Die ersten Schritte zum Ausstieg?

„Der atomare GAU von Fukushima ist der politische GAU der Koalition. Der größte anzunehmende Störfall zum schlimmsten politischen Moment“, schreibt dazu der SPIEGEL.

Die Linie in fünf Minuten gekippt

Nur fünf Minuten braucht Kanzlerin Angela Merkel in einer Pressekonferenz, um der Energiepolitik der CDU nach gut fünf Jahrzehnten eine völlig neue Richtung zu geben. Ein halbes Jahr, nachdem sie verkündet hatte: „Unsere Energieversorgung wird die effizienteste und auch die umweltverträglichste weltweit", musste sie die Aussetzung des Laufzeitverlängerungsgesetzes für drei Monate mitteilen.

Nachdem Kanzlerin Angela Merkel am 14. März das dreimonatige Moratorium bekanntgegeben hatte, kündigte sie nach einem Gespräch mit den Ministerpräsidenten der Länder, in denen es AKW gibt, an, dass die sieben vor 1980 gebauten Kernkraftwerke vorübergehend abgeschaltet werden.

Diese Reaktoren werden abgeschaltet

Es handelt sich dabei um Biblis A und B, Neckarwestheim, Brunsbüttel, Isar 1, Unterweser und Philippsburg 1. Die anderen deutschen AKW sollen während der Sicherheitsüberprüfung in den kommenden Monaten am Netz bleiben. Die vorübergehende Abschaltung der sieben Atomkraftwerke werde rechtlich als "staatliche Anordnung aus Sicherheitsgründen" umgesetzt, sagte Merkel. Bis zum 15. Juni sollen alle Sicherheitsfragen beantwortet werden.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus teilte mit, dass das Atomkraftwerk Neckarwestheim 1 ganz stillgelegt wird. Wegen der erforderlichen Nachrüstungen sei ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr möglich.

Auch der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter-Harry Carstensen kündigte an, er werde die zurzeit stillgelegten Meiler Krümmel und Brunsbüttel vorerst nicht wieder anlaufen lassen und auch darauf dringen, dass die Betreiber auf das Wiederanfahren verzichten.
Frühere Diskussionen vergessen?

"Wir werden die drei Monate nutzen, eine ehrliche Energiediskussion in Gang zu bringen", erklärte Angela Merkel zur Verblüffung der Journalisten. "Denn daran mangelt es bis heute." Da fragt die Berliner Zeitung: „Welche Erkenntnisse hat uns die schreckliche Katastrophe in Japan gebracht, die man nicht schon seit Tschernobyl besaß?“

An dem Treffen mit den Ministerpräsidenten nahmen auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle teil. Brüderle betonte, es gebe auch ohne die sieben Anlagen eine hinreichende Versorgungssicherheit in Deutschland.

Atomindustrie von Moratorium überrascht

Die Atomindustrie wurde offenbar von der Wende der Bundesregierung und dem angekündigten Moratorium völlig überrascht. RWE-Technikvorstand Gerd Jäger sagte der Süddeutschen Zeitung: "Wir gehen davon aus, dass uns die Bundesregierung kurzfristig zu Gesprächen einladen wird." Ein Sprecher von Deutschlands größtem Energiekonzern Eon wird mit den Worten zitiert: "Dafür gibt es keinen Grund. Unsere Anlagen werden nach höchsten Sicherheitsstandards betrieben".

Mit einem abgeschriebenen Meiler können die großen Energiekonzerne etwa eine Million Euro pro Tag verdienen.

Der Präsident des Deutschen Atomforums Ralf Güldner, Cheflobbyist der Kernenergiebranche sagte der Süddeutschen Zeitung: „Eine solche Verkettung ist in Deutschland nicht vorstellbar. Möglicherweise müssen aber Auslegungswerte gegen Ereignisse wie Erdbeben oder Überflutung überprüft werden. Auch das Stilllegen einzelner Anlagen kann derzeit nicht ausgeschlossen werden. Aber wir dürfen jetzt auch nicht überstürzt das gesamte Energiekonzept der Regierung in Frage stellen.“

Angst auch in Kalifornien

Auch in Kalifornien hat man jetzt Angst vor einem großen Erdbeben. Dort liegt die Wahrscheinlichkeit bei 99,7 Prozent. Zahlreiche Atomkraftwerke stehen dicht an tektonischen Spalten.

Horst (Quellen: SPIEGEL ONLINE, Financial Times Deutschland, Süddeutsche Zeitung, Berliner Zeitung, ZEIT)

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