von Ralph Schneider
„Allergien
und Malaria", „Frühling im Januar" oder „Bald zweiter Planet
nötig": So titeln Artikel zum Klimawandel. Er ist längst bei uns
angekommen. Handeln wird als notwendig erkannt. Aber ist es
individuell möglich, die globale Katastrophe zu verhindern?
Zweite
Erde notwendig
Der
Klimawandel begünstigt die Ausbreitung von tropischen Krankheiten in
Europa, da steigende Temperaturen auch die Ausbreitung von
Überträgern wie einiger Mückenarten begünstigt. Auch der
Pollenflug wird durch die Veränderung des Klimas begünstigt,
Allergien werden zunehmen. So beschreibt es „Naturschutz heute"
in der aktuellen Ausgabe. Wahrscheinlich ein Phänomen, an das man
beim Stichwort Klimawandel noch nicht häufig denkt. In einer anderen
Ausgabe vom Jahresbeginn wird sogar berichtet, dass sich manche
Bauern oder Winzer Chancen vom Klimawandel erwarten, so stieg der
Anbau wärmebedürftigen Rotweins in Deutschland auf fast 30%. Mitte
der 80er waren es erst 12%. Doch droht andererseits in einigen
Bundesländern Dürre, sodass andere Ressourcen der Versorgung
erschlossen werden müssen. Und so wundert es nicht, dass der Living
Planet Report 2008 des WWF feststellt, dass bereits 2035 ein zweiter
Planet notwendig sein würde, wenn die Menschheit so weiterlebte wie
bisher.
Wird uns die Erde nicht reichen?, Bildquelle: photocase.com, jarts
Ökologischer
Fußabdruck
Der
WWF spricht vom ökologischen Fußabdruck, den die Menschheit durch
den Bedarf an Nahrung, Energie und Fläche hinterlässt. Entwaldung,
sich erhöhender Verbrauch von natürlichen Ressourcen, der von der
Menschheit verursachte Klimawandel, Verschmutzung der Umwelt und
Überfischung sind dabei die Faktoren, die den Fußabdruck immer
deutlicher werden lassen. Zeit also zu handeln! Zu handeln? Bernhard
Pötter stellt in der ZEIT vom 26.03.09 fest, dass Völker auch beim
Klimawandel sehenden Auges in die Katastrophe marschieren und erst
reagiert wird, wenn ein Gesellschaftsmodell kollabiert. „Doch wer
die Klimakrise aussitzen will, wird sie gerade am schnellsten
heraufbeschwören. [...] Es sieht [...] so aus, dass der Klimawandel
in den nächsten Jahrzehnten unsere Politik, Wirtschaft,
Energieversorgung, Mobilität, unsere Gesundheit und unsere
Ernährungsgrundlagen durcheinander wirbelt." Zeit also zu handeln!
Doch wie? Was kann man als einzelner Mensch schon groß
tun?
Treibhaus
Erde
Die
Antwort hört sich einfach an: auf kleinerem Fuß leben, sanftere
Schritte machen. Und letztlich ist es sie auch. Doch erfordert sie
ein neues Denken, den ökologischen Fußabdruck bei allem Handeln im
Blick zu haben. Eine Maßeinheit dafür ist die eigene
Öko-/CO2-Bilanz.
Kohlendioxid (CO2),
aber auch einige andere Gase wie das Methan, sind für den
Klimawandel verantwortlich. Es entsteht bei der Verbrennung von
fossilen Energieträgern wie Erdöl, Kohle, Erdgas, Holz. Dies
geschieht z.B. beim Heizen, beim Autofahren, bei Flugzeugreisen, aber
auch bei der Brandrodung des Regenwalds. Methan entsteht z.B. in
hohem Maße durch die Rinderhaltung, so entfleucht einer 550 kg
schweren Kuh pro Tag ein Kubikmeter Abgas (Greenpeace-Magazin 5/08).
Und Methan ist dabei sogar 23 Mal klimawirksamer als CO2.
Klimawirksamkeit bedeutet, dass sich die Gase in der Atmosphäre
sammeln und dabei sozusagen die Belüftung unseres Planeten wie durch
den Verschluss der Dachklappen in einem Treibhaus
verhindern.
Auswirkungen
des Treibhauseffekts
Die
Erde erwärmt sich wie ein Treibhaus. Langfristige, weltweite
Messungen der Luft- und Meerestemperatur bestätigen dies, aber auch
das Schmelzen von Schnee- und Eisflächen und die Erhöhung des
Meeresspiegels. Diese Effekte ziehen neue nach sich, die den
Klimawandel zusätzlich verstärken. „Die riesigen Eisflächen
reflektieren [bisher] einen großen Teil der Sonneneinstrahlung und
helfen so, die Erde abzukühlen.
Der Eisbär ist ein Symbol für die Bedrohung durch den Klimawandel, Bildquelle: photocase.com, J-Rabe
Zudem werden Ozeanströmungen und
Windsysteme durch den Temperaturgegensatz von Tropen und
Polargebieten gesteuert. Verändert er sich, hat dies vermutlich
massive Auswirkungen, etwa auf den Golfstrom und das Wetter in
Europa. Zusätzliche Probleme können tauende Permafrostböden
verursachen: in ihnen sind große Mengen an Kohlenstoff und
Methangase gespeichert. Werden diese Treibhausgase frei,
beschleunigen sie den Klimawandel zusätzlich." (Bad. Ztg.) Dies
ist nicht die einzige Verkettung von Effekten! Sie betreffen Flora,
Fauna und den Mensch.
Risiken
Die
bereits oben erwähnten Effekte sind nur ein Ausschnitt
wahrscheinlicher oder schon festzustellender Auswirkungen. Im
UN-Bericht „Climate Change 2007" werden verschiedene Szenarien
vorgestellt. Ihre Intensität hängt von der tatsächlichen
Temperaturentwicklung ab. Die Verfügbarkeit von Wasser wird in den
Tropen zunehmen, in den Bergen werden Gletscher schmelzen, während
in anderen Regionen Wasser knapp wird, wodurch auch die Kapazität
von Wasserkraftwerken abnimmt. Das Risiko für Tier- und
Pflanzenarten auszusterben wächst. Bauern und Fischer sind von sich
ändernden Bedingungen negativ betroffen.
Die Gefahr von Stürmen wächst, Bildquelle: photocase.com, k47
Küstenregionen werden von Stürmen und Fluten
heimgesucht, Küstengebiete könnten verloren gehen, wodurch
Millionen von Menschen tangiert sein können. Auch im Binnenland
steigt die Gefahr von Hochwasser. Dadurch ergeben sich große
Belastungen der Sozialsysteme der Länder, aber auch durch
Hitzewellen, Waldbrände, Unterernährung, die Zunahme von
Infektionskrankheiten.
Hausgemacht
Die
Herkunft der vom Mensch verursachten klimawirksamen Gase wird
ebenfalls im „Climate Change"-Bericht erwähnt. Ein Viertel
ergibt sich aus der Energieversorgung (25,9%). Die Industrie ist für
knapp ein Viertel verantwortlich (19,4%), gefolgt von der
Forstwirtschaft einschließlich der Abholzung von Wäldern mit 17,4%
und der Landwirtschaft mit 13,5%. Kurz dahinter das Transportwesen
(13,1%), dann private und kommerzielle Gebäude mit 7,9% und
schließlich aus Abfall und Schmutzgewässern immerhin 2,8%. Mit dem
Bewusstsein, die eigene -/CO2-Bilanz
zu verbessern, wird bereits vor dem Hintergrund dieser Aufstellung
deutlich, dass jede/-r Einzelne tatsächlich in verschiedenen
Lebensbereichen handeln kann. Und er oder sie muss es auch, wenn die
genannten Risiken verkleinert werden sollen. Der Klimawandel ist
durch die Art der Menschen zu leben und Ressourcen zu verbrauchen
hausgemacht. Einige Tipps sollen Anregungen geben.
Energie
Die
Energieversorgung steht an erster Stelle. Daher ist prioritär,
Energie einzusparen und bei der Energieversorgung darauf zu achten,
Quellen zu verwenden, die keinen/kaum CO2-Ausstoß
verursachen. Wichtig ist, auf den Energieverbrauch aller
Haushaltsgeräte zu achten. Von besonderer Bedeutung ist der
dauerhaft laufende Kühl-/Gefrierschrank. Geräte mit der
Energieeffizienzklasse A++ verbrauchen nur die Hälfte des Stroms wie
ein A-Gerät. Achten Sie aber auch bei anderen Haushaltsgeräten auf
sparsamen Energieeinsatz. Benutzen Sie Energiesparlampen, schalten
Sie Fernsehgeräte, Computer und andere Geräte mit Stand-by-Funktion
ganz ab, auch ungenutzte Peripheriegeräte, wenn sie nicht benötigt
werden, wie PC-Lautsprecher. Achten Sie auf heimliche Energiefresser,
erkennbar z.B. an warmen oder brummenden Transformatoren, auch wenn
die Geräte an sich ausgeschaltet sind. Hier hilft ein abschaltbarer
Zwischenstecker. Nach dem Aufladen von Akkus Stecker
ziehen.
Ökologischer
Strom
Wer
klimabewusst handelt, wählt einen Stromanbieter, dessen Strom aus
regenerativen Quellen stammt und der zudem in den Neubau zusätzlicher
Anlagen zum Gewinn erneuerbarer Energien investiert. Der NABU
empfiehlt dafür, auf die Zertifizierung mit dem „Grüner-Strom-Label"
zu achten. Der Wechsel wird häufig durch den Kundendienst des neuen
Anbieters abgewickelt, sodass er nicht schwer fällt.
Wind als Energiequelle, Bildquelle: Ralph Schneider
Mit der
Nutzung grünen Stroms fallen im Vergleich zum durchschnittlichen
Energiemix über 500 g CO2-Emissionen
pro Kilowattstunde weg. Oder wie wäre es mit eigener Solaranlage auf
dem Dach? Apropos: eine große Mehrheit der Deutschen wünscht eine
Energieversorgung vollständig aus regenerativen Quellen. Und die
Branche der erneuerbaren Energien wird vom Mittelstand wirtschaftlich
als positiv beurteilt, wie eine Umfrage der Uni Marburg zeigt.
Übrigens kann Atomstrom nicht zum Öko-Strom zählen, da u.a. die
Endlagerung radioaktiver Abfälle nicht geklärt ist.
Ernährung
und Mobilität
Der
Vorsitzende des Weltklimarats R.K. Pachauri, der zusammen mit Al Gore
den Friedensnobelpreis 2007 erhielt, nennt in einem Interview: „Eine
Möglichkeit, durch die viele etwas bewegen können, ist simpel:
weniger Fleisch essen. Denn die Fleischproduktion hat einen sehr
hohen Energieverbrauch [...]. Laut einer Studie [...] ist die
Nutzviehhaltung für über 18% der weltweiten Treibhausgas-Emissionen
verantwortlich. Also sage ich: Esst weniger Fleisch. Darüber hinaus
müssen wir auch über die kleinsten Verhaltensänderungen
nachdenken, beispielsweise [...] manche Wege einfach zu Fuß oder mit
dem Fahrrad zu erledigen, statt mit dem Auto." Dieses Stichwort zur
Mobilität aufgreifend auch der Hinweis, dass besonders Flugreisen
klimaschädigend sind. Sind sie aber nicht vermeidbar, z.B. durch
Anreise mit der Bahn, dann bietet „Atmosfair" einen
Emissionsausgleich in Form von Klimaschutzprojekten an, der als
Spende absetzbar ist.
Weitere
Tipps
Achten
Sie darauf, dass Ihre Wohnung gut isoliert ist. Heizen Sie nicht zu
hoch. Bei Gasversorgung gibt es mittlerweile auch erste Angebote mit
Biogasanteilen.
Wenn Sie einkaufen gehen, dann kaufen Sie wegen
der geringeren Transportwege regionale und saisontypische Produkte.
Eine Birne aus Südamerika muss nicht sein, denn die gibt es im
Herbst doch auch bei uns.
Achten Sie auch auf den
Ressourceneinsatz: warum nicht im Büro und im Haushalt
Recyclingpapier verwenden?
Und, und, und, ... - holen
Sie sich weitere Tipps im Internet, z.B. bei den Umwelt- und
Naturschutzverbänden und seien Sie aber auch selbst kreativ beim
Einsparen von klimawirksamen Gasen, auch politisch.
Quellen
und weitere Informationen
Verbände:
NABU:
Magazin „Naturschutz heute"und 77
Tipps zum Klimaschutz
WWF:
Living Planet Report
Greenpeace:
Magazin und CO2-Rechner
Kampagne
des IPPNW,
von EUROSOLAR und dem Deutschen Naturschutzring (DNR):
Zeitungsberichte
und Interview:
B. Pötter: "Wenn die Öko-Blase platzt" in DIE
ZEIT Nr. 14/09
T.
Krämer: „Goldrausch am Nordpol" in Badische Zeitung, 01.08.09,
Magazin, S. VII:
Siemens
AG: Innovationen für neue Märkte: Interview mit Rajendra K.
Pachauri :
IPCC:
"Climate Change 2007: Synthesis Report"
Agentur
für Erneuerbare Energien mit Grafiken zu Umfragen
Weitere
Tipps:
Klimaschutz in 120 Sekunden :
Ökologische
Einkaufstipps für Neuanschaffungen:
Grüner-Strom-Label
mit PLZ-Suche der Anbieter für die eigene Region
Ausgleich von CO2-Emmissionen
über Atmosfair
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