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Schüler als Lehrer
Prof. Dr. Heinz Lohse
Autor, Projektmitinitiator und wissenschaftlicher Begleiter:
04105 Leipzig,
Christianstr. 21,
Tel./Fax: 0341 - 5 59 10 17,
Jahrhundert der Senioren
Am 01. Januar 2001 begann nicht nur das dritte Jahrtausend, sondern auch das "Jahrhundert der Senioren". Das Älterwerden der Menschen erfordert veränderte Denkweisen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und vor allem auch bei den Betroffenen selbst, denn sie stellen (wenn man die Bezeichnung "Senioren" ab dem 50. Lebensjahr datiert) in Bälde mit nahezu 50% der Bevölkerung eine beachtliche Macht dar.
Senioren @ns Netz
Dies zu nutzen und zusammenzubringen mit dem Elan und der Technikbegeisterung der heutigen Jugend - vor allem aber Jung und Alt in gemeinsamem Lernen zu vereinen -, ist das Hauptanliegen des vom VSBI Leipzig initiierten Projekts
Senioren @ns Netz - generationenübergreifendes Lernen an Schulen,
das seit 1997 besteht und seitdem über 1000 Senioren und Seniorinnen mit der neuen Technik vertraut und zum Teil zu begeisterten Anhängern gemacht hat, obwohl viele sich anfangs mit Ängsten und Befürchtungen, dies nicht mehr meistern zu können, schwer getan haben.
Wie alles begann
Im Herbst 1997 wagten drei Visionäre, mit je zwei Schülern des Leipziger Ostwald- und Max-Klinger-Gymnasiums Computer- und Internetlehrgänge einzurichten, in denen die jungen Leute als "lehrende Schüler" und quasi deren Großeltern als Lernende auftreten. Die Schulen wurden zu Begegnungsstätten für Jung und Alt und zu Lernstätten für Alt durch Jung.
"Senioren @ns Netz" hieß und heißt die Devise. Ziel und Zweck besteht darin, Menschen über 50 mit der Jugend in generationenübergreifendem Lernen zu vereinen, Senioren und Seniorinnen die Ängste vor der neuen Technik zu nehmen und ihnen den Umgang mit dem Computer und das Surfen im Internet - d.h. weltweites Kommunizieren und Kennenlernen anderer Kulturen und Denkstrukturen - zu lehren. Das Ganze wurde in sogenannten Pilotstudien wissenschaftlich untersucht und siehe da: Es geht! Es läuft sogar sehr gut!
Die Fakten 1
- Inzwischen gibt es heute (Anfang 2001) diese Form der Computer- und Internetlehrgänge an etwa 45 sächsischen Gymnasien (von Leipzig bis Görlitz) und über die Grenzen Sachsens hinaus.
- Von den etwa 1000 bisher ausgebildeten Senioren und Seniorinnen liegt das Durchschnittsalter bei 63 Jahren, der bisher älteste Teilnehmer zählt 84 Jahre, der Frauenanteil beträgt über 50%.
- Das gemeinsame Schaffen baut Hemmschwellen und Barrieren der Älteren ab, lässt ein in diesem Maße nicht erwartetes Vertrauensverhältnis zwischen den Generationen entstehen und führt wechselseitig zu Respekt, Achtung und hoher Wertschätzung.
Die Fakten 2
§ Der Unterricht am Computer (jeder Lernende hat im Kabinett seinen eigenen) vermittelt Medien-, Fachsprach- (da die Termini englisch) und Sozialkompetenz, wobei Letzteres in beiden Richtungen wirkt (Alt lernt von Jung und Jung lernt von Alt - z.B. Lebensweisheit, Berufserfahrung, Einblick in andere Denkweisen).
§ Die Lehrgänge finden einmal wöchentlich statt und erstrecken sich über 5 bis 6 Wochen (Typ I - Anfängerkurs) mit 15 Stunden bzw. 10 bis 12 Wochen (Typ II - Internetkurs wie auch Typ III - Fortgeschrittenenkurs) mit je 30 Stunden und werden von 2 bis 3 Schülern durchgeführt. Die Kursstunde kostet 4,- bis 5,- DM.
Kompetenzerwerb
SchülerInnen
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SeniorInnen |
bewähren sich als Lehrer, Vermittler, Trainer und Berater und gewinnen Selbstvertrauen |
erwerben zeitgemässe Kenntnisse und Fähigkeiten -Medienkompetenz- und verändern ihre Einstellung gegenüber der Jugend. |
erwerben soziale Kompetenz für das verstehen von Generationsproblemen und gewinnen Achtung vor dem Alter |
vermitteln Lebens-, Berufs- und Arbeitserfahrungen durchh gegerationsübergreifende Kommunikation. |
Zitate
Das Zusammenwirken von Jung und Alt wird von der übergroßen Mehrheit der Teilnehmer (96,6%) - wie begleitende Untersuchungen ergaben - als gut bzw. sehr gut eingeschätzt.
"Gefallen hat uns die Art und Weise, mit welchem Engagement und mit wie viel Geduld die Jugendlichen uns angeleitet haben",
äußert sich ein Seniorenehepaar.
"Der scheinbare Gegensatz zwischen Jung und Alt machte die Arbeit mit den Senioren sehr interessant, half ihnen, das einseitige Bild von der heutigen Jugend zu verbessern, und half uns, Verständnis für die Probleme und Interessen der Senioren aufzubringen",
so äußert sich ein "lehrender Gymnasiast". Und weiter:
"Einigen Teilnehmern gefiel der Kurs so gut, dass sie sich wenig später einen eigenen Computer zulegten und ihn nun mit Spaß an der Technik benutzen."
Ergebnisse
§ Als Hauptmotive für den Lehrgangsbesuch werden genannt: Computer und Internet kennenzulernen, eigene Qualifizierung, "nicht abseits zu stehen" und "mit den Enkeln mithalten zu können".
§ Die Lehrgangsanforderungen werden von den weitaus meisten (89,6%) als angemessen empfunden, unter- oder überfordert fühlen sich nur wenige (4,2% bzw. 6,2% der Teilnehmer).
§ Aber auch die Schüler und Schülerinnen profitieren nicht unwesentlich von den Lehrgängen: Ihre Einstellung zur älteren Generation verändert sich im Laufe der Kurse zum Positiven hin (für 64,3% der untersuchten Schüler), die Achtung gegenüber ihren Lehrern wächst (mit der Erkenntnis der Schwierigkeiten, die mit dem Unterrichten und der methodischen Aufbereitung des zu Vermittelnden verbunden sind) und 81,2% der beteiligten Schüler schätzen die Kurse als für ihre eigene Persönlichkeitsentwicklung "sehr förderlich" oder "förderlich" ein.
§ Die Übertragung der Verantwortung an die Gymnasiasten erweist sich für deren Persönlichkeitsformung als besonders wertvoll.
Teilnehmerbefragung
Hauptergebnisse der Teilnehmerbefragungen 97 - 99
16 Lehrgänge mit 146 Seniorinnen und Senioren
(Angaben in Prozent)
Stellungnahmen 1
Stellungnahmen 2
Was das Projekt leistet
Dieses Projekt > Senioren @ns Netz - generationenübergreifendes Lernen an Schulen bringt einen Gewinn für alle:
für die Gesellschaft (Lernen voneinander - Verständnis füreinander), für die Seniorinnen und Senioren (Überwindung von Barrieren - Soziales Eingebundensein - Stärkung des Selbstwertgefühls - Aktivität und geistige Beweglichkeit usw.), für die lehrenden Schüler (Hineinversetzen in Denkweisen und Nöte anderer - Wachsen an Persönlichkeit - Stärkung des Selbst- und Verantwortungsbewusstseins - Teamwork etc.), für die Schule (als Lern- und Begegnungsstätte auch für Ältere, als Kulturzentrum des Stadtteils) und letzten Endes auch für die Wirtschaft (in jedem Lehrgang schaffen sich drei bis vier Teilnehmer einen neuen Computer an).
Effekte
Das Projekt hat nachhaltige Entwicklungen auf den Weg gebracht:
z.B. die Gründung von Senioren-Internet-Clubs oder -Vereinen, die
die neuen Medien aktiv nutzen, sich kontinuierlich mit aktuellen Entwicklungen beschäftigen und so eine Art Vorbildwirkung auf Menschen ihres Alters ausüben;
des weiteren:
Beteiligung in Forschungs- und Entwicklungsteams zur Erhöhung des Bedienkomforts von Hard- und Software aus der Sicht von Seniorinnen und Senioren.
Ausblick
Zukünftig wird das Projekt auch einen Beitrag zur Förderung unternehmerischen Denkens und Handelns von Gymnasiasten leisten.
An einigen Schulen wird es schon erprobt, den Gesamtprozess des Projektmanagements sowie der inhaltlichen Gestaltung der Lehrgänge vollständig in Eigenregie der Schüler zu übertragen, also durch Schülerfirmen realisieren zu lassen. Damit könnte ein bundesweit wirksames Modell auf den Weg gebracht werden, das neue Akzente für eine stärker auf das Berufsleben, insbesondere das unternehmerische Handeln der Jugendlichen ausgerichtete Schulbildung setzt.
Link:
Internetadresse des Projekts: www.seniorenansnetz.de
e-mail: info@seniorenansnetz.de
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