Neues Griechenland-Hilfspaket kleingeredet

Nun rückt die Euro-Krise doch noch in den Mittelpunkt des Wahlkampfs, was die Bundesregierung tunlichst zu vermeiden suchte. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sorgte für einen Sturm der Aufregung. Auf einer CDU-Wahlveranstaltung in Ahrensburg bei Hamburg räumte er als erster deutscher Regierungspolitiker offen ein, das Griechenland ein weiteres Hilfspaket benötigt.

Was hat er damit bezweckt? Der Deutschlandfunk fragt: War es Absicht oder Versehen? „Die Wahrheit dürfte viel simpler sein. Wolfgang Schäuble hat sich verplappert.“

Die Regierung bis hin zur Bundeskanzlerin wollten danach, Schäubles Äußerung verharmlosen. Man versuchte, die Öffentlichkeit darüber zu täuschen, was der Minister tatsächlich gesagt hat. Schäubles Sprecher nannte Nachfragen von Journalisten kleinkarierte Haarspaltereien.

Dann bestätigten Ausschnitte aus Schäubles Rede im Fernsehen die ersten Berichte. Doch die Bundeskanzlerin beteuerte gleichzeitig, der Minister habe nichts Neues gesagt. Deutschlandfunk: „Das entsprach nicht der Wahrheit.“
Merkel: Keine Überraschung.

Monatelang hatte die Regierung vehement bestritten, dass Griechenland weiterer Hilfen braucht. Jetzt sagt die Kanzlerin, jeder habe gewusst, zusätzliche Kredite könnten nötig sein, berichtet die ZEIT. Ein weiteres Hilfspaket für Griechenland sei keine Überraschung. Was Finanzminister Wolfgang Schäuble über mögliche neue Kredite gesagt habe, "das hat jeder gewusst", sagte Merkel auf einer CDU-Wahlkampfveranstaltung.

Harsche Kritik aus Bayern

Ein neues Hilfspaket für Griechenland komme nicht in Frage, äußerte sich CSU-Chef Horst Seehofer in der SZ. Schäubles Vorstoß sei "nicht sehr glücklich".

Bayerns FDP-Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch sprach von einem "völlig falschen Ansatz". Finanzminister Markus Söder (CSU), meinte, Es gebe derzeit keinen Anlass für neue Überlegungen zum Thema Griechenland, und es wäre auch "völlig falsch, jetzt ein drittes Paket zu fordern".

SPD: Die Unwahrheit über die EU-Schuldenkrise gesagt

Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Detmold warf Altkanzler Gerhard Schröder der Kanzlerin vor, den Deutschen die Unwahrheit über die Kosten der europäischen Schuldenkrise zu sagen. Mit Vertuschen und Verschleiern gewinne man kein Vertrauen des Volkes, sondern nur mit Klartext. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück erinnerte daran, dass Merkel 2010 noch angekündigt habe, dass es für Griechenland keinen Cent geben werde.

"Frau Merkel muss den Deutschen endlich reinen Wein einschenken - und zwar vor der Wahl", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Ihr Finanzminister habe ausgesprochen, was Merkel der Bevölkerung verheimlichen wolle.

FDP-Abgeordneter: Von Anbeginn an Lug und Trug

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler fand in einem DLF-Interview scharfe Worte: „Griechenland braucht, wenn es im Euro bleiben will, noch ganz, ganz viele Milliarden, und da gibt es auch noch ganz, ganz viele Pakete und Hilfen für Griechenland, das ist ganz klar.“ Das ganze Paket sei von Anbeginn an Lug und Trug gewesen. , Es untergrabe die Glaubwürdigkeit der Politik.

Auch FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle kritisierte Schäuble für dessen Ankündigung eines dritten Hilfspakets. „Wir sollten den Reformdruck für Griechenland durch verfrühte Diskussionen nicht abschwächen“, sagte er „Bild am Sonntag“. Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte vor „Blankozusagen“ für Griechenland.

Oettinger nennt „kleinen zweistelligen Milliardenbetrag“

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte erklärt, es sei zu früh, um über konkrete Summen zu spekulieren. Dagegen sieht EU-Energiekommissar Oettinger bereits konkreten Bedarf für ein drittes Hilfspaket. Athen müsse mit einem „kleinen zweistelligen Milliardenbetrag“ unterstützt werden. Oettinger schloss einen erneuten Schuldenerlass und weitere Belastungen für den Steuerzahler nicht aus.

Geld aus dem EU-Haushalt?

Die Mittel für ein neues Hilfsprogramm für Griechenland sollen zumindest teilweise über den EU-Haushalt finanziert werden. Es werde darüber diskutiert, der Regierung in Athen zusätzliche Mittel aus den EU-Strukturfonds zur Verfügung zu stellen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Das zusätzliche Geld, das Griechenland benötigen könnte, wird derzeit auf knapp elf Milliarden Euro geschätzt.

Zehn Milliarden

Inzwischen hat der griechische Finanzminister die Summe genannt. "Wenn Griechenland neue Hilfen braucht, werden es etwa zehn Milliarden Euro sein", sagte Giannis Stournaras der Zeitung Proto Thema. Er forderte gleichzeitig, dass die zusätzliche Hilfe nicht mit weiteren Auflagen verbunden werden darf.

Horst (24.+26.08.2014, Quellen: Deutschlandfunk, Spiegel, ZEIT, Focus, FAZ)

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