf, um ihn zu verteidigen. Denn er war der letzte Stützpunkt der französischen Macht auf dieser Insel, und wenn er fiel, waren alle Weißen sämtlich ohne Rettung verloren.“
Zu dieser Zeit und auf dieser Insel spielte sich die kurze, tragische Liebesgeschichte des schweizerischen Offiziers Gustav und der schönen Mulattin Toni ab, die uns Kleist unter dem Titel „Die Verlobung von San Domingo“ schildert.
“Diese Insel“ wurde von den Spaniern nach der Entdeckung durch Columbus Hispaniola genannt. Den Namen San oder Santo Domingo erhielt sie später nach einer Stadt im Süden der Insel. 1665 gründete sich im Westteil der Insel eine französische Kolonie mit der Hauptstadt Port au Prince. Dort begann 1791 der Aufstand der Sklaven, von dem Kleist in seiner Novelle erzählt. Am 1. Januar 1804 entstand der „Erste Freie Negerstaat“, Haiti.

Jacopo Tintoretto

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Wunder des hl. Markus, Tintoretto

“Das 1547/48 von dem Venezianer Jacopo Tintoretto gemalte »Sklavenwunder« zählt zu den Höhepunkten illusionistischer Malerei überhaupt. Mit täuschender Lebensechtheit schildert das riesige Gemälde, wie der venezianische Stadtheilige Markus einen christlichen Sklaven vor grausamer Folter rettet.“
Aus dem Buch „Jacopo Tintoretto, Das Sklavenwunder – Bildwelt und Weltbild“ von Roland Krischel, Fischer Taschenbuch Verlag.
Als Venezianer kannte Tintoretto das Sklavenproblem, Venedig handelte mit Gewürzen, Glas und Sklaven. „Venedig holte Sklaven aus Dalmatien und der Gegend um das Schwarze Meer und verkaufte sie an die Höfe Ägyptens, Siziliens und Spaniens. Der Sklavenhandel blieb bis zum Beginn der Renaissance eine der Haupteinnahmequellen, und der Stadtteil "Riva dei Schiavoni" wurde danach benannt." (aus bueso.de/artikel/venedig-la-serenissima-repubblica, Link im letzten Abschnitt)

Christian Friedrich Hebbel

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Gemälde von Szyndler-Niewolnica

Die Odaliske
Es harrt auf weichem Purpursamt
die jüngste Sklavin ihres Herrn,
und unter dunkler Braue flammt
ihr Auge, wie ein irrer Stern.

Sie stammt aus jenem Lande nicht,
wo ehrbar-blond der Weizen reift
und stachlich-keusch die Gerste sticht,
wenn man sie noch so leise streift.

Sie ist der Feuerzone Kind,
wo jede Frucht von selber fällt,
weil sie der Baum, der zu geschwind
die zweite zeitigt, gar nicht hält.

Sie hat von dem Johannisstrauch
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Lars von Trier
Über seinen Film „Manderlay“ heißt es in der Online-Ausgabe der Rhein-Zeitung Koblenz:
“Die unbestrittene Begabung des Filmemachers zeigt auch «Manderlay» als streng theaterhaft inszenierte Parabel über die äußeren Bedingungen und inneren Auswirkungen von Sklaverei.“
Der Filminhalt, ebenfalls aus der Rhein-Zeitung: „Nach der Zerstörung von Dogville landet Grace (Bryce Dallas) mit ihrem Vater (Willem Dafoe) auf der Baumwollplantage Manderlay. Als sie sieht, wie die schwarzen Arbeiter ausgepeitscht werden, steht für Grace fest, dass sie demokratische Bedingungen für alle schaffen will. Dabei stößt sie auf Widerstand - nicht nur bei den Weißen, sondern auch bei den schwarzen Sklaven, die keine Vorstellung davon haben, welche Vorteile ihnen die Freiheit in einer Umgebung bringen soll, in der Rassentrennung vorherrscht. Grace' ohnehin schwache Position wird noch stärker unterminiert, als sie sich in Timothy (Isaach De Bankolé) verliebt, den Wortführer der Schwarzen.“

Maler des Orients
Illustration
Gemälde von Jean-Leon Gérome

Es geht um Maler, die unter dem Vorwand, den Orient zu zeigen, vorwiegend nackte – häufig weiße - Frauen in exotischer Kulisse abbildeten. Das Serail, das türkische Bad – ein bekanntes Bild von Auguste Ingres -, der Garten, der Hof aber auch der Sklavenmarkt zeigen eine „malerische Form von Sklaverei“. Dass diese Darstellungen auch Empörung weckten, zumal sie als Ausflüsse des Kolonialismus galten, ist verständlich. Der Westen sieht vom hohen Ross der Zivilisation auf den mysteriösen aber auch bedrohlichen Orient herab. Wohlgemerkt: vor mehr als hundert Jahren.
Die Londoner Tate Gallery zeigt Werke britischer Orientalisten in einer Ausstellung mit dem Titel „Die Verlockungen des Orients“. Ein Link im letzten Abschnitt führt zu einem gut bebilderten Text zu dieser Ausstellung.

Links
Die Entführung aus dem Serail: fünf Minuten bei youtube

Was Wilhelm Busch zur Entführung aus dem Serail zu sagen hat:

Die Italienerin in Algier
Historischer Überblick über die Besiedlung der Westindischen Inseln

Venedig, Nutznießer der Sklaverei

Filmkritik Manderlay

Verlockungen des Orients in der Tate Gallery

Sämtliche Bilder aus Wikimedia Commons

 
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