Willkommenskultur in einer kleinen Großstadt

Die Kommunen fühlen sich von dem Ansturm von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migranten überfordert. Doch an vielen Orten springen Privatinitiativen in die Bresche. Um mehr über eine solche Initiative und über die Erfahrungen eines Migranten zu erfahren, hatte  ViLE-Lübeck am 25. September  Regine Norden (68) und den Iraner Majid Ahmadi (34) zum gemeinsamen Frühstück im Mehrgenerationenhaus in Lübeck-Eichholz zu Gast.

Regine Norden hat sich unbeabsichtigt zur Ideengeberin und Koordinatorin vieler Hilfsprojekte gemacht. Die ehemalige Lehrerin besitzt  langjährige Auslandserfahrungen als Umwelt- und Erziehungsberaterin. Aus einem Frauentreff im Bekanntenkreis entstanden Ideen für zahlreiche Hilfsprojekte. Die Gruppe der Helfer wurde schnell größer und man fand größere Räumlichkeiten. Inzwischen gibt es nicht nur  Sprachunterricht, Computerkurse, eine Fahrradwerkstatt, Verkehrsunterricht, das Schreiben von Lebenslauf und Bewerbungen, ein Nähprojekt, eine Gartengruppe sowie Jogging und Walking für Frauen, für die Sport noch ein Fremdwort ist. Demnächst werden einige der Betreuten sogar in einem Stück des Lübecker Theaters als Statisten mitwirken.

Als eine wichtige Aufgabe sehen Regine Norden und ihre Helfer die Vermittlung von jungen Migranten in Firmenpraktika, um ihnen die Berufsfindung zu erleichtern. Viele haben Monate oder Jahre auf eine Anerkennung warten, untätig sein müssen  und finanziell auf die Unterstützung des Staates angewiesen.


ViLE-Lübeck mit Sabine Norden und Majid Ahmadi

Majid Ahmadi beschrieb das Schicksal eines Asylsuchenden. Im Iran besaß er als Elektroingenieur ein gutgehendes Unternehmen, aber als man entdeckte, dass er die Regierenden kritisierte, musste er alles zurücklassen und sich in Sicherheit bringen. Über die Türkei kam er 2012 nach Deutschland und hier in die Mühle des Asylverfahrens, zunächst nach Dortmund, dann nach Neumünster. Dann wurde er in einen kleinen Ort unweit Eutin in Schleswig-Holstein eingewiesen, erhielt zusammen mit zwei anderen Iranern eine Wohnung und dann begann das Warten. „Es gab überhaupt keine Möglichkeit, deutsch zu lernen“, berichtete er.

In der Lübecker Diakonie fand Ahmadi endlich Hilfe. Aber bei Wind und Wetter musste er den weiten Weg in die Stadt mit dem Fahrrad zurücklegen, um den Deutschkurs besuchen zu können.

Heute spricht er schon recht gut Deutsch, und nach langem Warten kamen auch die Anerkennung und das Bleiberecht. Inzwischen sind alle Unterlagen beisammen, er will nicht mehr vom Geld des Jobcenters leben, die Zusage zu einem Praktikum in einem Elektrizitätsunternehmen gibt ihm die Hoffnung. „ Ich will nichts als arbeiten, mich selbst ernähren und hier leben, wie alle anderen Menschen auch“, meinte er abschließend.

Spontan erklärten sich einige Mitglieder von ViLE-Lübeck nach dem Gespräch zur Mithilfe in einzelnen Projekten bereit.
Text Horst, Foto Axel (25.09.2015)

Kommentar von Beate Braun |

Eine tolle Initiative für Asylsuchende! D a n k e.
Zur Nachahmung empfohlen.

Beate

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