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Druckversion

Friedel



Der Titel soll provozieren. Die Darstellung der eigenen Großmutter als eine Unwürdige ist nicht jedermanns Sache. Diese Provozierung ist gelungen. Da die Geschichte so geschrieben ist, dass man glaubt, es handle sich tatsächlich um Brechts Großmutter (Frau Karlin Brecht) "herrschte bei Verwandten diesseits und jenseits des Ozeans Verständnislosigkeit. In ihrer Betroffenheit brachten sie nicht den Sinn für Ironie des Titels auf." (Walter Brecht: Unser Leben in Augsburg damals, Seite 190). Walter Brecht meint weiter: "Aus der Weite gesehen geschah in Wirklichkeit gerade das Gegenteil des Vorwurfs der Verleumdung. Denn einer Frau, die Tausende von Schwestern gleichen Schicksals besaß, wurde ein Denkmal gesetzt, ...." (ebenda)

Typisch Brecht ist auch, seine Darstellung - sie spielt in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg, also einer Zeit, in der die Bürgerlichkeit gesellschaftlich noch kaum in Frage gestellt wurde - der normalen Rollenverteilung im bürgerlichen Haushalt zwischen Mann und Frau entsprechend der zwischen Herr und Knecht. Als unwürdig wird eine Frau bezeichnet, die sich weigert, die Rolle des Knechts bis zu Ende zu spielen. Sie verläßt ihre Klasse, die Familie und gesellt sich zu "geringeren Leuten", zu den Verrufenen, zum "Krüppel" und zum sozialdemokratischen Flickschuster. Das ist Klassenverrat.

Heute liest sich die Geschichte eher hoffnungsvoll und vergnüglich. Dass es auch mit 72 noch gelingen kann das Leben mit Eigeninitiative, Spontaneität und Phantasie in Eigenregie zu führen, klingt verführerisch. Wenn jetzt noch hinzukommt, dass - wie tatsächlich auch bei Brechts eigener Großmutter, die auch nach dem Tode ihres Mannes eine gute, bei der ganzen Familie beliebte, Großmutter geblieben war, - das neue Leben, die liebevolle Beziehung zu den Kindern und Enkeln nicht stört sondern bereichert, wäre alles perfekt.