Der erst geheime, dann öffentliche Vertrag mit der Atomindustrie


Das ist wohl eine Premiere: Während Bundeskanzlerin Merkel am Sonntag (05.09.2010) vor der Presse die Laufzeitverlängerungen für die Atomkraftwerke als "Revolution im Bereich der Energieversorgung" bezeichnete, saßen Vertreter des Bundesfinanzministeriums von der Öffentlichkit unbemerkt mit Beauftragten der vier Konzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall zusammen, um einen Vertrag über die Deckelung der Kosten festzulegen.

Die vier Kernkraftwerksbetreiber handelten dabei der Bundesregierung weitreichende Garantien ab.

Erst nach Entdeckung des als „Geheimvertrag“ apostrophierten zehnseitigen Papiers und Protesten der Opposition und in der Öffentlichkeit wurde der Vertragstext freigegeben. Die Vereinbarung liest sich laut Zeitung DER NEUE TAG so, "als hätten sie Juristen aus Politik und Atomlobby gemeinsam formuliert. Der normale Mensch jedenfalls versteht die Details dieses Vertrages nicht. Klar ist nur, dass jeder Nachfolge-Regierung eine Änderung erschwert oder gar unmöglich gemacht wird.“

Die wichtigsten Punkte:

Die Energie-Unternehmen dürfen ihre Zahlungen in den Fonds für regenerative Energien kürzen, wenn die geplante Kernbrennstoffsteuer mehr als die angestrebten 2,3 Milliarden Euro pro Jahr einbringt. Damit wird den Unternehmen faktisch garantiert, dass die neue Steuer nicht höher als 145 Euro pro Gramm Uran oder Plutonium ist und auch nicht länger als bis 2016 erhoben wird.

Außerdem darf der Förderbeitrag gemindert werden, wenn "eine Zahlungsverpflichtung im Zusammenhang mit dem Kernbrennstoffkreislauf (einschließlich Entsorgung)" entsteht. Die Kraftwerksbetreiber sichern sich damit gegen etwaige weitere Kosten für die nach wie vor ungelöste Entsorgung des radioaktiven Abfalls ab.

Für die Nachrüstung alter Meiler wird den Konzernen ebenfalls eine Deckelung garantiert. Danach mindert sich die Zahlungsverpflichtung zur Förderung der erneuerbaren Energien ebenfalls, wenn die Kosten für die Nachrüstungs- oder Sicherheitsanforderungen 500 Millionen Euro überschreiten.

Die AKW-Betreiber ließen sich von der Bundesregierung dann auch noch das Recht zusichern, gegen das neue Energiekonzept mit der Laufzeitverlängerung, der Brennelementesteuer und der Abgabe zu klagen.

Was noch vorbereitet wird

Für die Errichtung von Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle und die Standorterkundung "ist die Enteignung zulässig", heißt es im Entwurf zum neuen Atomgesetz, den das Bundeskabinett am 28. September beschließen will. Die Möglichkeit, Immobilienbesitzer zu enteignen, hatte Rot-Grün abgeschafft.

Belastungen für Eigenheimbesitzer zurückgenommen

Die Bundesregierung hat nach Informationen der Financial Times Deutschland die Absicht fallengelassen, die Besitzer von Eigenheimen ab 2020 zu einer energetischen Gebäudesanierung zu verpflichten. Neu eingeführt werden soll dagegen eine Abrissprämie für Häuser, die nicht mehr gemäß den neuesten Energiestandards gedämmt werden können.

Die Mieten in Deutschland könnten in den kommenden Jahren deutlich steigen. Die Hauseigentümer sollten künftig einen größeren Teil der Kosten für eine bessere Wärmedämmung der Gebäude auf die Mieter überwälzen dürfen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel der "Süddeutschen Zeitung".

Was bringt die Mehrwertsteuerreform?

Die in Vorbereitung befindliche Mehrwertsteuerreform soll bei einzelnen Warengruppen zur Erhöhung der Steuer von sieben auf 19 Prozent führen.

wp (Quellen: Spiegel, Berliner Zeitung, Financial Times Deutschland, DLF-Presseschau, Lübecker Nachrichten)

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