Die Fischtreppe von Geesthacht
Der Bau hat 20 Millionen Euro gekostet und der Betrieb erfordert 800.000 Euro im Jahr. Eine Fischtreppe de luxe für die Natur in Geesthacht an der Elbe, und der Aufwand scheint sich gelohnt zu haben. Davon konnte sich die Gruppe ViLE-Lübeck gemeinsam mit Teilnehmern von ViLE-Nord am 28. Oktober 2011 überzeugen.
Ein Besuch der gewaltigen
Aufstiegsanlage am Elbe-Nordufer ist wohlorganisiert. Jeder
Teilnehmer erhält ein Empfangsgerät und einen Ohrhörer, um die
Erklärungen der vom Stromkonzern Vattenfall beauftragten Führerin
zu verfolgen. Vattenfall deshalb, weil die gesamte Anlage in
Verbindung mit dem neuen Hamburger Kraftwerk Moorburg errichtet
wurde.
Zur Regulierung der Wassertiefe für
die Schiffe war 1960 bei Geesthacht ein großes Wehr gebaut worden.
Wegen dieses unpassierbaren Hindernisses für die Fische legte man
damals am Südufer des Stroms einen ersten Fischaufstieg an - eine
210 Meter lange Rinne. Doch das Ergebnis war unbefriedigend.
Auf die neue Fischtreppe am Nordufer
jedoch scheinen die Fische geradezu gewartet zu haben. Sie wurde seit
August 2010 sofort von hunderten von Fischen angenommen.
Die Anlage war von Wissenschaftlern
nach umfangreichen Strömungsversuchen so entwickelt worden, dass
Fische der unterschiedlichsten Arten und die urtümlichen Neunaugen
sie nutzen können. Eine sogenannte Leitströmung macht für sie den
Aufstieg auffindbar.
Jedes der Becken musste dreimal so lang
sein, wie der größte zu erwartende Fisch, der bis zu drei Metern
lang werdende europäische Stör. Man erwartet ihn frühestens 2016,
dann können die ersten in einem Wiederansiedlungsprogramm
eingesetzten Jungfische aus dem Meer zum Laichen zurückkehren.
Video
Alle Fische werden gezählt. In den
ersten acht Monaten waren es 208.000 von 36 verschiedenen Arten. Um
die Wirkung der Aufstiegsanlage zu dokumentieren, werden von Zeit zu
Zeit große Fische in einem Fangbecken gesammelt, gewogen, mit einem
magnetischen Chip versehen und dann wieder freigelassen. Mit
Computern verbundene Antennen erfassen die Chips, registrieren die
Tiere und bestimmen die Richtung ihrer Wanderung.
Video
Bei unserer Besichtigung wurde gerade
eine Anzahl von kapitalen Zandern der Untersuchung unterzogen. Die
Chips werden unter Betäubung in die Bauchhöhle der Fische
hineingeschoben. Bei später gefangenen Tieren hat man festgestellt,
dass die kleine Operationswunde schnell und komplikationslos
verheilt. Angler, die im Oberlauf der Elbe einen solchen Fisch fangen
und den Chip einsenden, erhalten eine Prämie von 20 Euro.
Zusätzlich zu der Fischtreppe gibt es
für die kleinen Glasaale, die gegen die Strömung nicht ankommen,
vier Aalleitern. Sie bestehen aus 40 Zentimeter breiten, bewässerten
Bürstenstraßen.
Die gesamte Aufstiegsanlage – erbaut
von Anfang 2009 bis September 2010 - ist 550 Meter lang. Sie besitzt
49 Einzelbecken von 16 Meter Breite und 9 Meter Länge. Zwischen den
Becken besteht ein Höhenunterschied von 10 Zentimetern. Die
Wassertiefe beträgt 1,75 Meter. Es gibt einen durchgehenden
turbulenzarmen Wanderkorridor, den auch schwächere Fischarten
überwinden können.
Der größte bisher gezählte und
markierte Fisch war ein Wels von 1,61 Metern Länge.
Es war die letzte Führung des Jahres,
an der die ViLE-Mitglieder teilnehmen konnten. Erst im April 2012
wird das Besichtigungsprogramm wieder aufgenommen. Interessenten
können per Email eine Anfrage nach den Terminen senden. Die Adresse:
moorburg@vattenfall.de.
Horst Text und Videos, Annegret Fotos