Kraftwerk Stadt – ein Projekt in Wilhelmsburg

Hamburg versucht, in einem Stadtteil die Wärme-und Stromversorgung durch alternative Energiegewinnung autonom zu gestalten. Im Rahmen der IBA (Internationale Bauausstellung), die in Hamburg  Wilhelmsburg seit 2007 stattfindet, will die Stadt völlig neue Wege gehen.

Auf einer Veranstaltung des Lübecker Architekturforums am 22.05.2012 berichtet einer der beiden Geschäftsführer der IBA, Uli Hellweg,  über den Planungstand der Internationalen Bauausstellung,die noch bis 2013 läuft.

Neue Wege heißt für die Planer auch neue Begriffe. So haben die Planer Gebiete entdeckt, die bisher vernachlässigt wurden. Wo Gewerbe sich planlos angesiedelt hat, aber auch  Wohnen stattfindet und sogar noch Landwirtschaft betrieben wird: Auf der Elbinsel Wilhelmsburg.

In diesem Gebiet - die Planer nenne es Metrozone - soll nun eine völlig neue Entwicklung stattfinden. Die vorhandenen Belastungen durch Verkehr und Hafen sollen durch Entmischung der Nutzungen und durch die Verlagerung einer Hauptstraße minimiert werden. Die Wohnfunktion soll neue Qualitäten erhalten und die Altbauten sollen angemessen und energetisch sinnvoll, das heißt zu  den jeweiligen Gebäuden passend, saniert werden.

Die Planer haben dabei 3 Schwerpunkte gesetzt.

Bevölkerung

Die einseitige Bevölkerungsstruktur soll ergänzt, es soll niemand vertrieben werden. Viele ökologische Neubauten sollen neue Bewohner anlocken.

Die Prämissen  "Wohnen heißt bleiben“ und „Aufwerten ohne zu verdrängen“ zeigen den deutlichen Unterschied zu bisherigen Stadtsanierung- und Entwicklungsmodellen, wo die Aufwertung eines Quartiers immer zur Verdrängung der bisherigen Bevölkerung geführt hat. Deswegen ist auch geplant bei den Neubauten 30 Prozent Sozialen Wohnungsbau vorzuschreiben.

Bildung

Das Wohnen soll auf der Basis der jetzigen multikulturellen Mischung entwickelt werden. Die zentrale Rolle spielt dabei die Bildung: Sie wird deswegen in 5 Bildungszentren neu geordnet.  .Alle Formen der Bildung: Erwachsenbildung, Schulbildung, vorschulische Bildung, außerberufliche Bildung, berufliche Fortbildung, Seniorenbildung, kirchliche Fortbildung usw. soll zusammengefasst werden. Auch die Freizeit- und die sportlichen Aktivitäten  sollen dort integriert werden.

Energieeffizienz

Für die Neubauten wurden folgende neue Haustypen entwickelt.

Flexible Häuser (Hybrid houses) sollen für alle Familienformen gelten und sind völlig flexibel. Das gab es früher schon mal unter dem Stichwort flexible Grundrisse. Heute gibt es Bedarf, da sich die Formen des Zusammenlebens und auch die Dauer von Bindungen erheblich verändert haben.

Intelligente Baustoffe der Zukunft(Smart material houses): Hier wird der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes bedacht. Das heißt, der Energieaufwand zur Materialherstellung, der ökologische Aspekt bei der Materialauswahl, die Lebensdauer der Materialien, die Entsorgung, kurzum  die Nachhaltigkeit und nicht nur die momentane Nutzung, die Kosten  und energetische Versorgung eine Hauses werden berücksichtigt.

Preiswerte Häuser (Smart price houses) sollen preiswert  sein und wesentlich unter den durchschnittlichen Kosten von Neubauten liegen, bei denen die zukünftigen Eigentümer mit Muskelhypothek (Eigenarbeit) auch im Geschoßwohnungsbau viel Geld sparen können.  Sie können selbst die Grundrisse  gestalten.

Bauen auf/am Wasser (Water houses) ist ein Versuch, mit Gebäuden auf Pontons die energetischen Resourcen des Elbwassers durch Tidenhub und Wärmetausch zu nutzen. Ein  Modellvorhaben ist realisiert, die notwendigen Erfahrungen müssen aber erst noch gemacht und ausgewertet werden.

Das Ziel ist es, diesen Stadtteil auf den Klimawandel vorzubereiten und die vorhandenen Resourcen – Sonne, Wind, Wasser, Erde - für die Energiegewinnung vor Ort  zu nutzen. Damit entfallen aufwändige Stromtrassen. Der Strom und die Wärme werden dort produziert, wo sie gebraucht werden.

Energiespeicher     

Ein alter Bunker wurde zum Energiespeicher umgewandelt. Er erzeugt mit Photovoltaik, Wasserspeicher und einem Blockheizkraftwerk  Warmwasser für 3000 Wohneinheiten und erzeugt für 1.200 Wohneinheiten den Strom.

Tiefengeothermie

Es wurde eine Anlage auf der Basis der Tiefengeothermie geplant und gebaut. Da die Wassertemperatur in 3.200 Meter Tiefe 135 Grad beträgt, kann durch eine entsprechende Umwandlung die gesamte Industrie  in dem Gebiet mit Wärme  versorgt werden.

Außerdem sorgen innerstädtische Windkraftanlagen  und großflächige Photovoltaikanlagen für Strom für ca 4.000 Wohneinheiten, das sind 20 Prozent der Bewohner.

Wenn das oben skizzierte Modellvorhaben “Wohnen auf dem Wasser“ funktioniert, bieten sich durch die Insellage von Wilhelmsburg noch viele Möglichkeiten, Wohnungen auf dem Wasser zu bauen. Damit könnte das Nullheizungs-Energiekonzept realisieren werden. Durch die Temperaturen der Elbe kann mit Wärmetauschern eine Vorlauftemperatur von 26 Grad erzeugt werden.

CO2 Reduzierung

Es wäre möglich, den gesamten Wärmeverbrauch auf der Insel  völlig klimaneutral zu gestalten. Mit der Stromerzeugung wird man 2015 bei 50 Prozent liegen und im Jahr 2050 (Zielvorgabe des Bundes) völlig autark sein. Das würde bedeuten, dass der Stadtteil mit wachsender Bevölkerung (heute 55.000, dann 73.000) eine hundertprozentige CO2 Reduzierung erreicht.

Wer sich intensiver über die IBA Hamburg Wilhelmsburg informieren will, kann die gesamten Konzepte und Studien finden  unter  www.iba-hamburg.de
   
Es lohnt sich da mal hineinzuschauen, denn die Zukunft der Städte hat begonnen: Wachsen und gleichzeitig weniger Energie verbrauchen. Und die benötigte Energie wird regenerativ erzeugt.

Axel (Quellen: Vortrag Uli Hellweg, iba.hamburg.de, wikipedia)

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