Bürger finanzieren Lübecker Windkraftanlage

„Vile-Lübeck kauft Windkraftanlage“, so oder so ähnlich würde sich die Überschrift lesen, wenn BILD darüber berichtete.

Tatsache ist, dass einige Mitglieder von Vile- Lübeck der Meinung waren, es reicht nicht aus nur über die Energiewende zu berichten und  die damit verbundenen Schwierigkeiten aufzuzählen, man muss auch konkret etwas beitragen , zum Klimawandel, zur erneuerbaren Energie und zur CO2 Reduzierung.

Vieles machen wir ja alle schon ,fahren meistens Rad, sparen Strom, reduzieren den Wasserverbrauch, wechseln den Stromtarif bzw. den Anbieter und sehen fern  nur noch mit Ökostrom und das schöne dabei, bei all den aufgezählten Maßnahmen spart sogar noch Geld.

Aber auch das reicht nicht. Deswegen fügte es sich glücklich, das Anfang dieses Jahres der örtliche Strom- Versorger, die Stadtwerke Lübeck,dazu aufgerufen haben, sich an der Errichtung von Windkraftanlagen finanziell zu beteiligen. Innerhalb kurzer Zeit kamen durch rund 500 Bürger 4,6 Millionen Euro zusammen.

Auch  einige Mitglieder von Vile-Lübeck haben sich  beteiligt. Natürlich wird auch eine anständige Rendite versprochen, nämlich 3,8 Prozent. Dafür ist die Beteiligung auch mit einigen Risiken versehen. Wir werden sehen wie sich das entwickelt und werden in Abständen darüber berichten. Wir machen also mit  bei  unserer eigenen Energiewende.

Am 22.8.2012 hatten die Stadtwerke die Anleger zu einer Informationsveranstaltung geladen. Die Geschäftsführerin Annie Lykke Gregersen und ihre Mitarbeiter stellten dort die ersten Ergebnisse vor.

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Die Energieexpertin wurde von dem dänischen Energiekonzern Dong Energy, der 25,1 Prozent der Lübecker Stadtwerke erworben hat, in die Hansestadt entsandt.

Mit unseren  Geldern wurden u.a. zwei vorher schon in Planung und Bau befindliche Anlagen im Rahmen des Repowering (4 kleine Anlagen wurden abgebaut und zwei größere dafür gebaut) mitfinanziert. Eine davon konnten wir nun besichtigen.

Vorher gab es aber noch grundsätzliche Informationen über die Politik der Stadtwerke hinsichtlich der Umstellung auf erneuerbare Energie.

Dabei erfuhren wir, dass bereits heute schon die noch 9 bundesweit betriebene Atomkraftwerke mit einer Leistung von 12.000 Megawatt theoretisch ersetzt werden könnten durch die vorhandenen Windkraftanlagen mit einer Leistung von 30.000 Megawatt - wenn alle am Netz wären und der Wind weht .Die führenden Länder bei der Windkraft sind nicht, wie wir dachten Schleswig Holstein, sondern Niedersachsen (Nordsee!) Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Erst an 4. Stelle kommt Schleswig Holstein.

Projektleiter Jens Kaben  informierte uns über die schwierigen Genehmigungsverfahren und Auflagen sowie über die technischen Daten der Anlage.
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Es handelt sich um eine Anlage vom Typ Enercon“ E-82E2“( Enercon ist der Hersteller), entsprechend den neuesten Umweltstandards. Die Nabenhöhe ist 85 m und der  Rotordurchmesser 82 m. Die Leistung beträgt 2.300 kW. Je Rotorblatt gibt es ein autarkes Stellsystem mit zugeordneter Notversorgung.

Durch ihren getriebelosen Antrieb ist sie besonders geräuscharm und bei tiefstehender Sonne stellt sie automatisch den Betrieb ein, um einen unverhältnismäßigen Schattenwurf zu verhindern.

Auf Grund ökologischer Auflagen des Umweltamtes wird in einem zweijährigen Monitoring erprobt, ob sich die Anlage negativ auf den Flug von Fledermäusen auswirkt. So wird zu bestimmten, aus Erfahrungswerten entnommenen Flugzeiten, die Anlage automatisch abgestellt. Gleichzeitig überwachen Kameras eventuelle Flugbewegungen der Fledermäuse.

Außerdem mussten die Stadtwerke ein über 18.000 Quadratmeter großes Grundstück als Ausgleichsmaßnahme erwerben, das naturbelassen bleibt. Und es  mussten 11.000 Euro für die Beeinträchtigung der Landschaft gezahlt werden.
Gewinner sind u.a. auch  die Landwirte, die das Grundstück verpachten und zusätzlich am Gewinn beteiligt werden (was uns ehrlich gesagt sehr wunderte).

Insgesamt wurden über 30 Umweltparameter geprüft und mussten beim Bau berücksichtigt werden.


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Da es sich bei dieser Anlage um eine Repowering-Massnahme handelt, vergingen zwischen Konzept, Planung, Genehmigung und Bau nur 3 Jahre. Beim Bau neuer Anlagen, die in festgelegten Eignungsgebieten liegen müssen, dauert die Planung wesentlich länger, zumal sehr langwierige Bürgerbeteiligungsverfahren dazu kommen. Das können 8 bis 10 Jahre vergehen.

Wir konnten einen Blick in die Anlage werfen, die zwar betriebsbreit, aber noch nicht abgenommen ist, und staunten über die Vielzahl von Messinstrumenten dieser  Hightech-Anlage.

Tatsächlich wird hier alles automatisch geregelt: Die Stellung der Flügel  zum Wind, die Geschwindigkeit, das Abschalten bei Sturm, die Koordination mit den anderen Windkraftanalgen, die Schattenschläge, der Geräuschpegel, die Einspeisung in das stadteigene Netz und, wie oben schon geschildert, die Videoüberwachung der Flugbewegungen der Vögel und der Fledermäuse.

Etwas Unwohl war mir, als ich die schmale Leiter sah, auf der die Monteure den Turm erklimmen müssen. Weiter oben erwartet sie allerdings eine automatische Aufstiegshilfe, ein etwas primitiver Aufzug.
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Schön wäre es, wenn andere VILE Mitglieder aus anderen Städten über ähnliche Erfahrungen oder Projekte berichten können.

Quelle: Stadtwerke Lübeck, Text Axel, Videos Horst

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