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Szenarium1

Stand:


Das Modellprojekt "Gemeinsam lernen übers Netz" des ZAWiW ist seit März 2005 abgeschlossen. Die Idee des Projekts und das Angebot wird vom ViLE-Netzwerk weitergeführt.www.vile-netzwerk.de

Szenarium 1 - Frau F. goes Internet

Frau F., 34 J., verheiratet, Mutter von drei Kindern im Alter von 12, 8 und 5 Jahren, ist derzeit nicht in ihrem Beruf als Disponentin tätig. Sie wohnt mit ihrer Familie seit 5 Jahren in einem Reihenhaus im Neubaugebiet am Rande eines Dorfes im ländlichen Einzugsbereich einer mittelgroßen Stadt. Ihr Mann ist als Ingenieur in einer größeren Firma tätig, das jüngste Kind besucht den Kindergarten, das älteste die 2. Klasse des Gymnasiums.
Frau F. interessiert sich besonders für Literatur und ökologische Fragen, aber es ist ihr auch wichtig, den Anschluß an ihren Beruf zu bewahren, denn sie möchte, wenn die Kinder größer sind, ihre Berufsarbeit als Teilzeitarbeit wieder aufnehmen. Frau F. besitzt ein Zweitauto, bevorzugt aber aus Umweltgründen die öffentlichen Verkehrsmittel, sofern möglich. Sie ist im Frauenkreis der protestantischen Kirchengemeinde ihres Wohnortes aktiv. Zur Erledigung privater Dinge hat sich Herr F. vor zwei Jahren einen Computer gekauft, seit einigen Monaten ist dieser über einen regionalen Internet- Provider zu günstigen Konditionen ans Internet angeschlossen. Frau F. hat vor längerer Zeit an der städtischen Volkshochschule einen Computerkurs besucht, aber das Erlernte bald wieder vergessen, da sie kein Anwendungsfeld hatte. Durch ein mobiles Internet-Café, das vor einigen Monaten für zwei Tage in ihrem Dorf stand, wurde sie angeregt, ihre erlernten, mittlerweile aber wieder in Vergessenheit geratenen Computerkenntnisse aufzufrischen und sich bei der städtischen Volkshochschule zu einem „Internet- Schnupperkurs“ anzumelden. Sie beschließt, sich mit der Thematik Internet/Neue Kommunikationstechnologien mehr zu beschäftigen.

Im unmittelbaren Wohnumfeld von Familie F. gibt es keine Geschäfte. Die meisten Bankgeschäfte erledigte bislang der Ehemann per Homebanking, seit dem Internet-Kurs erledigt auch Frau F. diese Angelegenheiten. Die Einkäufe für den täglichen Lebensbedarf der Familie (Lebensmittel, Getränke, Haushaltsartikel, etc.) erledigt Frau F. vor allem durch einen wöchentlichen Großeinkauf in einem Supermarkt. Größere Einkäufe (Kleidung, Schuhe, Geschenke) tätigt sie bei ihren gelegentlichen Besuchen in der Stadt, was aber wegen des Zeitdrucks sehr anstrengend ist, oder, wie ihre Nachbarinnen, durch Bestellungen bei einem Warenversandhaus. Durch eine Werbeaktion dieses Versandhauses wird sie auf die Möglichkeit des Einkaufens per Internet aufmerksam gemacht. Sie erprobt diese neue interaktive Einkaufsform und findet es gut, den einzelnen Kaufgegenstand auf dem Bildschirm durch Videoclips von allen Seiten präsentiert zu bekommen und bei Gefallen per Mausklick bestellen zu können. Sie entdeckt Internet-Angebote anderer Versandhäuser, die Tatsache, die Artikel ihres Interesses ohne großen Zeitaufwand sogar im Vergleich betrachten und auswählen zu können, gefällt ihr, so konnte sie durchaus schon ein günstiges Schnäppchen machen. Einen weiteren Vorteil des Online-Shoppings sieht sie in der Tatsache, die Einkäufe von zu Hause aus in Ruhe erledigen zu können, zu einer ihr passenden Zeit - die hektische Suche nach einem Parkplatz bleibt ihr ebenso erspart wie das mühsame Tragen der gekauften Gegenstände, die schriftliche Bestellung per Post und der lästige Gang zum Briefkasten. Ihre Stadtbesuche konzentrieren sich mittlerweile auf ganz persönliche Einkäufe, die verbleibende Zeit nutzt sie, um ein wenig zu bummeln, in einer Buchhandlung zu schmökern, oder sich im Café mit einer Freundin zu treffen. Schon freut sie sich darauf, wenn sie auch die wöchentlichen Lebensmitteleinkäufe per Online erledigen kann, aber noch besteht dieses Angebot nicht in ihrer Region.

Auch die Nachbarinnen von Frau F. sind auf diese neue unkomplizierte Einkaufsmöglichkeit per online neugierig geworden und haben sich bei ihr nach ihren Erfahrungen erkundigt. So ergibt es sich, daß sich die Nachbarinnen alle drei Wochen morgens bei Frau F. bei einer Tasse Café treffen, um Neues im virtuellen Angebot anzuschauen; ab und zu treffen sie sich auch abends, weil da der Zugangstarif zum Internet günstiger ist. Sie vergleichen, tauschen Erfahrungen aus und kommen jedes Mal in ein Gespräch, das bei den Gebrauchsgegenständen anfängt und weit darüber hinausführt.

Bei einem solchen Treffen stellt Frau F. fest, daß eine der Nachbarinnen in einer Bürgerinitiative gegen die geplante Bebauung einer Autobahntangente in der Nähe des Wohngebietes engagiert ist. Diese Gruppe argumentiert mit einer Reihe von Fakten und Zahlenmaterial, die sie verschiedenen Seiten im Internet entnommen hat. Bisher hat Frau F. das Internet vor allem als Hilfsmittel für die Erleichterung ihrer Einkäufe genutzt, da ihre Familie jedoch auch von dem geplanten Bauvorhaben tangiert ist, will sie sich über das Bauvorhaben und seine Auswirkungen näher informieren. Sie wird auf eine von der Kommune eingerichtete Internetseite aufmerksam gemacht, in der die Kommune ihre Baupläne per Text und Bild darlegt und in einem Diskussionsforum die BürgerInnen dazu Stellung nehmen können. Dadurch lernt Frau F. die unterschiedlichen Positionen sowie die Vielschichtigkeit der Problemlage besser kennen. Sie lernt, Suchmaschinen für ihre Fragestellungen zu benutzen , und sie findet auf Internet-Seiten von Umweltorganisationen zahlreiche relevante Adressen, Befragungsergebnisse, Verweise auf Fachtexte, und anderes. Bei ihrer Arbeit mit dem Internet stößt sie immer wieder auf technische Probleme, die sie nicht allein lösen kann. Ihren Mann fragt sie nur, wenn sie anders nicht weiterkommt, weil er diese technischen Probleme lieber selbst löst als ihr schrittweise die Lösung zu erklären. Im „Internet-Schnupperkurs“ wurde sie auf die „Hotline“, die Pannenhilfe des regionalen „BürgerInternetVereins“ aufmerksam gemacht, da holt sie sich telefonisch manchen guten Rat. Hilfreich findet sie auch die verschiedenen virtuellen „Einstiegshilfen ins Internet“ und die Nachfragemöglichkeiten bei neuen Internet-Bekanntschaften.

Durch ihre Recherchen bekommt Frau F. Kontakt zu einer regionalen Umweltgruppe, die sich mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ beschäftigt, ein Thema, das sie seit einiger Zeit in den Medien verfolgt und mit ihrem Mann öfters diskutiert. Das Ehepaar schließt sich der Mailinglist dieser Gruppe an. Beide finden es gut, daß sich die TeilnehmerInnen dieser Gruppe, die über die ganze Region verstreut wohnen, jeden Monat einmal in der Volkshochschule der mittelgroßen Stadt treffen und sich dadurch auch persönlich kennenlernen, was ihnen die Kommunikation in der virtuellen Gruppe sehr erleichtert.

Frau F. ist Mitglied des Frauenkreises ihrer Kirchengemeinde. Der nächste Frauen- Weltgebetstag ist Frauen in einem südamerikanischen Land gewidmet. Zusammen mit zwei anderen Frauen erklärt sich Frau F. bereit, zur Vorbereitung Informationen zu diesem Land und der Situation der Frauen dort zusammenzustellen. Ermutigt durch ihre bisherigen Internet- Erfahrungen recherchiert sie zusammen mit den anderen beiden Frauen zu Hause im Internet. Mit Hilfe von Literaturrecherchen in öffentlichen und virtuellen Bibliotheken und durch Suche in deutschen und englischsprachigen Suchmaschinen werden sie fündig. Am Anfang fühlen sie sich erschlagen von den vielen Dokumenten, auf die bei ihrer Stichworteingabe verwiesen wird, aber nach einiger Zeit bekommen sie einige Praxis und können gezielter „surfen“. Sie sind begeistert, wieviele Informationen sie in kürzester Zeit zu den unterschiedlichsten Aspekten des Landes erhalten: Landkarten, Informationen zur geographischen, wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen Lage, manchmal ärgern sie sich auch, wenn sie lange auf einzelne Seiten warten müssen oder angegebene Internetadressen nicht mehr stimmen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten lernen die Frauen, Literatur, Bildbände und Filmmaterial online bei der Stadtbibliothek zu bestellen. Allerdings finden sie wenig spezifische Informationen zur speziellen Situation der Frauen in diesem Land. Beim Suchen stoßen sie auf die Webseiten von nationalen und internationalen Frauennetzwerken. Sie sind sehr überrascht zu sehen, wie viele frauenspezifische Informationen es im Internet mittlerweile gibt, und mit wieviel Frauen in aller Welt sie kommunizieren könn(t)en, auch über ihr Thema. Die Kosten für die Internet-Nutzung teilen die Frauen sich, sie sind sich aber einig, daß diese noch immer zu hoch sind.

Was Frau F. bei ihren Recherchen im Internet stört, ist die Tatsache, daß viele interessanten Seiten nur in Englisch geschrieben sind und ihr Schulenglisch, das ohnehin schon lange brach liegt, nicht ausreicht. Als die 12jährige Tochter von Familie F. erzählt, daß ihre Klasse von jetzt an im Englischunterricht mit einer englischen Schulklasse über elektronische Post korrespondiert und daß geplant ist, daß diese englische Klasse später einmal zu Besuch nach Deutschland kommt, faßt Frau F. den Entschluß, ihre Englischkenntnisse aufzufrischen. Ihr geht es dabei nicht um Perfektheit in der Beherrschung der Sprache, sondern um den kommunikativen Aspekt. Sie entdeckt ein Angebot im Internet, Fremdsprachenkenntnisse mit Hilfe eines zweisprachigen Lerntandems zu aktivieren bzw. zu erweitern. Das heißt, daß zwischen zwei Lernpartnern/Lernpartnerinnen mit unterschiedlicher Muttersprache ein kontinuierlicher Briefwechsel erfolgt und daß beide jeweils die Fehler des anderen korrigieren. Die Partnersuche findet nach Interessenschwerpunkten und Zielbeschreibungen statt. Frau F. entschließt sich zu einem elektronischen Briefwechsel mit einer gleichaltrigen Familienfrau aus Südengland. Die Tatsache, daß ihre Lernpartnerin gleich mit der ersten E-Mail Bilder von ihrer Familie und ihrem Haus als Attachment mitschickt, stellt Frau F. vor ein neues technisches Problem, nämlich, wie sie diese Dateien öffnen soll. Sie bekommt von einer Bekannten Hilfe, und die Bilder erleichtern ihr die Kontaktaufnahme. Am Anfang tauschen die beiden Informationen über den Alltagsablauf der Familien aus, mit der Zeit diskutieren beide intensiv über Schulprobleme, Einführung des Euro und andere gesellschaftliche Probleme. Diese Art des Lernens kommt Frau F. sehr gelegen, da sie so ihre Zeit frei einteilen kann und sie sicher sein kann, daß das Lernen einen lebenspraktischen Bezug hat. Sie kauft sich zusätzlich ein Sprachlernprogramm auf CD-Rom mit audio-visueller Unterstützung. Nach einigen Wochen liest sie regelmäßig die Beiträge in einem deutsch-englischen Eltern- Diskussionsforum und zusammen mit ihrem Mann gibt sie auch ab und zu kleinere Kommentare ein. Schließlich entsteht der Wunsch, ihre Englischkenntnisse doch auch aktiv sprechend zu verbessern, sie schließt sie sich einem 14-tägig morgens stattfindenden Diskussionskreis in der nächstgelegenen Außenstelle der Volkshochschule an, wo sie auch weitere Lerntips erhält.

Daß die nächste größere Ferienreise der Familie nach England geht und dabei die befreundete Familie besucht wird, ist mittlerweile beschlossene Sache, ebenso, daß Frau F. zusammen mit ihrem Mann die Reiseroute und Reiseziele per Internet vorbereiten und Unterkünfte in den englischen bed-and-breakfast -Unterkünften online buchen werden.

Daß im Kindergarten ihres Sohnes ein Kinder-Computerkurs geplant wird, finden Herr und Frau F. gut, ebenso, daß ihre Töchter schon ganz souverän mit dem häuslichen Computer umgehen können. Den Gebrauch des Internets zur Lösung von Alltagsproblemen weiß Frau F. mittlerweile zu schätzen. Nicht nur bei Stau- und Baustellenmeldungen und Informationen über volle Parkplätze in der Innenstadt seitens der Kommune ruft Frau F. die Fahrplanauskunft des öffentlichen Nahverkehrsverbundes auf, um herauszufinden, wie sie zeitgünstig mit dem Bus fahren kann. Sie bestellt bei der Stadtbücherei Bücher und Zeitschriften online und kann auch auf diesem Wege die Ausleihfrist verlängern, sie informiert sich bei Kinderkrankheiten selbst über Maßnahmen und bei Bedarf erfährt sie schnell über das Internet, welcher Arzt/Ärztin Notdienst hat und sie beraten kann - ggf. auch über das Netz. Das Ehepaar F. hat in ihrem E-Mail-Briefkasten einen Filter installiert, der sie vor unerwünschter Werbepost schützt. Die Frage der Datensicherheit und des Datenschutzes ist bei ihnen immer wieder Thema. Technische Abläufe in Sachen Internet sind Frau F. immer noch wenig vertraut und sie ist bei Problemen auf Hilfe von anderen angewiesen, aber sie kann mit den üblichen Internetdiensten inzwischen ganz gut umgehen. Manchmal schaut Frau F. in die Job-Börse im Internet, um zu sehen, was sich in ihrem Berufsfeld so tut. Über Möglichkeiten der Tele-Arbeit will sie sich noch näher informieren.