Wahlbeobachtung: Wahrheiten und Turbulenzen

Bisher war die Eurokrise kaum ein Thema im Wahlkampf der CDU. Man scheute sich vor konkreten Aussagen. Deutschland geht`s doch gut, das ist die Hauptsache. Nun hat aber Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bei einer CDU-Wahlveranstaltung in Ahrensburg bei Hamburg die Katze aus dem Sack gelassen.

Als erster deutscher Regierungspolitiker räumte er offen ein, dass Griechenland auch nach 2014 weitere Finanzhilfen der EU benötigt. Es werde für Griechenland noch ein Hilfsprogramm geben müssen, sagte er nach Presseberichten. Erst am 12. August hatte ein Sprecher des Finanzministeriums noch erklärt, es gebe keinen Anlass für Überlegungen zu weiteren finanziellen Erleichterungen für Griechenland.

Bisher habe die Bundesregierung bewusst offengelassen, wie  Griechenland nach dem zweiten Hilfsprogramm  finanziert werden soll, schreibt die FAZ.

Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich, wie das Blatt meldet, sehr viel zurückhaltender als Schäuble: „Wir haben in der Eurozone immer gesagt, dass wir die Lage Griechenlands Ende 2014 oder Anfang 2015 neu zu bewerten haben. Es ist vernünftig, diesem Zeitplan zu folgen“, sagte sie den „Ruhr-Nachrichten
Turbulenzen um Gabriel, Trittin und Merkel

Aber auch an anderer Stelle gibt es Turbulenzen. Die Äußerungen des SPD-Vorsitzenden Gabriel zur Steuerpolitik sorgten aufgrund einer Meldung von Spiegel Online für Aufregung. Er sei damit von den Steuerbeschlüssen seiner Partei abgerückt, wurde behauptet und Gabriel hatte tagelang Mühe, dies auszuräumen. Schließlich hatte er nur gesagt, die Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerdumping seien besser als Steuererhöhungen ohne die im Wahlpapier stehenden Steueraussagen zurückzunehmen. Die ZEIT kritisiert: Spiegel Online zeigte einmal mehr, wie man einen Streit herbeischreibt, wo keiner ist.

Doch zunächst wurde die Behauptung überall geglaubt. Die Süddeutsche kommentiert, wer, wie der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel, ein ganzes Wochenende lang den Eindruck erwecke, die Partei rüttele aus Angst vor einer Wahlniederlage an ihrem längst beschlossenen Steuerprogramm, schaffe keine Klarheit, sondern Verwirrung.

Und im Deutschlandfunk kommentierte Frank Capellan aus dem Hauptstadtstudio: Eine solche Anbiederung an die Union nennt man Rumgeeier.

Der Grüne Spitzenkandidat Jürgen Trittin warf dem Koalitions-Wunschpartner SPD in einer ersten Reaktion „Hasenfüßigkeit“ vor. „Ich bin ja immer dafür, dass Politik mit dem Betrachten der Wirklichkeit verbunden wird.“ Und das gehe nicht mit Versprechungen darüber, dass man vielleicht in zehn Jahren endlich mit dem Steuerdumping in der EU Schluss macht,

Merkels Besuch im KZ und im Bierzelt

Bundeskanzlerin Merkel besuchte die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau und anschließend eine Wahlkampfveranstaltung in einem Bierzelt. Das war Anlass zu scharfer Kritik. Grünen-Politikerin Künast nennt die Abfolge eine „geschmacklose und unmögliche Kombination“.

Der Historiker Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin meinte in einem Radio-Interview, es mache einen beiläufigen Eindruck, „wenn man, kurz bevor man dann ins Festzelt zum Wahlkampf geht, noch den Kranz niederlegt und Betroffenheit äußert“.

Horst (20.08.2013, Quellen: FAZ, ZEIT, SZ, Deutschlandfunk, Focus)

Zurück