Die enormen Kosten der Atomenergie

Beschränkte Haftung – teure Abfallbeseitigung

Wer haftet für die Schäden, wenn eines der deutschen  Atomkraftwerke außer Kontrolle gerät? Wer zahlt für atomare Altlasten? Die Antwort hat drei Buchstaben: Wir.

Eine Risikoanalyse ergab, dass in Japan bei dem Unglück mit den Fukushima-Reaktoren  allein an Gebäuden und Betriebsunterbrechungen ein Schaden von über 25 Milliarden Euro entstanden sein dürfte. Die  Todesfälle und Strahlungsschäden sind dabei noch nicht berücksichtigt.

Für ein AKW-Unglück in Deutschland, geben die Konzerne eine Gewährleistungszusage von 2,5 Milliarden. Für die mit Abstand größten Lasten muss  der Staat einspringen, müssen die Steuerzahler haften.
Ein Nachdenken hat eingesetzt

Dies hat jetzt Experten und Politiker nachdenklich gemacht. Trotz der Milliarden-Subventionen für die Errichtung der Atomkraftwerke müssen die Kraftwerksbetreiber nur einen kleinen Teil des Risikos tragen - den Rest übernimmt der Staat.  Das macht die Kernkraft für die Konzerne so lukrativ, völlig zu Unrecht, sagen Ökonomen. Wenn sich die Stromkonzerne gegen die immensen Schäden versichern müssten, würden sie keine Versicherung finden oder so hohe Prämien zahlen müssen, dass sich die Erzeugung von Atomstrom nicht mehr rentiert.

Haftungspflicht in der Bundesrepublik

Die sogenannte Pariser Konvention legt fest, wie die Betreiber von Atomkraftwerken im Schadensfall haften. Das Abkommen sah nach einem SZ-Bericht für die Unterzeichner eine Deckungspflicht zwischen 70 und 700 Millionen Euro vor. In Deutschland wurde sie mit dem rot-grünen Atomausstiegsgesetz auf 2,5 Milliarden Euro angehoben.
Die zusätzliche Deckung haben die Betreiber durch gegenseitige Haftungserklärungen beigebracht. Kommt es zu einem schweren Atomunfall, zahlt die Versicherung des Betreibers bis zu 250 Mio. Euro, die übersteigende Summe der Betreiber selbst. Wenn er dazu nicht in der Lage ist, haften die anderen Betreiber mit 2,25 Milliarden Euro. Die Betreiber haben sich praktisch gegenseitig versichert, um Kosten zu sparen. Sie haften allerdings in dieser Höhe mit ihrem Vermögen auch für Unfälle in AKW anderer Betreiber.

Eine Prognose, an die man sich nicht gern erinnert

Die Bundestagsfraktion der Grünen will die Schadensvorsorge erhöhen und schreibt, die PROGNOS AG habe im Jahr 1992 im Auftrag des damals FDP-geführten Bundeswirtschaftsministeriums im Falle eines Super-GAU ein Schadensvolumen von rund 5.000 Mrd. Euro berechnet – heute wären das inflationsbereinigt ca. 6.250 Mrd. Euro.

Es sei offensichtlich, dass die AKW-Betreiber und ihre Versicherer nur einen Bruchteil dieser Kosten abdecken könnten. Die mit weitem Abstand größten Lasten müssten von der Allgemeinheit aufgebracht werden, denn alle über die Deckungsvorsorge hinausgehenden Kosten müssen nach § 34 des Atomgesetzes vom Bund, also von den Bürgerinnen und Bürgern übernommen werden.

Nach Angaben des Bundesumweltministeriums entspricht zum Beispiel die  Deckungsvorsorge insgesamt nur 0,05 Prozent der im Fall einer Kernschmelze im Reaktor Biblis B in Hessen prognostizierten Schadenshöhe von etwa 5,5 Billionen Euro. Darüber hinaus haftet der Betreiber mit seinem eigenen Vermögen. Das würde aber bei weitem nicht ausreichen.

Kampagne für AKW-Haftpflichtversicherung

Die Ärzteorganisation IPPNW, die Neue Richtervereinigung NRV, der Bund Naturschutz in Bayern und der BUND haben inzwischen die Kampagne „Sofort volle Haftpflichtversicherung für die deutschen Atomkraftwerke“ ins Leben gerufen. Sie fordert mit einer Unterschriftenaktion eine Betriebshaftpflichtversicherung für den Betrieb von Atomkraftwerken mit ausreichender Deckung für alle Gesundheits-, Sach- und Vermögensschäden.

Bundesministerium: Allgemeinheit zahlt, wenige verdienen viel

Eine Broschüre des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit beleuchtet einen anderen Aspekt. „Bei Atomkraft zahlt die Allgemeinheit, während wenige viel verdienen. Atomkraft ist teuer“, heißt es dort.

Der Bund und damit der Steuerzahler müssen für Stilllegung und Rückbau von kerntechnischen Anlagen – einschließlich voraussichtlicher Kosten für Asse und ERAM – mit circa 7,7 Milliarden Euro rechnen. Dabei sind die Rückbaukosten für die abgeschalteten Atomkraftwerke der früheren DDR und  internationale Verpflichtungen für Beseitigung atomarer Abfalllasten noch nicht berücksichtigt.

Die AKW-Betreiber haben bis Ende 2007 Rücklagen von 26,6 Milliarden Euro für Rückbau und Stilllegung gebildet. Dieses Geld musste bisher nicht versteuert werden. Gut verzinst angelegt bringt es den Unternehmen Gewinne. Aber das Ministerium ist offenbar skeptisch, ob die Summe ausreichen wird. „Falls nicht, müsste die Allgemeinheit einspringen.“

Horst (Quellen: all4finance.de, Süddeutsche Zeitung, gruene-bundestag.de, BMU)

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