Eine kleine Kaiserstadt an der Elbe

Manche hatten zwar schon den Namen gehört, aber über Tangermünde wusste man eigentlich nicht viel. Die kleine Stadt an der Elbe nennt sich stolz Kaiser- und Hansestadt. Und die Stadt hat nicht nur ein reizvolles mittelalterliches Flair bewahrt, sie ist auch bis heute von einer 12 bis 14 Meter hohen Stadtmauer umgeben.



Tangermünde vor der Elbe

Das weckte die Neugier der Gruppe ViLE-Lübeck. Sie ging am 18. September 2014 auf eine Entdeckungsreise nach Sachsen-Anhalt.

Tangermünde war im 15. Jahrhundert eine sehr reiche Stadt. Der Handel und die Elbzölle machten sie wohlhabend. Mehrere Post- und Handelsstraßen kreuzten sich hier. Tangermünde war so bedeutsam, dass Kaiser Karl IV. die zur Stadt gehörige Burg zu seiner Nebenresidenz machte.


Das Rathaus

Der Ruhm verblasste, das kennt auch Lübeck, die „Königin der Hanse“. Tangermünde verlor mit der Zeit seine einstige Bedeutung. Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten hatte zwei Effekte: Geldmittel flossen zur Restaurierung und zum Erhalt der historischen Innenstadt, die heute ein Schmuckstück ist. Aber es gab nur noch wenige Arbeitsplätze für junge Menschen. Die Folge, in  den letzten zwanzig Jahren ging die Geburtenrate so dramatisch zurück, dass die Einwohnerzahl von 12.000 auf jetzt etwa 9.000 schrumpfte. Nur noch Rentner sind es, die nach einem erfolgreichen Arbeitsleben im Westen  in die alte Heimat  zurückkehren.

                                              
Restauriert und blitzsauber: Historische Apotheke                        Kleines Wohnhaus


Blick auf eine Häuserreihe

Tangermünde liegt auf einem Hügel am Zusammenfluss von Tanger und Elbe und ist daher sicher vor den Fluten des Hochwassers.

Der langgezogene rechteckige Grundriss der Altstadt, die inzwischen ein touristischer Magnet geworden ist, wird von zwei Straßen geprägt. Sie führen parallel  vom Neustädter Tor mit seinen drei Meter dicken Mauern bis zum Hühnerdorfer Tor auf der anderen Stadtseite und sind Einbahnstraßen. Sie vereinigen sich vor der St. Stephanuskirche, einem eindrucksvollen  Backsteinbau . Vor allem in der Langen Straße spielt sich das Leben ab, hier gibt es mehr als 20 Hotels und Restaurants.



Die gewaltige Stadtmauer


Das Tor zu Elbe und Hafen

Der Reiz für die Besucher ist ein Spaziergang entlang der Mauer um die Altstadt. Zwei Kilometer muss man laufen, um einmal  den historischen Stadtkern zu umrunden.

Ein dunkles Kapitel Tangermündes ist eine Feuersbrunst, die im Jahr 1617 fast die gesamte Stadt zerstörte. Durch Folter wurde Grete Minde zu einem Geständnis gezwungen, das Feuer gelegt zu haben. Sie wurde auf besonders grausame Weise hingerichtet, obwohl sie nach heutigen Erkenntnissen unschuldig gewesen sein muss. Ihr Abbild vor dem Rathaus erinnert an sie. Theodor Fontane setzte ihr ein literarisches Denkmal.

Neben der Altstadt findet man auf einem Hügel das ehemalige Schloß, heute ein Hotel - ein Nachfolgebau der früheren Burg. In den Anlagen darf natürlich ein Standbild von Kaiser nicht fehlen.



Eingang zum Schloß



Kaiser Karl IV.

Das Mittelalter ist gegenwärtig innerhalb der Stadtmauern und man ist darauf bedacht, die Erinnerung auf manchmal auch recht skurrile Weise zu pflegen.



Hotel „Exempel Schlafstuben“

So gibt es in dem Hotel, in dem die Lübecker Gruppe übernachtete, Zimmer mit Namen wie Folterkammer, Wallensteins Lager, Königin Luise Salon oder Fontanes Bibliothek. Und sie sind auch entsprechend eingerichtet und dekoriert.
Auf der anderen Straßenseite ist in einer alten Schule ein Gasthaus entstanden ohne die Einrichtung zu ändern. So müssen sich die Gäste in die kleinen alten Schulbänke klemmen.

Das Bier in Tangermünde heißt Kuhschwanzbier. Auch das ist historisch. Früher hatte die Stadt viele Brauereien und alle holten sich das Brauwasser aus der Elbe, direkt neben der Kuhweide.
(Text: Horst, Fotos: Margret 7, Horst 3)


Ein stimmungsvoller Besuch der Stephanskirche

Am Ende unseres Stadtrundgangs in Tangermünde stand ein Besuch der Stephanskirche, deren Turm die Altstadt hoch überragt. Zu unserem Glück ergab sich, dass zu dieser Zeit ein Organist auf der berühmten  Scherer-Orgel einige Passagen übte.



Die Stephanskirche

Die Orgel des Hamburger Meisters Hans Scherer d.J. stammt aus den Jahren 1623/24 und ist das einzige seiner Instrumente, das noch die meisten originalen Pfeifen der Entstehungszeit besitzt.  So konnte  nach einer Wiederherstellung der Orgel  1994 das Ziel, das Klangbild Scherers wiederherzustellen, erreicht werden. Überwältigend und ein ganz besonderes Erlebnis.



Die Scherer-Orgel

Die Kirche selbst zählt zu den herausragenden Bauwerken der norddeutschen Backsteingotik. Ihr ungewöhnliches Erscheinungsbild – über dem  auf großen Feldsteinen ruhenden Turmblock  hat nur der Nordturm einen Helm – geht  auf die Zeit um 1600 zurück. Der spätgotische Turmhelm fiel dem großen Stadtbrand zum Opfer und  wurde erst 1714 durch einen barocken Helm ersetzt.

In der Kirche empfängt die Besucher ein Raum, wie ihn die Gläubigen im späten 15.Jhd. erlebten. Die spätgotische Raumfarbigkeit wurde wiederhergestellt. Die Wände und Pfeiler sind weiß getüncht, eingefaßt von roten Kantenstäben, Bögen und Gewölberippen. Es gibt sparsame Deckenmalereien.
(Text: Ingeborg, Fotos: Horst)

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