Niederlande: Populisten finden offene Ohren

Populistische Parteien finden seit Jahrzehnten immer wieder Anklang in den Niederlanden. Aber ihr Erfolg blieb bisher fast immer recht kurzfristig. 1994 konnte die SP (Socialistische Partij) mit einem  populistischen Wahlkampf ("Wähle dagegen, wähle SP!") zwei Sitze im Unterhaus zu gewinnen.

Der niederländische Populismus kam erst 2002 zum Durchbruch. Die SP kehrte mit neun Abgeordneten ins Parlament zurück und zwei Neulinge, Leefbaar Nederland (Lebenswerte Niederlande, LN) und Lijst Pim Fortuyn (Liste Pim Fortuyn, LPF) gewannen aus dem Stand zwei beziehungsweise 26 Mandate im Unterhaus, das insgesamt 150 Sitze hat.

Die Partei Leefbaar Nederland war aus Kommunalparteien hervorgegangen, die den Bürgern „die Macht zurückgeben“ möchten. Die etablierten Parteien und ihre Berufspolitiker hätten sie den Bürgern  abgenommen. Die Forderung: Direktwahl der Bürgermeister und des Ministerpräsidenten, und Volksabstimmungen.

Der umstrittenen Publizisten und Soziologen Pim Fortuyn, der mit seinem Buch "Wider die Islamisierung unserer Kultur" Aufsehen erregt hatte, war zunächst Spitzenkandidat von Leefbaar Nederland, gründete 2002 nach einem Zwist mit dem Vorstand drei Monate vor der Parlamentswahl die Liste Pim Fortuyn. Nach einem aufsehenerregenden Wahlkampf fiel er wenige Tage vor der Abstimmung einem Attentat zum Opfer. Seine Partei fiel bald darauf auseinander. Auch die Partei Leefbaar Nederland verschwand schon 2003 wieder aus dem Parlament.

Der Populismus dagegen verschwand nicht aus dem niederländischen Unterhaus. Teilweise regt er sich noch bei der SP, obwohl sie sich der Sozialdemokratie annäherte und bei der Wahl 2006 sogar 25 Sitze gewinnen konnte. Noch populistischer ist die Partei für die Freiheit (Partij voor de Vrijheid, PVV), die im Wahljahr von einem unabhängigen Mitglied des Unterhauses, Geert Wilders, gegründet wurde. Sein Markenzeichen: Islamkritik und gegen den Beitritt der Türkei zur EU.

2005 startete Wilders - wie auch die SP - eine Kampagne gegen die europäische Verfassung. Die Populisten hatten Erfolg: Mehr als 63 Prozent der Wähler lehnten die Verfassung in der (ausnahmsweise abgehaltenen) Volksabstimmung ab.

Bei der Parlamentswahl 2006 errang die PVV auf Anhieb 6 Prozent der Stimmen und neun Mandate. Im Wahlprogramm hieß es: "Die politische Elite in den Niederlanden negiert systematisch die Interessen und Probleme des Bürgers." Die Forderung: Stopp des Baus von Moscheen für die nächsten fünf Jahre und der Einwanderung aus Marokko und der Türkei.

Mit der Forderung nach Schließung aller Moscheen und nach einem Verbot des Korans zieht die Partei von Geert Wilders in die Parlamentswahl 2017. Über Twitter veröffentlichte Wilders ein einseitiges Wahlprogramm, in dessen Zentrum eine "Ent-Islamisierung" der Niederlande steht. Migranten aus muslimischen Ländern soll die Einreise verwehrt werden, die Aufnahmezentren für Asylbewerber in den Niederlanden sollen geschlossen und das öffentliche Tragen des Kopftuchs verboten werden.

Geert Wilders erklärte der niederländischen Öffentlichkeit, dass das taqiyya (dt. Furcht/Vorsicht). es den Moslems erlaubt, ihre wahren Absichten im Interesse des Dschihads verbergen. Es sei ihnen auf dieser Grundlage gestattet, sich eine Zeitlang nach außen hin als „normale“ angepasste Bürger zu präsentieren. Er vertritt den Standpunkt, dass Moslems drei Strategien anwenden, um Europa zu unterwerfen: „Immigration“, „Missbrauch des Sozialstaates“ und „Taqiyya“.

Aktuellen Umfragen zufolge könnte die PVV bei der Wahl stärkste Kraft werden. Eine regierungsfähige Mehrheit dürfte sie jedoch kaum erreichen.

Annegret/wp (16.12.2016, Quellen bpb. ZEIT, Uni Münster)

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