Von Atomkraftwerken umgeben IV

Deutschland sagt bald dem Atomstrom ade,  doch in der Nähe unserer  Grenzen stehen viele Meiler – und nicht jeder ist wirklich sicher. ViLE-Lübeck hat recherchiert, wie es in unseren Nachbarländern mit der Atomkraft aussieht. Hier zwei weitere Länder:

Polen

Bereits 1972 beschloss die sozialistische Regierung Polens den Bau von zwei Reaktorblöcken sowjetischer  Bauart. Begonnen wurde 1980 in Żarnowiec, 80 Kilometer von Danzig entfernt. Käme es dort zu einem Unfall, wäre laut einer Studie auch Berlin betroffen, berichteten entsetzt die Berliner Zeitungen.

Eine Protestbewegung namens „Wolność i Pokój” (Freiheit und Frieden) organisierte Widerstand, es gab Demonstrationen und Flugblätter, sogar Hungerstreiks und Gebäudebesetzungen. Nach Tschernobyl wuchs der Widerstand mit internationaler Unterstützung.

In den 90er Jahren gab die Regierung das Projekt auf und beschloss ein Moratorium bis 2005: Die unvollendeten Gebäude beginnen zu zerfallen. Einer der beiden Reaktoren wurde an das Kernkraftwerk Loviisa in Finnland abgegeben, der zweite steht heute im Center for Nuclear Studies in Paks (Ungarn).

Nachdem Donald Tusk im November 2007 Premierminister wurde, beschloss seine Regierung einen grundlegenden Wechsel in der Energiepolitik. Bis 2025 sollen demnach zwei neue Kernkraftwerke fertiggestellt werden. Dies ist Teil eines Energie-Aktionsplans, bei dem angestrebt wird, Polens Abhängigkeit von Kohle zu vermindern und die Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland zu reduzieren. Man stehe mit Frankreich und Südkorea in Verhandlungen über die Lieferung moderner Reaktortechnik.

Die Planung der Inbetriebnahme des ersten Blocks wurde mehrmals verschoben, zunächst auf die Jahre 2027 bis 2029, dann auf 2031.  Kritiker gehen inzwischen davon aus, dass das Projekt nie verwirklicht wird.

In Meinungsbefragungen sprechen sich konstant knapp 50 Prozent der Polen gegen Atomkraft aus. Die Regierung hat deshalb unter dem Motto „gesellschaftlicher Dialog“ einen landesweiten Propagandafeldzug für ihre atomaren Pläne eingeleitet. Kritiker meinen, dass die Atomkraft auch in Polen nur rentabel ist, wenn die Kosten für Entsorgung und Rückbau der AKW nicht mit eingerechnet und zudem hohe Abnahmepreise für Atomstrom garantiert werden.

Rainer/wp (03.04.2016, Quellen: ausgestrahlt.de, taz, Tagesspiegel, Wikipedia)

Luxemburg

Das kleine Land ist seit 1958 Mitglied der IAEO und wollte in den 1970er Jahren in die Atomenergie einsteigen. Dafür wurde eigens von RWE die „Societe Luxembourgeoise d’Energie Nucleaire“ gegründet, die auch Betreibergesellschaft des deutschen AKW Mülheim-Kärlich (Rheinland-Pfalz) war.

Aber im Dezember 1978 erhielt die luxemburgische Regierung keine Mehrheit im Parlamen und ein AKW wurde nicht gebaut. Luxemburg deckte nach einer Veröffentlichung vom September 2011 allerdings noch 23,4 Prozent seines Energiebedarfs durch importierten Atomstrom.

Am 7. Oktober 2011 übergab ein Aktionskommitee eine von 23.000 Menschen unterzeichnete Petition gegen Atomkraft an die luxemburgische Regierung, in der neben der Schließung benachbarter AKW auch eine nachhaltige Energiepolitik ohne Atomkraft in Luxemburg gefordert wird.

Luxemburg sieht seine gesamte Existenz von einem französischen Atomkraftwerk bedroht. Das Großherzogtum bietet seinem Nachbarn Frankreich sogar Geld, wenn es das grenznahe AKW Cattenom  abschaltet.

Sollte es ein Problem in dem Kernkaftwerk Cattenom geben, dann drohe Luxemburg "von der Landkarte gewischt zu werden", sagte  Ministerpräsident Xavier Bettel nach einem Treffen mit seinem französischen Kollegen Manuel Valls in Luxemburg.

Eine Petition zu dem AKW erreichte im März innerhalb kurzer Zeit die erforderliche Zahl von 4500 Unterschriften und ist damit Thema einer  öffentlichen Anhörung im Luxemburger Parlament. Als Begründung der Petition hieß es, in Cattenom komme es permanent zu Störfällen.

Das AKW Cattenom ist seit Mitte der 1980er Jahre in Betrieb. Es liegt nahe der Grenze zu Luxemburg und Deutschland und sollte bis 2026 abgeschaltet werden. Die Laufzeit wurde aber kürzlich verlängert.

Gerd/wp (03.04.2016, Quellen: Wikipedia, Saarländischer Rundfunk, heise,de)

Weitere Länder folgen. 

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