Sicherheit der Atomkraftwerke heute

 „Alles sicher - außer es passiert etwas“, schrieb ein Kommentator vor einem Jahr, als die deutschen Atomkraftwerke nach der Katastrophe von Fukushima einem Stresstest unterzogen wurden. Inzwischen weiß man, dass entgegen der Beteuerungen der Atomwirtschaft die Meiler in aller Welt nicht so sehr sicher sind. Ursache ist fast immer die menschliche Unbedachtheit oder Sorglosigkeit. Übrigens: Kein einziges der 17 deutschen Kernkraftwerke blieb bei dem Stresstest ohne Mängel.

Japan

Aus Japan hört man ein Jahr nach Fukushima, dass die Meiler gegen Erdbeben optimal geschützt waren. Aber an die Riesenwellen eines Tsunami hatte man nicht gedacht.

Trotzdem werden auf der anderen Seite des Inselreichs in Tsuruga neue AKW-Blöcke ins Meer hinein gebaut. Auch wieder ganz sicher: Mit hohen Betonschutzwänden. Was geschieht, fragt man sich, wenn ein schweres Erdbeben, wie sie in diesem Land nicht selten stattfinden, diese Mauern beschädigt? Zur Zeit stehen 52 der 54 Reaktoren in Japan still.

Deutsche Fässer

Auch die deutsche Atomwirtschaft hält seine Meiler für sicher. Doch erst kürzlich musste man hören, dass Greenpeace verrostete Atommüllfässer auf dem Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks Brunsbüttel entdeckt hat. Sie müssen – nach dem Aussehen der veröffentlichten Fotos – sehr lange dort gelegen haben, ohne dass jemand überhaupt auf den Gedanken kam, sich um die Lagerung zu kümmern. Die Strahlenwerte sollen am Lagerort sehr hoch sein.

USA: Neue Regeln

Selbst aus den USA vernimmt man nach den Sicherheitsbeteuerungen neuerdings andere Töne. Die Atombehörde NRC hat zahlreiche neue und schärfere Sicherheitsregeln für die 104 amerikanischen Reaktoren  erlassen. Die Betreiber haben allerdings bis 2016 Zeit, sie  umzusetzen.

Die Atombehörde verlangt u. a. eine bessere Instandhaltung der Sicherungen der Anlagen, eine Nachrüstung der Überwachung von Wasserständen in allen Meilern und bessere  Lüftungen für Siedewasserreaktoren. Außerdem sollen alle Reaktoren auf die von Erdbeben, Überschwemmungen und längeren Stromausfällen ausgehenden Risiken überprüft werden.

Frankreich: Nachrüstung

In Frankreich hatte die nukleare Aufsichtsbehörde ASN bald nach dem Atomunfall begonnen, sämtliche Reaktoren einer  Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen, mit teilweise haarsträubenden Ergebnissen. Den Unternehmen wurden radikale Umbauten auferlegt. Die Kosten sind noch nicht geschätzt worden. Allein die zusätzlichen Notstromaggregate  dürften insgesamt rund zwei Milliarden Euro kosten.

Inzwischen ist das Thema im Wahlkampf angekommen. Die derzeitige konservative Regierung will an den 80 Prozent Strom aus Kernkraft festhalten. Bis 2025 wollen Grüne und Sozialisten im Falle eines Wahlsieges 24 der 58 Reaktoren abschalten.

Andere Länder

Die Schweden wollen alte Reaktoren durch neue ersetzen, aber keine neuen bauen.

In Großbritannien dagegen sind zu den 19 derzeit laufenden Reaktoren bis zu zehn weitere geplant.

In Tschechien sollen zu den sieben vorhandenen Meilern vier weitere dazukommen. In der Slowakei sind zwei Atomkraftwerke im Bau. In Polen sind die ersten vier Reaktoren des Landes in der Planung.

Die Ukraine hat 15 Atomkraftwerke, zwei weitere sollen gebaut werden. In Russland sind 32 Reaktoren in Betrieb, zehn sind im Bau, dazu sind 14 weitere geplant.

Belgien will bis 2025, die Schweiz bis 2035 aussteigen. In einer Volksabstimmung hat sich das italienische Volk 2011 erneut gegen die Kernenergie ausgesprochen. In Österreich ist ein Verbot der Atomkraft sogar in die Verfassung aufgenommen worden.

In China hatte Premier Wen Jiabao nach Fukoshima eine rigorose Überprüfung des Atomenergieprogramms angeordnet  und die Genehmigung neuer Kernkraftwerke auf Eis gelegt. Ein Jahr nach Japans Katastrophe steht China jetzt kurz davor, das Moratorium für neue Projekte aufzuheben. Bevorzugt sollen Kraftwerke der dritten Generation gebaut werden. Weltweit fehlen Erfahrungen mit diesem fortschrittlichsten Reaktortyp.

Horst (11./12.03.2012, Quellen: SPIEGEL ONLINE, NDR, Berliner Zeitung, ZEIT ONLINE, ARD-Mittagsmagazin, Financial Times Deutschland)

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