E. Reitz: Heimat, eine Trilogie |
von Roswitha Ludwig der Fernsehfilm in elf Teilen wurde 1984 erstmals gesendet und von ungefähr zehn Millionen Zuschauern gesehen. Schauplatz ist der fiktive Ort Schabbach im Hunsrück mit ungefähr 200 Einwohnern. Die Geschichte rankt sich um Maria, Jahrgang 1900, und ihre bäuerliche Familie. Sie heiratet Paul Simon und hat mit ihm zwei Söhne. Er verlässt sie, verschwindet einfach. Zehn Jahre später meldet er sich als reicher Fabrikant aus den USA. Maria hat noch eine Liebesbeziehung, aus der ihr dritter Sohn Hermann stammt. Die Handlung setzt 1919 ein mit der Rückkehr Pauls aus dem Ersten Weltkrieg. Ein neues Kriegerdenkmal erinnert an die Opfer. Die Rundfunktechnik bringt die Welt näher. Später präsentieren die Uniformen des NS-Regimes die neue Politik und trennen die Einwohner in Befürworter und Gegner. Das Leid des Krieges trifft alle. Mit den amerikanischen Besatzungssoldaten kommt Paul in den Ort. Die Wiederaufbaujahre verändern das Ortsbild und vermitteln den Eindruck einer neuen Zeit. Die Zweite Heimat Chronik einer Jugend dieser Teil folgt 1992. Er handelt von Hermanns Studentenzeit in den sechziger Jahren in München. Hermann Simon durchbricht beruflich die Tradition der Familie, er entscheidet sich für das Musikstudium in München und lässt erleichtert Schabbach hinter sich. Hier erlebt er in einem Freundeskreis den Aufbruch jener Zeit und die studentische Freiheit. Als eine frühere Mitschülerin aus dem Hunsrück Schnüsschen dorthin kommt, heiratet er diese, sie bekommen eine Tochter. Hermann feiert erste Erfolge als Musiker, seine Frau wird ihm fremd, es kommt zum Streit. Hermann verlässt die Familie. Seine musikalische Begabung ist überdurchschnittlich und wird wahrgenommen, ein vermögender Konsul will ihn adoptieren, um ihm finanzielle Spielräume für sein Musikschaffen zu eröffnen. Die Zweite Heimat spielt in einer Zeit des Aufbruchs, der Freiheit und der Abenteuer: Das Studentenleben, die Künstlerszene, die 68er-Bewegung, die RAF - all diese Themen sind verwoben mit Hermanns Geschichte. Heimat 3, Chronik einer Zeitenwende Angesichts der großen Veränderungen mit dem Fall der Mauer musste für Edgar Reitz diese Folge noch kommen. Dazu gehören sechs Teile, die die Zeit von 1989 bis 2000 beinhalten. Hermann und die Cellistin Clarissa, beide haben sich während der Studentenzeit geliebt, treffen sich in Berlin wieder am 09.11.1989, dem Tag des Mauerfalls. Sie beschließen zusammen zu bleiben und sich am Rhein - nahe bei Schabbach niederzulassen. Wohnen wollen sie in einem alten Fachwerkhaus, das sie herrichten lassen. Während Hermann eine Art Versöhnung mit der Heimat schließt, geht für die Bewohner der ehemaligen DDR ein Stück Heimat verloren, wie immer die Zustände gewesen sein mögen. Russlanddeutsche kehren in ihre ihnen unbekannte „alte Heimat" zurück. Schabbach und die DDR sind sich plötzlich auf gewisse Weise sehr nahe - wieder bricht eine „neue Zeit" an. Dieser Teil wurde im Fernsehen in gekürzter Fassung gesendet, als DVD ist er ungekürzt verfügbar. "Heimat ist keine heile Welt" so äußerte sich Edgar Reitz in einem Interview, „auch keine Idylle". Viele müssen die Fesseln der Heimat abschütteln, um ihren Weg zu gehen. Heimat kann ein Synonym für Chancenlosigkeit, für Enge sein. Die Tragik der Heimatvertriebenen besteht darin, dass ihnen eine Entscheidung zu gehen oder zu bleiben vorenthalten wurde. Mit dem Blick auf Verstädterung und Auswanderung vor allem im 19 Jahrhundert in unseren Regionen hebt er hervor: "Die Weggeher, die Wegläufer sind die Hefe der Welt. Sie haben die Dinge in Gang gebracht. Die Heimatlosen sind die Glückssucher, die Neudenker, die Schöpferischen" . (Interview mit E.Reitz: „Heimat ist keine heile Welt")
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