Fleischloser Wahlkampf - ein Kommentar

Man kann den Eindruck haben, dass sich niemand so recht für den Wahlkampf für den 18. Bundestag am 22. September interessiert. Die Bürger nicht und die Parteien auch nicht.

Eigentlich sollte die „heiße Phase“ des Wahlkampfs schon begonnen haben. Doch trotz zahlreicher echter Probleme fällt den Grünen nichts Besseres ein als einen „Veggie-Day“ zu propagieren. Jede Woche sollten die Kantinen der Republik nur fleischlose Gerichte anbieten. Und die FDP ist sich nicht zu schade, dagegen mit Würstchen in den Händen zu protestieren.

Dabei gibt es wichtiges zu Hauf. Aber selbst der Skandal um die amerikanische Datensammelmaschine NSA regt niemand auf. Unsere Bundeskanzlerin belässt es bei der Erklärung, es sei nicht ihre Aufgabe, sich mit Einzelheiten zu befassen, und verschwindet in den Urlaub. Sie macht sich offenbar noch nicht einmal Gedanken darüber, ob die bei jeder passenden Gelegenheit so eifrig über ihr iPhone verschickten SMS-Nachrichten nicht prompt auf den Tischen von Obama und anderen Politikern landen.

Die Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan glaubt, Angela  Merkel habe so hohe Umfragewerte, weil die hohe Komplexität von Zukunftsfragen viele Menschen entmutige, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Und den anderen Parteien fällt dazu auch nichts ein.

Jakob Augstein schrieb im SPIEGEL: „Deutschland vor der Wahl ist das Land der Gelähmten.“ Und: „Im Jahr acht der Regierung Merkel ist Deutschland ein träges Land der Selbsttäuschung.“ Das ist ein scharfes Urteil, doch wer findet optimistischere Worte?

Selbst der Kabarettist und TV-Moderator Alfons mit dem reizenden französischen Akzent wundert sich. Für Protest hätten die  Deutschen kein Interesse. Auf deutschen Straßen demonstrieren Kurden und Türken. Aber die Deutschen selbst gehen nicht auf ihre Straßen.

Dabei gäbe es viel zu beanstanden: Bruch des Grundgesetzes und der Privatsphäre durch die NSA und andere Geheimdienste, über 5 Millionen Menschen, denen der Arbeitslohn nicht zum Leben reicht, Verdrängung der Bürger aus den Stadtzentren durch enorme Mietssteigerungen, ständig steigende Strompreise für Normalverbraucher zugunsten der Industrie und Wirtschaft , Rekorde bei den Steuereinnahmen, aber kein Geld für die Straßen, Geldverschwendung durch Drohnen, Spähsatelliten und Prestigebauten usw.

Mir graust schon jetzt vor dem Wahlergebnis.

Horst (06.08.2013, Quellen: FOCUS, Deutschlandradio Kultur, Spiegel, 3SAT)

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