Mit 2° die Welt retten

Ein Gespräch mit Max Schön, Vorstand der Stiftung 2° -  Deutsche Unternehmer für Klimaschutz und Präsident des CLUB OF ROME  Deutschland. 

Bild von Max Schön

Max Schön, 51 Jahre alt, ein Lübecker Unternehmer, hat schon viele Ziele in seinem Leben erreicht, von denen andere nur träumen. Viele Jahre war er Geschäftsführer der elterlichen Firma, wechselte dann in den Aufsichtsrat der Max Schön AG, war 2001 bis 2005 Präsident des Unternehmensverbandes „Die Familienunternehmer-ASU“ und bekleidet seitdem viele Ehrenämter im Bereich des Klimaschutzes.

Schon in frühen Jahren hat er sich dem Umweltschutz verschrieben und mit dem Klimaschutz beschäftigt. Als noch niemand von Elektroautos sprach, fuhr er in Lübeck ein Elektroauto und kaufte den Strom durch eine Beteiligung an einer lokalen Windstromgenossenschaft.

Heute kümmert er sich fast ausschließlich um Nachhaltigkeit und insbesondere um Klimaschutz. Er ist Vorstand der „Stiftung 2° - Deutsche Unternehmer für Klimaschutz“. Ziel dieser Initiative ist es, die Politik bei ihren Bemühungen um den Klimaschutz zu unterstützen. Benannt ist die Stiftung nach ihrem wichtigsten Ziel: Die durchschnittlich globale Erderwärmung auf maximal 2 Grad zu beschränken.

Außerdem ist Schön Präsident der Deutschen Gesellschaft CLUB OF ROME. Und mit diesen Kenntnissen und Fähigkeiten Mitglied auch im Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung. Und er ist Aufsichtsratsvorsitzender der DESERTEC Foundation Berlin.

Und genau wegen dieser vielen herausragenden Ämter und Positionen wollten wir gerne mit ihm im Rahmen unseres Projektes „ Auf dem Weg zur Energiewende“ sprechen. Wir hatten ihn schon einmal zu einem Seminar eingeladen - nach Leck. Aber das klappte nicht. Nun, kurz vor Weihnachten, bekamen wir einen Termin in Lübeck, seinem Firmensitz.
Da kommt bei dem Gespräch mit einem so ausgewiesenen Fachmann natürlich Respekt auf, und vorsichtshalber hatten wir seine Lieblingsspeise Dresdner Christstollen mitgebracht, das kam gut an und lockerte gleich auf.
Im Wesentlichen ging es uns im Gespräch mit ihm um drei Themen:

Seine Sicht zu den Bemühungen der Bundesregierung zur Energiewende, den Stand des Projektes Desertec und um Fragen der vom CLUB OF ROME geforderten Nachhaltigkeit in der Wirtschaft.

Die Arbeit der Bundesregierung:

Max Schöns Kritik an der bisherigen Arbeit der Bundesregierung beim Thema Energiewende ist scharf. Sie hat es nicht geschafft, eine nationale Debatte zur Energiewende und deren Notwendigkeit zu initiieren. Stattdessen wird über Strom und Strompreise und Stromtrassen geredet, d.h. die eigentlich gesellschaftlich wichtige Debatte ist zu einer technologischen Diskussion  verkommen. Von der anfänglichen Aufbruchstimmung sei kaum mehr etwas zu spüren.
Es gibt keinen Prozessverantwortlichen und kein bundeseinheitliches Konzept. Wirtschafts- und Umweltministerium agieren nebeneinander her. Der Bund moderiert mit den 16 Ländern verschiedenen Möglichkeiten, bietet aber nach wie vor keine übergreifenden Konzepte. Es gibt zwar Wettbewerb der Anbieter, aber kein Konzept des Bundes für die Idee einer  neuen sozialen Marktwirtschaft, um die Konflikte in der Gesellschaft zu entschärfen bzw. nicht zu verschärfen. Also Versagen auf der ganzen Linie.

Die Forderung von Max Schön: Klare Ziele, verlässliche Systeme und Investitionssicherheit für die Akteure. Seiner Meinung nach ist es falsch, die Umstellung des Energiesystems nur mit Subventionen zu realisieren. Genau das führe zu den jetzt schon erkennbaren Preiserhöhungen und damit zu  Ungerechtigkeiten.

“Eingeschickt organisierter Wettbewerb und ein neues Preissystem für Strom würden die Energiekosten der Haushalte langfristig sogar senken können.“

Immer mehr große deutsche und weltweit tätige Unternehmen fühlen sich, so Max Schön, verpflichtet, Ressourcen zu schonen, auf Nachhaltigkeit zu achten und den Klimaschutz zu berücksichtigen. Daher der Zusammenschluss zu der Stiftung 2°. Max Schön äußerte sich hierzu detailliert im folgenden

Videobericht.

Desertec, die Diskussion um den Wüstenstrom

Die Entstehung dieses Projektes hatte, so Max Schön, seinen Vorläufer schon um 1913 mit dem Amerikaner Frank Shuman, der ein solarthermisches Kraftwerk in Ägypten baute, um die Probleme der Bewässerung des fruchtbaren Niltals zu lösen.

Die Idee wurde nach Tschernobyl von dem deutschen Physiker Dr. Gerhard Knies aufgegriffen, der nach dem Atom-Gau einen Ausweg aus der Atomkraft suchte.

Mit vielen anderen Wissenschaftlern zusammen wurde ab 2005 die Idee entwickelt, den Technologie- und den Sonnengürtel der Wüsten zusammenzuführen -„ deser tec“ - und 2007 wurden die Ergebnisse von ihm und dem Präsidenten des Internationalen Club of Rome, Prinz Hassan von Jordanien dem Europäischen Parlament vorgestellt. Ein Jahr später war das Projekt auf der politischen Bühne in Europa angekommen: im europäischen Parlament. Die Gründung der gemeinnützigen Stiftung „Desertec Foundation“ erfolgte 2009.

Die ursprüngliche Idee war nie, nur Strom herzustellen, sondern waren der Klimaschutz und die Lebensbedingungen der Menschen in den Wüstenregionen der Welt. zu verbessern, Entwicklungschancen anzubieten, nachhaltige Prozesse anzuregen und vor allem, die Grundlagen für eine stabile Bevölkerungsentwicklung durch Strom-, Wasser- und Nahrungssicherheit zu schaffen. Allein heute gibt es  laut Desertec-Atlas über 12 Millionen Kriegs- und Klimaflüchtlinge in alleine in Afrika. Nur ein Bruchteil erreicht Europa. Wenn sich nichts ändert, wird sich  nach Schöns Ansicht der Anteil der Klimaflüchtlinge, die Europa zu erreichen versuchen, um das Vielfache erhöhen.
Erst durch die weiteren die Überlegungen, welche technischen Systeme dafür geeignet wären, kam man auf die Idee, dass mit der Installation von Solarkraftwerken mehr Strom produziert werden kann als in den nordafrikanischen Ländern benötigt wird und diesen nach Europa zu verkaufen, um der heimischen Wirtschaft auch Einnahmequellen zu verschaffen.

Max Schön ärgert sich, dass das Projekt allzu häufig nur unter dem Aspekt „Strom aus der Wüste für Europa“ diskutiert wird.

Unsere Fragen, wieweit denn die in Deutschland überraschend erfolgreiche nachhaltige Erzeugung von Strom und auch die politischen Umwälzungen im nordafrikanischen Raum das Projekt beeinträchtigen oder vielleicht sogar überflüssig machen, wurden von Max Schön eindeutig beantwortet: Überflüssig überhaupt nicht, denn die ersten Projekte  werden in Marokko bereits gebaut. Und Kollektoren auf heimischen Dächern schaffen keinen Wohlstand in Afrika und entsalzen kein Meerwasser für die Landwirtschaft im Nahen Osten.

Max Schön zählt uns alle Projekte auf, die zur Zeit im arabischen und nordafrikanischen Raum geplant, gebaut und auch schon realisiert wurden: In Tunesien, in Algerien, Marokko, Ägypten und auf der Arabischen Halbinsel. Ungeheure Gigawattzahlen werden genannt, die alles übertreffen, was wir aus den atomaren Anlagen  kennen.

Ein Erfolg des CLUB OF ROME

Die ursprüngliche Idee des  CLUB OF ROME, durch Zukunftsinvestitionen global die Lebensgrundlage der Menschen zu stabilisieren, qualitativ und quantitativ zu verbessern, ist offensichtlich angekommen. Hierzu sagte Max Schön, der ja auch Präsident des CLUB OF ROME Deutschland ist, im folgenden

Videobericht.

Ob am Ende auch Strom für Europa produziert wird, ist aber noch nicht abgemacht und die Umsetzung wird sicher noch dauern. Max Schön ist aber überzeugt, dass das nachhaltige Projekt langfristig auch für Europa nicht nur unter ökonomischen und technischen Gesichtspunkten sinnvoll ist, sondern dass es auch zur geopolitischen Stabilität des Mittelmeerraumes beiträgt.

Einen Tag nach unserem Gespräch berichtete die Süddeutsche Zeitung über die Expertenkommission der Bundesregierung, die in einem 138seitigen Bericht viele Fehlentwicklungen anprangert: Deutschland sei dabei, die Ziele für Energieeffizienz zu verpassen, der Offshore Windkraft fehlt die Dynamik, beim Solarstrom setze die Bundesregierung auf falsche Anreize.

Wie so oft bei dem Thema Energiewende: ViLE ist mal wieder aktuell.

Text & Foto Axel, Videos Horst (Quellen: SZ vom 19.12.2012, Desertec-Atlas. Der Atlas ist erhältlich unter: www.clubofrome.at/2011/desertec-atlas/bestellung )

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