"Die rasanten Entwicklungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Technik werden unser Leben stark verändern. Die neuen Möglichkeiten bergen Chancen und Risiken. Auf Veränderung müssen wir uns einrichten. Aus manchen Entwicklungen müssen wir das Beste machen, vieles können wir vielleicht mitgestalten. In diesem alt-jung Lernprojekt wollen wir uns über unsere Zukunft gemeinsam Gedanken machen". So begann die Ankündigung des Lernprojekts "Zukunftsversionen" auf den Webseiten des ZAWIW im März 2001. Das Projekt lief von März bis Mai 2001.
In dem Projekt diskutierte eine Gruppe SeniorInnen vom ZAWIW und eine Gruppe SchülerInnen der 10. Klasse der Anna -Essinger -Realschule in Ulm über die Zukunft von Technik und Gesellschaft. Das Projekt wurde vom ZAWiW im Rahmen des Modellprojektes "Gemeinsam lernen übers Netz" zusammen mit einem Lehrer der Anna -Essinger- Realschule initiiert. Den Einstieg in die Diskussion bildete das Buch "Version 5.12" von Reinhold Ziegler, das in diesem Fall für Realschülerinnen und Realschüler in Baden-Württemberg Pflichtlektüre war. Die Lektüre des Buches war ein guter Einstieg in das Projekt, aber keine Voraussetzung zur Teilnahme!
Beim Lesen und der Interpretation des Buches "Version 5.12" stellten sich die SchülerInnen folgende Frage: Wie wird sich die Technik in naher bzw. in ferner Zukunft weiterentwickeln? Die Jugendlichen erstellten die Webseite Zukunftsversionen, die auf das Thema des Buches und die Fragestellung des Lernprojektes abgestimmt wurde: "Zukunftsversionen".
Eine Gruppe Seniorstudierender des ZAWiW beschäftigte sich ebenfalls mit diesem Buch und kam zu ähnlichen Fragestellungen wie die SchülerInnen. Auch sie erstellten eine Webseite und stellten sich somit den SchülerInnen vor.
Der erste gemeinsame Schritt war ein reales Treffen von Jung & Alt in den Räumen der Universität Ulm, um in altersgemischten Kleingruppen über die Inhalte des Buches zu diskutieren. Es entbrannten heiße Diskussionen darüber, ob so manche im Buch beschriebene Technik bereits Realität ist oder ob so etwas "hoffentlich nie möglich" sein wird. Besonders interessant daran war, dass es teilweise sehr unterschiedliche Meinungen nicht nur zwischen Jung und Alt, sondern auch innerhalb der gleichen Generationen gab. Zum Ende des Treffens wurden die Ergebnisse der Kleingruppen gesammelt und im Plenum vorgestellt sowie über den weiteren Verlauf des Projekts diskutiert. Ein zweites Treffen wurde vereinbart und fand 14 Tage später statt. Darüber hinaus war ab dem Zeitpunkt klar, dass zur Fortführung andere Wege der Kommunikation genutzt werden sollten, so dass die Diskussion ab sofort über das Internet stattfinden konnte und dass man sich zeitungebunden "treffen und reden" konnte. Also wurde auf den Webseiten von "Gemeinsam Lernen" ein Forum eingerichtet, in dem zentrale Fragestellungen diskutiert werden konnten.
Zentrale Fragen und Überlegungen von Jung und Alt waren:
- Erwartet uns die im Roman beschriebene Zukunftsversion tatsächlich? Wie ist sie zu bewerten?
- Welche Auswirkungen können die technischen Entwicklungen auf das Leben der einzelnen und die Gesamtgesellschaft haben?
- Was können wir tun, damit der Mensch nicht von der Technik und ihren Auswirkungen beherrscht wird?
- Was ist notwendig, um unsere Umwelt vor Gefährdungen durch neue Technologien zu schützen? Haben Jüngere zu diesen Fragen andere Einstellungen als Ältere?
- Wie wird sich die Technik in naher oder ferner Zukunft weiterentwickeln?
- "Die Zukunft liegt in unserer Hand!": Das hören wir jeden Tag! Aber sind wir wirklich auf dem richtigen Weg?
- Steuern wir in eine sorgenfreie sichere Zukunft oder direkt auf den Abgrund der totalen Technik-Abhängigkeit zu?
- Vereinsamung durch neue technische Möglichkeiten?
- Geeintes Europa
- Wie sehen wir uns vor?
- Fragen zum Thema "Datenschutz"
- Umweltprobleme
- Technische Entwicklungen
- Schnittstelle "menschliches Gehirn- Computer"
Resumée:
Zu verschiedenen Themenkreisen gab es kaum Antworten bzw. Kommunikation zwischen Jung und Alt. Dies bedeutete aber nicht, dass kein Interesse am Thema bestand, sondern vielmehr, dass zwischen ihnen ein Konsens stattfand.
Ein besonders reger Austausch fand zum Thema "Vereinsamung" statt. Die SeniorInnen legten den Schwerpunkt auf "Chancen und Risiken eines PCs" und bezogen sich dabei auf eigene Erfahrungen. Die Jugendlichen fokussierten Vor - und Nachteile der PC- Nutzung und der virtuellen Kommunikation, sowie das Verhältnis Ursache- Wirkung.
Zum Thema "Wie wir uns vorsorgen würden" plädierten die SeniorInnen für die Offenheit von Neuem, bei gleichzeitiger Abschätzung der Gefahren ohne auf Chancen verzichten zu müssen. Sie verwiesen auf die Frage der Ethik und auf die Chancen und Risiken der "schönen Welt". Kritische Betrachtung, Bedenken und wenig Vertrauen in die Technik wurden von SeniorInnen häufig geäußert.
Das Thema "Umweltprobleme" entfachte eine rege Diskussion zwischen den SchülerInnen und den SeniorInnen. Die Jugendlichen äußerten Beiträge zur eigenen Verantwortung der Umwelt gegenüber, sie zeigten ein großes Umweltbewusstsein und gleichzeitig wurde die Verantwortung an die Politik als Macht - und Handlungsinstanz abgeschoben. Die SeniorInnen appellierten an das gemeinsame Engagement und Verantwortung aller.
Das Thema "Technische Entwicklung" ergab einen sehr großen Diskussionsbedarf. Bei diesem hoch frequentierten Thema schrieben die Jugendlichen über den positiven Nutzen der technischen Entwicklung für die Menschheit, sie betonten deren Wichtigkeit, sowie die Gefahr der Übertechnisierung, der Abhängigkeit, Selbstverständlichkeit und appellierten an den sinnvollen Einsatz der Technik. Sie sei ein Segen und ein Fluch zugleich. Beide, Jung und Alt, betonten die Wichtigkeit des Grenzensetzen des Technikeinsatzes durch den Menschen. Die SeniorInnen betrachteten die Zukunft als unsicher und hofften auf den instinktiven Kontrollmechanismus der Menschen. Sie machten den Jugendlichen Mut zur Gestaltung der Zukunft, denn sie seien die Zukunft und somit würde die Verantwortung bei ihnen liegen. Sie warnten zugleich vor einem Missbrauch der Technik zu ungunsten der Menschheit. "Wir haben also das Computerhirn noch in unserem menschlichen Griff und ich denke dass unsere Vernunft ausreichen muss, die Technik weiterhin im Griff zu behalten."(Brigitte Nguyen- Duong)