Blick auf Neuenbürg/Nordschwarzwald

 Was gibt’s Neues in Neuenbürg? Unser Mitglied Heinz hat sich gründlich umgesehen.

Die Stadt Neuenbürg besteht seit der Gemeindereform von 1975 aus dem Stadtteil Arnbach, sowie den Höhenorten Dennach und Waldrennach. Bei einer Einwohnerzahl von ca. 7700, davon ca. 4400 in der Kernstadt, beträgt die Markungsfläche 28170 Hektar, davon sind 21000 Hektar Wald.

Frühe Besiedlung

Urnengräberzeit:
Im Zuge archäologischer Grabungen in Waldrennach wurden Keramikscherben gefunden, die in die Zeit rund 1000 Jahre vor Christus datiert werden. Diese Funde lassen den Schluß zu, dass die Besiedlung des Raumes früher stattfand als bisher angenommen.

Die Kelten
Dieselben Grabungen haben ergeben, dass vor ca. 2500 Jahren auf Neuenbürger Gemarkung das größte bisher bekannte keltische Eisenproduktionszentrum nördlich der Alpen aus der Früh-La-Tène-Zeit stand. In Waldrennach muß es eine riesige Keltensiedlung gegeben haben, denn für die Hunderte von Renöfen zur Verhüttung des Erzes benötigte man Tausende von Arbeitern, die in Förderung und Produktion arbeiteten. Am Schloßberg, oberhalb der Kernstadt gelegen, hatte man schon  in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Keltensiedlung nachgewiesen.

Eisenerzbergbau
Doch nicht nur die Kelten haben in Neuenbürg Bergbau betrieben. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde auf Neuenbürger Gemarkung intensiv Eisenerz abgebaut. Erst 1865 mußten die Stollen aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben werden. Das Besucherbergwerk „Frischglück“ bietet jedes Jahr mehreren tausend Besuchern Gelegenheit sich in einer einstündigen Führung über die Geschichte des Eisenerzes in Neuenbürg zu informieren.

Im Gefolge des Erzabbaus entstand auch die einstige Sensenfabrik, die ihre Produkte über Jahrzehnte hinweg in alle Welt exportierte.

Die Flößerei
Über Jahrhunderte hinweg war die Flößerei auf dem Gebiet des Holzhandels und der Holzverarbeitung von großer wirtschaftlicher Bedeutung für Neuenbürg. Ein Floßvertrag aus dem Jahre 1342 sicherte der Flößerei auf der Enz für alle Zeiten freien Zugang zu den Märkten. Neuenbürg war über lange Zeit einer der wichtigsten Sitze des Holzhandels.

Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Flößerei von Eisenbahn und Straße abgelöst.

Strategische Lage
Aufgrund seiner geographischen Lage als Eingangstor zum Enztal muß Neuenbürg auch von strategischer Bedeutung gewesen sein. 1219 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, erhielt der Ort vermutlich um 1274 das Stadtrecht; 1431 durch den deutschen Kaiser Sigismund das Marktrecht, eine Auszeichnung, die in der damaligen Zeit nur Orten von wirtschaftlicher Bedeutung zuteil wurde.

Auffallend ist, dass die drei heute noch vorhandenen Ruinen der alten Festung auf dem Schloßberg, sowie die der Waldenburg und der Straubenhardt, früher einmal die Zugänge zum Enztal durch militärische Präsenz kontrollieren und sichern konnten. Offensichtlich hatten die Großen und Mächtigen ein Interesse am wirtschaftlichen Wohlergehen der Stadt. Die Oberamtsstadt war das Tor zum Enztal und Verwaltungszentrum dieser Region. Damit einher ging ein gewisser Wohlstand, von welchem die alten Fachwerkhäuser heute noch ein beredtes Zeugnis ablegen.

Die Neuzeit

Traditionspflege:
Ganz zweifellos hat Neuenbürg eine beachtenswerte Geschichte vorzuweisen. Doch der Wandel der Zeiten ging auch an Neuenbürg nicht spurlos vorüber. Im Schloßmuseum kann man viele historische Exponate bewundern, welche die Vielfalt der früheren Berufe in dieser Stadt belegen. Vor allem die nach dem zweiten Weltkrieg einsetzende Industrialisierung machte viele dieser Berufe überflüssig.

Alle zwei Jahre findet ein Flößerfest statt, wo man während der vergangenen beiden Feste ein original nachgebautes, 100 m langes Floß bewundern konnte.

Probleme:
Durch die Gemeindereform von 1975 verlor Neuenbürg seine Bedeutung als Oberzentrum. Z.B. ist das ehemalige Finanzamt Neuenbürg heute eine Zweigstelle des Finanzamts Pforzheim.

In einem tief eingeschnittenen V-Tal gelegen  - der Höhenunterschied zwischen Kernstadt und Höhengebiet Buchberg beträgt 150 m -  sehen viele Bewohner der Altstadt im Winter wochenlang keine Sonne. Industrieansiedlungen waren und sind in dem engen Tal nur begrenzt möglich. Dasselbe gilt für eine Ausweitung des Wohngebietes.

Also entschloß man sich in die Höhenlagen auszuweichen. Bis heute wurden dort für die Wohngebiete und ein Gewerbegebiet ca. 20 Hektar Wald gerodet. Aus ökologischer Sicht in der heutigen Zeit nicht zu verantworten, für die Verantwortlichen mangels anderer Ideen eine Frage des Überlebens. In den Wohngebieten wurde und wird kräftig gebaut. Die Zahl der Einwohner nimmt zu, die Rodung der nächsten 5 Hektar ist nur eine Frage der Zeit.

Das neue Gewerbegebiet floriert. So wie in der Vergangenheit durch die allgemeine wirtschaftliche  Entwicklung immer mehr Kaufkraft in der Altstadt verloren ging und alteingesessene Geschäfte aufgeben mussten, so kompensieren heute die Höhengebiete diesen Verlust.

Heute rächt es sich, dass die damals Verantwortlichen in Stadtverwaltung und Gemeinderat, welche die Erschließung der Höhengebiete beschlossen hatten, den Niedergang der Altstadt in Kauf nahmen. Bis heute fehlt ein schlüssiges Konzept, wie man die Bausubstanz der  Fachwerkhäuser erhalten kann; wie man jungen Familien mit Kindern ein Leben in der Altstadt schmackhaft machen kann. Die Infrastruktur wäre da. Die Grund- und Hauptschule ist von Grund auf renoviert, die Musikschule hat über Neuenbürg hinaus einen guten Ruf. Auch die Grundversorgung wäre gesichert. Ein Gymnasium gibt es in den Höhengebieten.

Was fehlt ist ein zeitgemäßes städtebauliches Konzept für die Altstadt. Bleibt zu hoffen, dass diese Altstadt, von den Neuenbürgern  „ ‚s Städtle“ genannt, nicht zur Geisterstadt wird.

Zugegeben, in Zeiten knappen Geldes ist das ein schwieriges Unterfangen. Jetzt rächt es sich, dass im damals verantwortlichen Gemeinderat 60 Prozent bis 70 Prozent der Mitglieder ihren Lebensunterhalt mit der Planung, Finanzierung und Durchführung von Bauvorhaben verdienten. Aber so etwas passierte und passiert nicht nur in Neuenbürg!
Heinz (17.01.2012)

 

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