Stoppt den Bio-Wahnsinn!

So lautete die alarmierende Überschrift eines ZEIT-Artikels zur Frage, ob Bio-Energie den Klimawandel aufhalten kann. Und das Ergebnis ist eindeutig: Sie kann es nicht, im Gegenteil, der Einsatz von Bio-Masse verschärft die Probleme und zusätzlich noch den Hunger in der Welt. Deswegen fordern immer mehr Wissenschaftler, den Einsatz von Biomasse völlig neu zu überdenken und die bisherige Praxis zu stoppen.

Deutschland als Vorreiter der Energiewende setzt im zukünftigen Energieszenario bisher auf die Biomasse. Sie soll die Kohle, Erdöl und auch das Gas verdrängen durch nachwachsende Rohstoffe. Diese gelten als Klimaneutral und sind auch gut speicherbar. Deshalb möchte die Bundesregierung den Anteil der Biomasse an der Energieversorgung auch bis 2050 verdreifachen - von heute 8 Prozent auf 23 Prozent.

Nachdem es von Naturschutzverbänden und Greenpeace seit längerem Kritik an der Verwendung von Biomasse gibt, hat sich nun auch die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften, eine der angesehensten Akademien in der Bundesrepublik, zu dem Thema geäußert.

In einer kürzlich veröffentlichen Studie „Bioenergie: Möglichkeiten und Grenzen“ kommt sie zu dem Schluß, “dass die Bioenergie als nachhaltige Energiequelle für Deutschland heute und auch in Zukunft keinen quantitativ wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten kann“. Ihre Empfehlung: Kein weiterer Ausbau der Bioenergie, ausgenommen die Nutzung von Bioabfällen.

Die Studie kritisiert auch die Vorgaben der EU, bis zum Jahre 2020 zehn Prozent aller Treibstoffe aus Biomasse herzustellen. Der Anfang ist in Deutschland mit dem an allen Tankstellen erhältlichen E 10 schon gemacht.
Die Autoren stellen fest, dass die in Deutschland verwendete Biomasse längst global gehandelt wird. Egal ob Mais, Zucker oder Soja aus Nord- und Südamerika oder Palmöl aus Asien, die Rohstoffe kommen überwiegend aus dem Ausland. Tatsächlich reicht der Eigenanteil an Biomasse in Deutschland nur für weniger als 3 Prozent des Primärenergieverbrauches. Faktisch würden aber rund 7 Prozent des hiesigen Primärenergieverbrauches aus Biomasse erzeugt - mehr als das Doppelte also.

Da die heimischen Recourcen aber weitgehend ausgeschöpft sind, würde eine Steigerung des Anteils nur mit Erhöhung der Importe möglich sein. Deutschland würde dann also insbesondere in Ländern der Dritten Welt an der Verknappung von Lebensmittel und der Rodung von Regenwäldern mitwirken, um genügend Biomasse zu erhalten.
Zugleich warnt die Akademie vor den  ökologischen Schäden, die bei intensiver Bewirtschaftung entstehen, wie Gewässerverschmutzung, Verlust von Arten und der Bodenfruchtbarkeit sowie des gespeicherten Kohlenstoffs, etwa in Form von Humus, Wurzeln und Holz.

Auch die Verwendung von Stroh - neuester Versuch, um die Verwendung von Nutzpflanzen zu umgehen - wird von der Akademie kritisiert. Da auch das Stroh eine wichtige Funktion auf den Feldern zur Humusbildung hat und als Streu für die Tierhaltung dient, ist bei uns der Einsatz zur Spritherstellung begrenzt. Im Gegensatz zur Bundesregierung, die die zukünftige Treibstoffversorgung mit Hilfe von Biosprit sicherstellen will, macht die Leopoldina deutlich, dass dies ein Irrweg sei.

Auch andere Experten, wie der Chemienobelpreisträger Hartmut Michel, haben unmißverständlich darauf hingewiesen, dass die Herstellung von Biosprit Unsinn sei. Er weist nach, dass die Effizienz bei der Herstellung von Biodiesel, Bioethanol oder Biogas gering ist, während die Verwendung einer einfachen Solarzelle die Sonnenenergie 150mal besser speichert, als bei der Herstellung der Biokraftstoffe. Deswegen sollte auf den Anbau von Pflanzen zur Spritherstellung völlig verzichtet werden.

Einig sind sich die zitierten Forscher und die Akademie der Wissenschaften, dass Alternativen zur Bioenergie ausreichend mit der Photovoltaik, der Windenergie und der Nutzung der Wasserkraft zur Verfügung stehen. Deren Nutzung sei nicht nur flächeneffizienter, sondern verursache auch geringere Treibhausgase und Umweltschäden.

Ich habe nachgesehen, welche Institutionen, Universitäten und Gesellschaften sich an der Studie beteiligt haben: Es sind 46, davon 9 externe Gutachter. 9 Wissenschaftler wurden zu bestimmten Themen angehört, 25 Autoren haben den Bericht erstellt und 3 Koordinatoren haben das Ganze organisiert, fast ausschließlich Professoren der verschiedensten Fachrichtungen, nicht nur aus Deutschland sondern auch aus der Schweiz, Österreich und England.
Ein Kurzbericht findet sich unter : http://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/201207_Empfehlungen_Bioenergie_02.pdf

Axel (Quelle: Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, ZEIT)

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