Piraten wollen die freie digitale Welt erfinden

Die Piratenpartei will in den nächsten Bundestag einziehen, nachdem sie seit 2011 bereits in mehreren Landesparlamenten Fuß fassen konnte. Dafür hat sie ein 49seitiges Wahlprogramm vorgelegt.

Die 2006 von Internetspezialisten in Anlehnung an eine internationale Bewegung gegründete Partei versteht sich als Partei der Informationsgesellschaft. So sieht auch ihr Programm aus.

In der Präambel wird beteuert, dass die Piratenpartei die Demokratie als die bestmögliche Herrschaftsform ansieht. Doch fast die Hälfte der Schrift befasst sich mit der Computerwelt. Dabei wird immer wieder die Freiheit im Internet propagiert. Unerwähnt bleibt, wie viele Hacker und Kriminelle bereits heute das Internet unsicher machen, weil es meist kaum möglich ist, ihre Spuren zu verfolgen und sie zur Rechenschaft zu ziehen. Aber darüber macht man sich keine Gedanken, darum sollten sich eben die staatlichen Behörden kümmern.

Die Piraten setzen wohl ehrliche und ehrenhafte Nutzer voraus und knüpfen daran eine ganze Reihe von Forderungen.

Man möchte die Meinungsfreiheit und die Mitbestimmungsmöglichkeiten jedes Einzelnen stärken.

Die nichtkommerzielle Vervielfältigung und Nutzung von geschützten Werken soll als „natürlich“ betrachtet werden.
Das Urheberrecht sollte verändert werden, um einen „fairen Ausgleich“ zwischen wirtschaftlichen Interessen der Urheber und dem öffentlichen Interesse an Zugang zu Wissen und Kultur zu schaffen. Dazu gehöre eine drastische Verkürzung des Schutzes urheberrechtlicher Werke. Und den Patentschutz möchte man dann gleichermaßen ändern. Auf Software sollte es gar keine Patente mehr geben.

Allen öffentlichen Stellen möchte man eine völlige Veröffentlichung ihres Handelns auferlegen. Alle Verträge müssten öffentlich sein. Dabei wird der „digitale Zugriff“ vorausgesetzt.

Ach ja, dann gibt es auch noch etwas mehr als nur das Internet. Zur Bildung fällt den Piraten ein, dass jeder Mensch das Recht auf freien Zugang zu Information und Bildung hat. Und zwar gebührenfrei. Die frühkindliche Bildung in kostenlosen Kitas sei wichtig.

Die Piraten befürworten das Recht auf eine sichere Existenz. Dazu sollte jedem Bürger ein Einkommen direkt
garantiert werden.

Man ist für eine gesunde und natürliche Umwelt und nachhaltiges Wirtschaften. Für die Energieerzeugung fordert man die Umstellung von endlichen Energieträgern auf generative und regenerative Energiequellen. Erklärt wird das nicht näher.

Für die Landwirtschaft stellt man sich leistungsfähige, regional angepasste Betriebe vor, Auch Kleinbetriebe sollten
gleichberechtigt teilnehmen können. Eine industrielle Massentierhaltung wird abgelehnt.

An der Finanzierung des Gesundheitswesens möchten die Piraten alle Bürger beteiligen. Privilegien der Privaten Krankenversicherungen seien im Interesse einer einkommens- und vermögensunabhängigen Gesundheitsversorgung
abzuschaffen.

Die Piratenpartei Deutschland steht für eine repressionsfreie Drogenpolitik, so heißt es. Statt Schwarzhandel sollte es  „kontrollierte Erwerbsstrukturen“ geben. Man geht so weit, beim Drogenkonsum auf eine freie Entscheidung des
Individuums und auf das Vertrauen in seine Vernunft zu setzen.

Das Rentensystem würden die Piraten gern mit dem Ziel eines Grundeinkommens für alle umwandeln. Jeder Rentner sollte im Alter eine Mindestrente erhalten, welche eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Dazu müsse die Einnahmebasis verbreitert werden. Alle bestehenden Rentensysteme, berufsständischen Versorgungssysteme und Pensionen im öffentlichen Dienst würden zu einer Rentenkasse zusammengeführt, alle steuerpflichtigen Einkommen und Kapitalerträge zur Zahlung von Rentenbeiträgen
verpflichtet.

Für die Europäische Union hat man das Ziel, die Staaten durch eine gemeinsame Verfassung zusammenzuführen.
 
Fazit: Einiges in dem Programm ähnelt den Vorstellungen anderer Parteien des linken Spektrums. Die Sicht auf die „digitale Welt“ erscheint dagegen recht utopisch.
 
Eigentlich müsste die Empörung über die Datenspionage durch die amerikanische NSA, die Edward Snowden aufdeckte, eine Steilvorlage für die Piraten sein. Doch in den Umfragen dümpeln sie weiter vor sich hin. „Kein Tag vergeht ohne Pressemitteilung, Petition oder Appell“, schreibt der Spiegel. Doch davon hört und liest man nichts. Für die Medien sind die Piraten uninteressant geworden.

Horst (10.07.2013)

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