Auf historischen Wegen in Sternberg

Die Gruppe Lübeck machte einen kunst-und geographisch historischen Ausflug nach Mecklenburg Vorpommern. Am 15. Mai ging es in die ca zwei Stunden entfernte Kleinstadt Sternberg. Im Mittelalter war Sternberg eine bekannte Handelsstadt mit einigem Reichtum, was man heute noch an dem repräsentativen Rathaus und der großen Stadtkirche ablesen kann.

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Bildunterschift:: Das Rathaus im Sonnenlicht


Nachdem wir die Autobahn verlassen hatten fuhren wir auf kleineren Straßen durch blühende Rapsfelder, die im Kontrast zum dunklen Grün der Getreidefelder und zum hellen Grün der Wälder standen. Schon die Fahrt war ein rauschendes Farberlebnis. Je näher wir Sternberg kamen, desto öfter fuhren wir direkt an Seen vorbei - im Gebiet um Sternberg gibt es etwa 100 kleine und auch große Seen - daher nennt sich das Urlaubsgebiet auch zu recht Sternberger Seenplatte. Nicht so bekannt wie die Müritz aber beinahe reizvoller, weil nicht so überlaufen.

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Besichtigungen sind anstrengend: ViLE-Lübeck.

Am Markt angekommen erwartet uns eine sehr kompetente Stadtführerin,   eine ehemalige Pastorin, die zwar aus dem Westen kommt, aber schon zu DDR-Zeiten Kontakt zu der Partnergemeinde Sternberg hatte und nach der Wende auch hier her zog. Sie konnte uns nicht nur die aktuelle Situation anschaulich schildern, sondern hatte auch alle wichtigen historischen und religionshistorischen Daten parat. Sternberg war nämlich die erste Stadt in Mecklenburg, die, im 16. Jahrhundert  die Reformation einführte, bevor die Herzöge von Mecklenburg diese zur Staatsreligion erklärten.


Bildunterschift: Das Pastorenhaus


Sie führte uns durch den Kern der historischen Stadt und zeigte uns auch die vielen Sanierungsbeispiele, insbesondere die sehr begrünten Innenhöfe. Viele Autos standen dort, was den Vorteil hatte, dass auf den engen Straßen keine Anwohner parkten.

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Bildunterschift: Sanierte Häuser


Im Norden der Sternbergs ist  noch die alte Stadtmauer erhalten, komplett restauriert oder erneuert.

Die Stadt leidet heute, wie die meisten kleinen Städte in der Nähe zu den „alten“ Bundesländern, unter der Abwanderung junger Leute, sinkender Einwohnerzahl. Ziel ist es daher, die einmalige geographischen und landschaftliche Lage für einen sanften Tourismus auszubauen und aufzuwerten.

Einige Wohnprojekte wurden von uns besichtigt. Es ist schon erstaunlich, was in den letzten 25 Jahren seit der Wende in dieser Stadt passiert ist. Einige von uns kannten Sternberg kurz nach der Wende und waren sehr beindruckt von den Sanierungsergebnissen.

Eine Überraschung war die kleine  katholische Kirche am südlichen Ende der Altstadt. .Sie hat eine auf den Kopf gestellte Schiffsform und wurde in den 50er Jahren – zur DDR Zeit also – gebaut, was sehr ungewöhnlich war.

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Unterschrift: Kirchenraum in Schiffsform


Die kleine Kirche, ganz aus Holz, hat einen intimen Innenraum mit einer sehr schönen Orgel, auf der wir auch ein kleines Orgelspiel hörten. Das hatte unser Mitglied Rainer, der die ganze Tour hervorragend organisierte, als Überraschung für uns vorgesehen. Dann ging es zum Markt und in die neben dem Rathaus stehende Stadtkirche, die den Namen St. Maria und Nikolaus trägt.

Der Markt selbst zählt zu den schönsten in Mecklenburg-Vorpommern. Er ist  umgeben von historischen, denkmalgeschützten Gebäuden, aber auch einigen gelungen, sich anpassenden Neubauten. Das Rathaus wurde nach der Wende sehr sorgfältig restauriert. Es ist ein ehemals klassizistisches Gebäude, das 1845 unter Leitung des berühmten Architekten G.A. Demmler in dem damals beliebten englischen Mischstil aus Neo-Gotik und Neo-Renaissance  1845 grundlegend umgebaut wurde.

Direkt daneben steht die stattliche Stadtkirche mit einem mächtigen Viereckturm, der weit im Land sichtbar ist. Sternberg liegt auf einem Hügel und die Kirche steht auf dem höchsten Punkt.

Die Stadtkirche wurde 1310 begonnen, mehrfach umgebaut- auch durch Feuer zerstört und erlangte eine traurige Berühmtheit wegen der Judenprogrome  im Jahre 1492. Im Jahre 1931 erhielt sie, wegen der frühen Übernahme der Reformation den Namen „Reformationsgedächtniskirche“.

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Bildunterschift: Die Stadtkirche innen


Die dreischiffige Hallenkirche ist innen reich verziert mit Teppichmalereien an den Pfeilern und wunderschönen Fenstergemälden. Besonders beeindruckend der Altarraum mit seinen herrlichen Chorfenstern. In der Zeit zwischen 1492 und 1562 war sie eine bedeutende Wallfahrtskirche.

Auch hier überraschte uns der mit Rainer befreundete Organist Stephan Gottschalk mit einem Orgelspiel, diesmal mit Gesang, in der beheizten Winterkirche. Ein herrlicher Abschluß der Besichtigung.

Nach einem Mittagsschmaus ging es weiter nach Groß Raden - der Keimzelle der Besiedlung diese Gebietes durch die Slawen um 900 n. Chr.
Text Axel, Fotos Margret 5, Axel 1 (20.05.2015)

Eine Slawensiedlung als Freilichtmuseum

Nach dem Besuch in Sternberg besichtigte die ViLE-Lübeck-Gruppe das Freilichtmuseum Groß Raden. Es liegt wenige Kilometer nördlich von Sternberg und in der Nähe des Dorfes Groß Raden im Bereich einer Niederung, die unmittelbar an den Groß Radener See grenzt.

Auf einer vorgelagerten Halbinsel liegt der schon von weitem sichtbare kreisrunde Burgwall mit einem Durchmesser von 50 Metern. 1973 bis 1980 fanden hier umfangreiche Ausgrabungen statt, in deren Verlauf Reste einer slawischen Siedlung des 9. und 10. Jahrhunderts freigelegt wurden. Die Burganlage wurde anhand der Ausgrabungen rekonstruiert und als Archäologisches Freilichtmuseum eingerichtet. Dabei wurden auch Befunde der Slawenburg Behren-Lübchin verwendet.

Bereits im 7. Jahrhundert bestand etwa drei Kilometer westlich von der rekonstruierten Anlage eine frühslawische Burganlage im Bereich des Naturschutzgebiets Durchbruchstal, der Warnow und Mildenitz. Im 9. Jahrhundert folgte schließlich die Slawenburg Groß Raden auf einer Insel im Sternberger See.

Die Erforschung dieser einzigartigen Siedlungs- und Kulturgeschichte geht im Wesentlichen auf Ewald Schuldt zurück, der sich der Direktor des 1953 aus der vorgeschichtlichen Abteilung des Schweriner Landesmuseums hervorgegangenen Museums für Ur- und Frühgeschichte Schwerin.

Die Ausgrabungen zeigten auch, dass sich die topographischen Verhältnisse infolge kontinuierlicher Verlandungsprozesse seit der slawischen Besiedlung entscheidend verändert hatten. So existierte die heutige Halbinsel vor 1000 Jahren noch nicht. Der Burgwall lag vielmehr auf einer vorgelagerten Insel, die nur durch eine Brücke mit der Siedlung auf der damals sehr viel kleineren Halbinsel verbunden war. Die besiedelte Halbinsel war sowohl durch einen 4,5 Meter breiten Sohlgraben als auch durch eine einreihige Palisade mit Wehrgang geschützt.

Den einzigen Zugang bildete ein Zangentor mit Brücke. In den ersten Jahrzehnten bestand die Hauptsiedlung vermutlich aus etwa 40 eng nebeneinander stehenden Häusern. Diese wiesen mit einer Grundfläche von 4 × 5 Metern, einfachem Sandfußboden und einer Herdstelle eine nahezu identische Bauweise auf.


Originalgetreu aufgebaut: Das Tunneltor.

Isoliert im südöstlichen Teil der Halbinsel liegt ein etwa 7 mal 11 Meter großes Gebäude aus breiten Eichenbohlen. Ob dieses Gebäude überdacht oder oben offen war, ist unklar. Nach den Opferspuren, den menschenkopfähnlichen Stelen, den sogenannten Kopfbohlen, und der besonderen Lage der Anlage zu schließen, dürfte es sich wohl um einen Umgangstempel oder ein Heiligtum der hier ansässigen slawischen Bevölkerung des Warnower Stammes gehandelt haben.
Text: U.Sch./ Bilder: Gerd

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