Facebook, die Datenkrake

Viele Menschen haben sich auch in Deutschland einen Account bei Facebook eingerichtet, ohne sich darüber klar zu sein, wie sie sich damit der Daten-Sammelwut des amerikanischen Unternehmens ausliefern. Einem Jurastudenten aus Wien ist es zusammen mit einigen Helfern gelungen, die Verfahren der sonst so verschlossenen Firma aufzudecken.

Europäer können Herausgabe der Daten erzwingen

Wie die Berliner Zeitung berichtet, hat der Student zusammen mit drei Kommilitonen herausgefunden, dass Facebook in Irland die Tochtergesellschaft "Facebook Ireland Limited" unterhält. Mit der irischen Firma haben alle Facebook-Nutzer außerhalb der USA und Kanada ausschließlich einen Vertrag. Damit fallen die Verträge unter europäisches Recht. Auf Verlangen muss Facebook daher eine Kopie der Daten übermitteln, die es über den Nutzer gespeichert hat.

Pro Nutzer über 1.000 Seiten Din A 4

Dieses Recht haben die Studenten in Anspruch genommen. Sie erhielten von Facebook CD-Roms mit ihren Daten zugeschickt. Das Ergebnis übertraf alle Befürchtungen. Facebook hat über jeden Einzelnen eine Datenmenge gespeichert, die ausgedruckt einen Umfang von über 1.000 Din A 4 – Seiten hatte.

Die Datenkrake hat die Informationen in 57 Kategorien gespeichert, vom Geburtsdatum bis hin zu religiösen und politischen Vorlieben. Selbst die von den Account-Inhabern gelöschten Daten waren erhalten.

Verstoß gegen Datenschutzgesetze

Die Wiener Studenten haben inzwischen 22 Anzeigen gegen Facebook wegen Verstoßes gegen die Datenschutzgesetze bei den irischen Behörden eingereicht. Nun steht Facebook Irland eine behördliche Betriebsprüfung ins Haus.

Die Studenten veröffentlichen eine eigene mehrsprachige Internetseite „Europe VERSUS facebook“. Die Adresse www.europe-v-facebook.org. Sie schreiben dort: „Ein Unternehmen, das seine Nutzer permanent zu möglichst umfangreicher Transparenz aufruft, sollte zumindest jedem Nutzer klar und einfach erklären, was mit den Daten wirklich passiert.“ Auch das Antragsverfahren wird genau beschrieben. Schriftliche Anfragen per Post seien von Facebook bisher ignoriert worden.

Antrag schwierig

Die Computerzeitschrift Chip veröffentlicht einen Hinweis, wie man von Facebook Auskunft über die eigenen Daten erhalten kann. Dazu wird ein Formular angeboten, das unter anderem die Eingabe eines irischen Gesetzes-Paragraphen und die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung erfordert. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt werden, sendet Facebook die Daten auf einer CD innerhalb von 40 Tagen.

Es wird noch schlimmer

Facebook-Chef Mark Zuckerberg stellte kürzlich auf der Entwicklerkonferenz des Unternehmens weitreichende Neuerungen vor. Wenn ein Nutzer künftig auf bestimmten Websites einen Artikel liest oder sich Musik anhört, wird dies automatisch allen seinen Facebook-Freunden mitgeteilt. Der Service ist automatisch aktiviert und muss aktiv abbestellt werden.

Facebook setzt damit seine Taktik fort, passive Zustimmung der Nutzer für Werbezwecke auszunutzen, Beteiligt an dem neuen Angebot sind u. a. Online-Musikdienste und eine Filmwebsite.

Ähnlich ging Facebook bei der Einführung des Gefällt-mir-Buttons vor. Diese Möglichkeit, Vorlieben und Zustimmung preiszugeben, spielt inzwischen eine zentrale Rolle bei einem der beliebtesten Anzeigenformate auf Facebook.

In den USA droht Facebook inzwischen eine Sammelklage. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, Internetaktivitäten seiner Nutzer auch nach dem Abmelden heimlich weiter zu verfolgen. Dies geschehe mit Hilfe von "Cookies", die bei Besuch von Webseiten automatisch installiert werden.

wp (30.09.-02.10.2011, Quellen: Berliner Zeitung, Chip, europe-v-facebook, Financial Times Deutschland)

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